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Positive Psychologie

    Das Vergleichen ist das Ende des Glücks
    und der Anfang der Unzufriedenheit.
    Søren Kierkegaard

    Kurzdefinition: Die Positive Psychologie ist ein von Martin Seligman begründeter Zweig der akademischen Psychologie, deren Theorien und die Wirkung der Übungen durch Forschung belegt sind, und Menschen dabei hilft, neue und wirksame Gewohnheiten aufzubauen, um so langfristig mehr Zufriedenheit und Leistungsfähigkeit zu erlangen.

    An den Anfängen der Psychologie stand oft abweichendes Verhalten und dessen Reparatur und das beschäftigte die Mehrheit der Psychologen manchmal noch in der Gegenwart, etwa im Rahmen der klinischen Psychologie. Aber warum handeln Menschen gut, entwickeln Vertrauen, sind hilfsbereit und können verzeihen? Kennzeichnend für die vor allem in den letzten Jahren entstandene Positive Psychologie ist, dass sie gerade jene menschlichen Stärken entdeckt und hervorhebt und eine Psychologie „der Korrektur von Schäden“ vernachlässigt. Menschliche Stärken können Tugenden sein, sie können als Ressourcen aufgefasst werden, auf die man sich stützen kann, wenn man eine Aufgabe bewältigt oder positive Lebensqualität herstellt, oder sie können in sozialen Einstellungen zum Ausdruck kommen, die Kooperation und Solidarität fördern. Siehe auch das katastrophische Gehirn.

    Die Positive Psychologie arbeitet auch daran, die Forschung und Anwendung in diese Richtung zu „komplettieren“, und widmen sich in Anschluss an Martin Seligman dem positiven Erleben (z.B. Zufriedenheit; vergangenheits-, gegenwarts- und zukunftsorientierte positive Emotionen), den positiven Traits (z.B. Tugenden, Charakterstärken, Talente) und den Institutionen, die ein Wachstum erlauben (z.B. Familien, Wohngegenden, Schulen, Medien, Betriebe). Dabie hat man fünf Merkmale von Menschen identifiziert, die mit einem positiven Erleben korreliert sind:

    Die positive Psychologie ist davon überzeugt, dass sich über Stärken Interventionen durchführen lassen, die sich positiv auf die Lebenszufriedenheit des Menschen auswirken. Seligman und die Vertreter der Positiven Psychologie konnten zeigen, dass die Identifikation der eigenen Stärken un deren bewusstes Einsetzen auf eine neue Art und Weise im Alltag zu einem signifikanten Anstieg der Lebenszufriedenheit und einer Reduktion der von depressiven Stimmungen führen. Nach Seligman muss jede Komponente des Wohlbefindens drei Kriterien erfüllen: sie muss zum Wohlbefinden beitragen, man muss sie um ihrer selbst willen verfolgen können und nicht bloß, um ein anderes Ziel zu erreichen, und das Element muss unabhängig von den anderen Elementen definierbar und messbar sein.

    Die positive Psychologie unterscheidet zwei Arten psychischen Wohlbefindens: Die hedonische Komponente ist mit Gefühlen wie Spaß und Genuss assoziiert, und wird meist durch externe Reize ausgelöst, ist seiner Natur nach spontan und kurzlebig. Das eudaimonische Wohlbefinden spielt sich auf einer tiefergehenden Ebene ab, wenn etwa eine Tätigkeit ein Gefühl von Sinnhaftigkeit vermittelt (siehe auch Flow). Beide Aspekte können zwar gleichzeitig auftreten, müssen es aber nicht, denn so macht etwa keine Berufstätigkeit immer Spaß, doch auch eine anstrengende Arbeit kann Menschen auf Dauer eine tiefe Befriedigung verschaffen.

    Seligman bezeichnet nun in seinem letzten Werk „Flourish“ seine Theorie als eine des Wohlbefindens, in der es fünf Elemente gibt: positive Emotionen, Selbstverwirklichung, gute Beziehungen, Bedeutung und Leistungsorientierung. Diese werden unabhängig voneinander in Fragebögen erhoben und in fünf Messwerten ausgedrückt, wobei alle zusammen das Wohlbefinden einer Person beschreiben. Manche Menschen haben wenig positive Emotionen oder geringes Interesse an Beziehungen, dafür liegt ihnen viel an Selbstverwirklichung.

    Untersuchungen im Rahmen der positiven Psychologie haben ergeben, dass fünf Faktoren für das allgemeine Wohlbefinden im Leben der Menschen zentral sind:

    • positive Emotionen (positive emotions), also das bewusste Glücksempfinden und die allgemeine Lebenszufriedenheit;
    • Anteilnahme bzw. Einsatz (engagement), ob man etwa in einer Aufgabe völlig aufgeht und die Zeit dabei vergisst;
    • Sinn (meaning), also die Bedeutung, die man den alltäglichen Dingen oder Ereignissen in seinem Leben gibt;
    • Errungenschaften (achievements, accomplishments) meinen jene Dinge, die unabhängig von den anderen Faktoren verfolgt werden, und den Menschen das Gefühl geben, es zu etwas gebracht zu haben oder nützlich gewesen zu sein;
    • positive Beziehungen (positive relationships) bedeuten eine größere Vielfalt von Lebensperspektiven, den Einfluss von Gedanken oder neuen Ideen anderer Menschen. Diese Beziehungen sind vor allem in schweren Zeiten wichtig und und führen in positiven Phasen zu besseren Beziehungen.

    Zur Person: Martin Seligman ist einer der prominentesten Psychologen der Gegenwart. Berühmtheit erlangte der US-Amerikaner innerhalb seines Fachgebiets in den 1970er-Jahren mit dem Konzept der „Erlernten Hilflosigkeit“, das depressive Symptome auf die Erfahrung von Ohnmacht zurückführt. Später ließ er von diesen Forschungen ab und widmete sich vermehrt den Themenbereichen „Optimismus“ und „Happiness“. Als Präsident der Amerikanischen Psychologenvereinigung (APA) rief er Ende der 1990er-Jahre die „Positive Psychologie“ als Leitthema seiner Amtszeit aus und gab ihr damit starken Auftrieb. Seligman ist eine zentrale Persönlichkeit in der wissenschaftlichen Erforschung jener Faktoren, die Menschen gesund halten. Für die U. S. Army gestaltete er sein PERMA-Konzept zum Psychohygieneprogramm „Comprehensive Soldier Fitness“ um. Sein aktuellestes Buch ist „Flourish – Wie wir aufblühen“.

    Basis der Theorie waren Tier-Studien von Martin Seligman in den 1970ern, bei denen er mit anderen das Prinzip erlernter Hilflosigkeit bei Hunden untersuchte. Die Hunde bekamen kurze elektrische Schocks, die sie aber selbst durch die richtige Reaktion beenden konnten, indem sie einen Hebel betätigten. Gleichzeitig bekam eine andere Gruppe die Schocks, konnte sie jedoch durch die Reaktion am Hebel nicht abstellen. Zur Kontrolle gab es eine weitere Gruppe Hunde, die in einer ähnlichen Umgebung waren, aber keine Schocks erhielten. Alle drei Gruppen kamen danach in eine zweite Versuchsanordnung, in der sie zwar Elektroschocks bekamen, aber durch eine Klapptür in eine angrenzende Box ausweichen konnten, in der sie ihre Ruhe hatten. Doch nicht alle Hunde reagierten gleich auf diese Ausweichmöglichkeit, denn die Tiere, die im ersten Versuch ihre Schocks nicht abstellen konnten, obwohl sie am Hebel richtig reagierten, wurden lethargisch und blieben oft in der Box liegen und ließen die Schocks über sich ergehen, ohne den Versuch vor ihnen zu fliehen. Manche lernten nur sehr langsam ein Flucht- und Vermeidungsverhalten. Die Tiere der anderen Gruppen lernten schnell, den Schocks durch den Wechsel in die Box nebenan zu entgehen und bald, dass sie auch dort verharren konnten, um vor den Schocks sicher zu sein, wobei die Tiere, die im ersten Versuch aktiv die Schocks abstellen konnten, noch schneller als in der Kontrollgruppe lernte. Daraus schloss man, wie sehr Erfahrungen von Ohnmacht oder Kontrolle für zukünftige Herausforderungen prägend sein können.

    *** Hier KLICKEN: Das BUCH dazu! *** Die Psychologin Niyc Pidgeon stützt sich konkret auf dieses PERMA-Modell von Martin Seligman und beschreibt in ihrem Buch „Now is your Chance – Der 30-Tage-Guide zum Glück“, was Menschen in ihrer persönlichen Entwicklung weiterbringen kann, ausgehend von einem gesunden Lebensstil inklusive bewusster Ernährung und regelmäßiger Bewegung, bis hin zu Visualisierung, Meditation und Dankbarkeitsübungen. Am ersten Tag ihres 30-Tage-Programms für ein glückliches Leben etwa lädt Pidgeon dazu ein, sich mit Dankbarkeit zu beschäftigen. Dabei soll man drei positive Dinge zu benennen, die einem für diesen Tag oder diese Woche einfallen. Um nachhaltige Ergebnisse zu erzielen, sollte man sich aber mindestens an dreißig Tagen hintereinanderüberlegen, was einem Gutes und Schönes widerfahren ist.

    Nach Aussage eines kürzlich im „Journal of Positive Psychology“ erschienenen Artikels, soll es die Positive Psychologie inzwischen geschafft haben, sich auf eine breite empirisch fundierte Basis zu stellen. Zwischen 1999 und 2013 sind demnach über 1300 peer-review-geprüfte Artikel in wissenschaftlichen Journals erschienen, wobei mindestens 50% der Untersuchungen mit Teilnehmerinnen und Teilnehmer durchgeführt wurden, die nicht Teil einer studentischen Stichprobe waren (Studierende in Studien über alle psychologischen Disziplinen machen zwischen 70% bis 90% der Stichproben aus).


    Kurioses: Der Legende nach soll die Positive Psychologie im Garten von Martin Seligman begonnen haben, denn während Seligman fleißig Unkraut jätete, warf seine fünfjährige Tochter das Unkraut einfach in die Luft. Als er sie deshalb zurechtwies, entgegnet sie ihm: „Papa, erinnerst du dich an meinen fünften Geburtstag? Ich war eine Heulsuse, habe jeden Tag gejammert. Als ich fünf Jahre alt wurde, beschloss ich, nicht mehr zu jammern. Das war das Schwerste, was ich je getan habe. Und wenn ich aufhören kann zu jammern, kannst du aufhören, ständig herumzumeckern.“ Seligman soll daraufhin erkannt haben, dass es bei der Erziehung von Kindern nicht darum geht, sie zu korrigieren und ihre Schwächen zu beheben, sondern man sollte ihre Stärken erkennen und diese verbessern. Dabei kann man ihnen als Erwachsene nur dadurch helfen, dass man ihnen ein Umfeld bietet, in dem sie ein produktives, erfülltes Leben führen können.

    Nach einer alternativen Legende soll der Begriff „Positive Psychologie“ in den 1950er Jahren durch den US-amerikanischen Psychologen Abraham Maslow eingeführt und benannt worden sein.


    Renn nur nach dem Glück,
    doch renne nicht zu sehr,
    denn alle rennen nach dem Glück,
    doch das Glück rennt hinterher.
    Bertolt Brecht

    Zwar gibt es zahlreiche stützende empirische Befunde zur positiven Psychologie, allerdings kann man sich bei deren Betrachtung häufig nicht des Eindrucks einer gewissen Oberflächlichkeit und Naivität erwehren, was wohl an der oft vereinfachenden Analogiesetzung mit Alltagsdeutungen liegen könnte, etwa wenn das Konzept der Selbstwirksamkeitserwartung mit Autosuggestion gleichgesetzt wird. Zahlreiche Aussagen der positiven Psychologie finden sich schon im Rahmen der humanistischen Psychologie und insbesondere innerhalb des personzentrierten Ansatzes und der Gesprächspsychotherapie thematisiert, etwa wenn häufig die Bedeutung von Beziehungen in der Psychotherapie hervorgehoben oder auf wichtige Faktoren wie die Bindung in der Entwicklung von Kindern hingewiesen wird. Dennoch ist es positiv zu werten, dass sich innerhalb der akademischen Psychologie und der kognitiven Psychologie allmählich eine Richtung herausbildet, die an die Tradition der humanistischen Psychologie anknüpft oder dieser in einigen Punkten sehr nahe kommt.

    *** Hier KLICKEN: Das BUCH dazu! *** Im Buch „Das Glücksdiktat“ beschreiben Illouz & Cabanas (2019) das gefährliche Potential, das sich hinter der millionenschweren Glücksindustrie verbirgt und zeigen auf, wer die Nutznießer und wer die Verlierer dieses vermeintlich positiven Trends sind. Eine boomende Glücksindustrie explodiert seit den neunziger Jahren und damit die Zahl der Glücksseminare, Glücksratgeber und Happiness-Indizes. Angeblich liegt es nur an den Menschen selbst, negative Gefühle zu blockieren, uns selbst zu optimieren und Achtsamkeit zu praktizieren, denn dann kommt auch das Glück. Sie fragen, was es für die Gesellschaft bedeutet, wenn der Staat sich zunehmend nicht mehr für soziale Gerechtigkeit oder ein funktionierendes Gesundheitssystem zuständig fühlt und den Bürgerinnen und Bürgern einer ultra-individualistischen Gesellschaft die gesamte Verantwortung für das eigene Schicksal übertragen wird. Die Menschen erkennen nach Ansicht der Autoren einen glücklichen Moment selbst oft nicht mehr, wobei Glück meist in der Vergangenheit liegt.

    Die Positive Psychologie behauptet, man liege falsch, wenn man das Leiden der Menschen untersuchen wolle, man solle stattdessen auf das Positive fokussieren, und es ist zu fragen, wem dieser psychologischer Ansatz nutzt. Offenbar sind es konservative, rechtsorientierte Kreise, Firmen und sogar die amerikanische Armee, die damit ein neues Modell von Bürgern schaffen, und zwar von Bürgern, die sich nicht beklagen, die alles und jedes positiv sehen. Daher sind die Menschen selber dafür verantwortlich, um sich gut zu fühlen, unabhängig davon, welches Unglück ihnen zugefügt wird, wobei unter dem Schlagwort der Resilienz eine neue Scham verbreitet wird, denn plötzlich schämt man sich, deprimiert oder wütend zu sein.

    Auch viele Arbeitgeber nutzen Methoden der Positiven Psychologie, denn dabei handelt es sich um einen effektiven Weg, um Menschen zu kontrollieren und sie produktiver zu machen. Wenn Arbeitnehmer in allem das Positive sehen, haben sie tiefere Erwartungen der Institution gegenüber, und wenn sie für sich selbst und für alles verantwortlich gemacht werden, gibt es keinen Grund, warum sie bessere Arbeitsbedingungen fordern sollten. Es führt dazu, dass man sich für negative Gefühle schämt, Depression, Wut und Angst werden zu Gefühlen von Verlierern.

    Eine große Anzahl an Online-Profilen zeigt nur Menschen, die lächeln und glücklich aussehen, doch so wird Glück abgewertet, die Glücksdefinition, die mit Ethik und Tugend verbunden ist, ist somit verloren gegangen, und es herrscht die utilitaristische Vorstellung, dass Glück bedeutet, den eigenen Genuss zu maximieren.


    Übrigens gibt es sogar ein Braunschweiger Glückstraining, das als Training zur nachhaltigen Erhöhung des Glücksempfindens in verschiedenen Varianten getestet und 2018 in einer Evaluationstudie bei Lehrkräften präsentiert wurde. Das Training ließ sich mit insgesamt nur zehn Stunden Präsenzzeit an drei Terminen und etwa vier Stunden eigenständiger Übungszeit im Verlaufe von fünf Trainingswochen gut in die schulische Weiterbildung integrieren und sorgte für eine nachhaltige Steigerung des subjektiven Wohlbefindens der Teilnehmenden, die auch Monate nach dem Training noch glücklicher sind als vorher.

    Link zur Anmeldung auf der Interessentenliste für Glückstrainings und Positive Psychologie.


    Das Happy Despite Pain-Programm gegen chronische Schmerzen

    Studien haben gezeigt, dass optimistische Menschen weniger oft krank werden und auch besser mit Schmerzen umgehen können. Nun wurde von niederländischen Psychologen eine internetbasierte Therapie entwickelt – „Happy Despite Pain“ -, die Methoden aus der Positiven Psychologie nutzt, um Menschen mit chronischen Schmerzen zu unterstützen. Für die Studie wurden Schmerzpatienten in drei Gruppen eingeteilt, von denen eine an dem Happy Despite Pain-Programm teilnahm, die zweite Gruppe erhielt eine internetbasierte Intervention mit einer kognitiven, auf verbesserte Schmerzbewältigung gerichteten Verhaltenstherapie, und die dritte Gruppe erhielt zunächst keine Therapie, sondern kam auf eine Warteliste und konnte später eine der beiden Behandlungsformen wählen. Beim Programm wurde zunächst zwei Wochen lang gezielt das Mitgefühl für die eigene Person geübt, um mehr Selbstständigkeit im Umgang mit den emotionalen Folgen der chronischen Schmerzen zu erlangen. Dabei wurde etwa ein Mantra eingeübt sowie ein mitfühlender Brief an die eigene Person verfasst. Danach folgte eine Phase, bei der die Probanden statt einer negativen eine positive Orientierung erlangen sollten, indem sie täglich drei Dinge, die gut gelaufen waren, sowie die Gründe dafür aufschrieben. In der dritten Phase wurden zwei Wochen lang Techniken eingeübt, die die eigene Genussfähigkeit stärken sollten, und in der letzten Phase des Programms ging es um das bestmögliche Selbst, d. h., die Probanden sollten sich ein künftiges gutes Leben trotz der Schmerzen vorstellen und dabei Ziele für verschiedene berufliche und private Lebensaspekte formulieren. Es zeigte sich, dass die Gruppe, die am Training teilnahm, gegenüber derjenigen, die keine Therapie erhielt, deutliche Vorteile entwickelte. So hatten sie weniger Depressionen und erlebten häufiger Glücksmomente. Bei den körperlichen Beeinträchtigungen gab es hingegen keine Unterschiede. Gegenüber der kognitiven Verhaltenstherapie schnitt das Happy Despite Pain-Programm weder besser noch schlechter ab, d. h., beide erwiesen sich bezüglich der allgemeinen Lebensqualität als wirksam.


    Das Neueste: Glückscoaching

    Wenn man diversen Internetseiten und diversen esoterisch angehauchten Ratgebern trauen darf, bietet gezieltes Glückscoaching angeblich die Möglichkeit, einen Schritt in Richtung eines glücklichen und erfüllten Lebens zu gehen. Glückscoaching bedeutet dabei, sich unter Anleitung einer Trainerin oder eines Trainers in einen Zustand von guten Gefühlen zu bringen, wobei in der Regel lösungsorientiert gearbeitet wird. Glückscoaching basiert nach Aussagen von diversen Coaches auf einem Konzept, mit dem das Empfinden und Ausrichten seines Lebens auf Glück gezielt trainiert werden kann, wobei allerdings emotionale Probleme zu lösen allein nicht immer glücklicher macht. Beim Glückscoaching versucht man eine Sichtweise einzunehmen, in der auch die kleinen Glücksmomente des Lebens bewusst werden. Die Überlegung beim Glückscoaching ist die, dass Menschen zwar ihre äußere Lebensumstände nicht immer ändern können, jedoch die damit verbundenen Gedanken und Gefühle sehr wohl. Beim Glückscoaching lernt man, seine eigenen Gedanken zu hinterfragen und durch neue Erkenntnisse darüber Gefühle zum Positiven zu verändern. Dadruch entwickelt man nach Aussagen von Glückscoaches einen positiv gestimmten und kreativen Zustand, wobei dadurch unter Umständen ein neues attraktives Ziel angestrebt wird, das motiviert. Die beim Glückscoaching gewonnenen Erkenntnisse werden mit der Zeit verinnerlicht und danach immer mehr auch unbewusst genutzt.

    „Werbung“ für die Positive Psychologie

    Die Basis des von Dr. Superpsychologe entwickelten Ansatzes Complete Happiness® bildet das in Deutschland weitestgehend unbekannte Forschungsgebiet der Positiven Psychologie. Diese Wissenschaft wird bereits seit über 10 Jahren an amerikanischen Eliteuniversitäten wie der Harvard oder Pennsylvania University erforscht und gelehrt. Die Positive Psychologie geht den Ursachen von glücklichen, erfolgreichen und gesunden Menschen und Organisationen auf den Grund. Diese wertvollen Erkenntnisse nutzen wir, um die Potenziale der Mitarbeiter eines Unternehmens zu entfalten. Wertschöpfung durch Wertschätzung: Denn eine glücksbasierte Unternehmenskultur schafft zusätzliche Renditen!

    Irgendwie kommt einem das bekannt vor …


    Stimmungstracker

    Seit einiger Zeit werden im Zusammenhang mit der Positiven Psychologie Stimmungstracker angeboten, mit deren Hilfe man sein Wohlbefinden erfassen kann. Es gibt diese als Apps, die über Fragebögen den aktuellen Gemütszustand der NutzerInnen abfragen, aber auch in Form von Apps oder von am Körper getragenen Geräten, die versuchen, über körperliche Signale wie die Pulsrate Rückschlüsse auf den emotionalen Zustand zu ziehen. Nach Ansicht von ExpertInnen haben beide Varianten ihre Schwächen, denn misst eine App körperliche Aspekte wie etwa die Pulsrate, kann diese für ganz unterschiedliche Gefühle stehen, d. h., ein hoher Puls kann für Angst stehen, wenn das Stresshormon Cortisol ausgeschüttet wird, doch ein hoher Puls kann auch freudige Erregung bedeuten. Nicht alle Menschen sind gut darin, unterschiedliche emotionale Zustände zu unterscheiden und diese in Worte zu fassen, wobei Apps, die per Selbstauskunft die Zufriedenheit erfassen, vor allem damit kämpfen, unterschiedliche emotionale Zustände überhaupt zu unterscheiden. Auch geben solche Apps in der Regel nur sehr einfache Kategorien für Emotionen zur Auswahl vor, d. h., die NutzerInnen sollen sich etwa entscheiden, ob sie Angst, Stress oder Gelassenheit verspüren. Oft handelt es sich dabei aber nur um Grundemotionen, die den verschiedenen Gefühlsschattierungen nicht gerecht werden. Darüber hinaus verhindert eine solche Vorgabe von einfachen Emotionen bei manchen Menschen, in sich zu gehen und über ihre Gefühle zu reflektieren.

    Manche Apps wollen aber nicht nur das Wohlbefinden erfassen, sondern sie wollen es auch positiv beeinflussen, indem man verschiedene psychologische Übungen durchführen muss, etwa dass man drei gute Dinge nennen soll, die einem heute widerfahren sind und für die man dankbar ist. Wie gut eine solche Optimierung funktioniert, hat man durch eine Auswertung der Daten von UserInnen einer solchen App ausgewertet, wobei sich zeigte, dass sich im Verlauf von acht Wochen das Wohlbefinden der untersuchten Nutzer im Schnitt um 27 Prozent verbesserte. Jedoch bleibt es unklar, ob die Verbesserung des Wohlbefindens mit der App selbst zusammenhängt oder damit, dass man eben ganz allgemein an seinem Wohlbefinden arbeitet (siehe den Hawthorne-Effekt). Die Erfolgsaussichten sind dann gut, wenn eine App dauerhaft dazu motiviert, diese zu nutzen oder neue Verhaltensgewohnheiten auszuprobieren, wobei man erfahrungsgemäß rund zwei Monate braucht, um eine neue Gewohnheit auszubilden, denn dann lassen sich auch dauerhafte Effekte erzielen. Apps können Menschen immerhin in regelmäßigen Abständen dazu anhalten, ihr Tun und Treiben zu unterbrechen und auf sich selbst zu schauen, sich etwa zu fragen: Wie geht es mir gerade? Wie kann ich mich vielleicht etwas besser fühlen? Doch für eine differenzierte und nachhaltige Beschäftigung mit den eigenen Gefühlen braucht es in der Regel aber mehr als eine App, denn es ist immer auch zu bedenken, dass das Streben nach Glück auch nach hinten losgehen kann, denn Untersuchungen zeigen, dass Menschen, die nach der Optimierung ihres Glücks streben, sogar unglücklicher werden, weil sie sich immer an einem besonders hohen Standard messen. Dadurch kann ein zu großer Druck bei der Selbstoptimierung auch kontraproduktiv sein (Wolf, 2020).


    Kurioses & Linktipp: Positive Lexicography Project

    Der Psychologe Tim Lomas (University of East London) ist dabei, in seinem Positive Lexicography Project ein Lexikon für die Gefühle dieser Welt aufzubauen, in dem sich aktuell 645 Wörter in mehr als 80 Sprachen finden. Der Psychologe ist Experte für positive Psychologie und erforscht die guten Aspekte des menschlichen Miteinanders, wie etwa Glück, Optimismus, Solidarität und Vertrauen. In Lomas Glücks-Glossar finden sich sowohl einfache als auch komplexe Begriffe, wobei einige schwer in andere Sprachen zu übersetzen sind. Lomas hofft, dass es durch sein Online-Lexikon mehr Austausch zwischen den Kulturen geben wird und man sich auch Begriffe aus anderen Kulturen aneignet. So steht etwa das dänische Wort „Hygge“ für Gemütlichkeit, Zufriedenheit und findet sich auf der Shortlist der Wörter des Jahres 2016 der „Oxford Dictionaries“.
    Einige Beispiele:
    Tarab (arabisch): durch Musik ausgelöste Ekstase/Entzücken.
    Utepils (norwegisch): Bier, das draußen getrunken wird.
    Vybafnout (tschechisch): jemanden überraschen.
    Jayus (indonesisch): ein Witz, der so unlustig oder so lahm erzählt ist, dass man nicht anders kann, als zu lachen.
    Forelsket (norwegisch): das euphorische Gefühl, sich zu verlieben.
    Mbuki-mvuki (Bantu): die Kleider ausziehen, um zu tanzen.
    Sobremesa (spanisch): wenn das Essen vorbei, die Unterhaltung am Tisch aber noch im vollen Gang ist.
    Harikoa (Maori): freudig, verzückt, überglücklich.
    Kilig (philippinisch): Schmetterlinge im Bauch haben, verliebt sein, jemanden attraktiv finden.
    Link: https://www.drtimlomas.com/positive-lexicography (17-02-18)


    Michalis Pantelouris berichtet im Weblog ÜBER MEDIEN unter dem Titel „Scheiß Positivität immer!“ vom Dilemma von Zeitschriften, dass sie in der Regel positiv sein müssen, denn während etwa ein Buch zum Thema Psychologie „Das Leben ist verdammt schwer“ heißen darf, muss auf dem Titel des Magazins „Psychologie heute“ eine Geschichte zu ziemlich genau diesem Thema „Lebenskunst – Was wir von den alten Philosophen über unseren Alltag lernen können“ heißen. Er schreibt weiter: „Natürlich ist das Leben ganz schön schwer. Jeder stimmt da zu, und ein Psychologie-Magazin schonmal ganz einfach durch seine Existenz. Aber mit dem Positivdrehen von allem, bis in die letzten absurden Fitzel der Sprache hinein***, erfinden wir eine Parallelrealität. Wogegen ich nichts habe, ich glaube an Parallelrealitäten und -gesellschaften, aber meine Frage ist: Warum so ausschließlich? Es ist total unfair von mir, meine Produktenttäuschung an dieser Stelle rauszulassen, aber im ersten Drittel ist „Psychologie heute“ erstmal ein weiteres jener Achtsamkeits-Magazine, in denen mir gesagt wird, ich wäre glücklicher, wenn ich meditierte, Teezeremonien abhielte, sehr langsam durch Museen ginge und natürlich Sokrates läse, der als Büste in der Hand einer sehr lebenskünstlerisch wirkenden jungen Frau sogar Covermodel ist.“

    Literatur

    Illouz, E. & Cabanas, E. (2019): Das Glücksdiktat. Suhrkamp.
    Rohmann, Elke, Herner, Michael Jürgen & Fetchenhauer, Detlef (Hrsg.) (2008). Sozialpsychologische Beiträge zur Positiven Psychologie. Eine Festschrift für Hans-Werner Bierhoff. Lengerich: Pabst Science Publishers.
    Seligman, M. (2005). Der Glücks-Faktor: Warum Optimisten länger leben. Köln: Bastei Lübbe.
    Seligman, M. (2012). Flourish – Wie Menschen aufblühen: Die Positive Psychologie des gelingenden Lebens. München: Kösel-Verlag.
    Wolf, C. (2020). Stimmungstracker: Lässt sich das eigene Glück wirklich messen? Redaktionsnetzwerk Deutschland von 2. Mai 2020.
    https://arbeitsblaetter.stangl-taller.at/WISSENSCHAFTPSYCHOLOGIE/PsychologieSchulen.shtml (09-11-02)
    https://www.stangl-taller.at/ARBEITSBLAETTER/MOTIVATION/Positives-Denken.shtml (11-03-02)
    Der Kurier vom 12. Februar 2017
    http://seligmaneurope.com/bericht/die-empirische-fundierung (14-10-25)
    http://uebermedien.de/14232/scheiss-positivitaet-immer/ (17-11-21)
    Interview mit Eva Illouz von Martina Läubli. NZZ am Sonntag vom 25. Oktober 2019.
    https://nzzas.nzz.ch/kultur/soziologin-eva-illouz-glueck-ist-ein-statussymbol-geworden-ld.1517631 (19-10-25)
    https://www.rnd.de/gesundheit/gluck-messen-wie-neue-technik-unsere-emotionen-trackt-und-gluck-optimiert-werden-kann-A5YFYPIUVBCFTMEJJIZLQVEV64.html (20-05-05)
    https://de.wikipedia.org/wiki/Erlernte_Hilflosigkeit (12-11-21)


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    Ein Gedanke zu „Positive Psychologie“

    1. PERMA-Modell

      Im Englischen ist das PERMA-Modell ein eingängiges und mittlerweile verbreitetes Konzept von Flourishing und eines der bekanntesten Modelle der Positiven Psychologie.
      Positive Emotions: angenehme Emotionen, Lebenszufriedenheit.
      Engagement: Flow tritt auf, wenn Menschen in ihrer Arbeit die Möglichkeit haben, ihre Stärken einzusetzen und weiterzuentwickeln, während sie eine angemessene Balance zwischen Anforderungen und Fähigkeiten erleben.
      Relationship: Beziehungen bedeuten eine größere Vielfalt von Lebensperspektiven, den Einfluss von Gedanken oder neuen Ideen anderer Menschen.
      Meaning: Wie viel Sinn erlebt man in seinem Leben (Werte).
      Accomplishment: verwandt mit Selbstwirksamkeit und bezeichnet die eigene Einschätzung, ob man mit den vorhandenen Ressourcen seine Ziele erreichen kann.

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