Menschen, die unter einem Kontrollzwang leiden, müssen immer wieder dieselben Dinge überprüfen und fühlen sich zu diesem Verhalten gezwungen, da sie glauben, dass dieses Verhalten zum eigenen Schutz, oder zur Sicherheit von anderen Personen beiträgt. Ein Kontrollzwang kann sich in Form von Gedanken oder Verhaltensweisen zeigen, wobei das Kontrollverhalten meist nach bestimmten Mustern abläuft oder stereotyp ausgeführt wird. So werden etwa Türschlösser, Elektrogeräte oder Gas-und Wasserhähne immer wieder überprüft, obwohl sie nicht eine Gefahrenquelle darstellen.
Es gibt verschiedene Abstufungen beim Kontrollzwang, wobei der Kontrollzwang krankheitswertig ist, bei dem die betroffene Person selbst darunter leidet und ihr Verhalten und ihre Gedanken selbst als belastend empfindet.
Merkmale des Kontrollzwangs sind wiederkehrende Kontrollgedanken oder wiederholt auftretendes Kontrollverhalten, wobei die betroffenen Personen teilweise Einsicht darin besitzen, dass ihre Kontrollgedanken bzw. ihr kontrollierendes Verhalten unangemessen und übertrieben ist, sodass die Kontrollgedanken und das Kontrollverhalten eine erhebliche Beeinträchtigung im Lebensvollzug der betroffenen Personen darstellen und als belastend erlebt werden.
Ob ein Kontrollzwang vorliegt, wird in den meisten Fällen mittels des Leyton Obsessional Inventory – LOI – oder ähnlichen Fragebögen überprüft.
Aussage eines Betroffenen: „Wenn ich im Hotel übernachte, packe ich meinen Koffer kaum aus, weil ich Angst habe, später etwas zu vergessen. Was doch ausgepackt werden muss, lege ich gut sichtbar ins Zimmer. Trotzdem muss ich bei der Abreise jeden Schrank, jede einzelne Schublade kontrollieren. Manchmal sogar doppelt. Oft lasse ich die Schubladen offen stehen, damit ich sehe, in welche ich schon reingeschaut habe. Eigentlich weiß ich aber, dass gar nichts in den Schränken sein kann – das ist schon ein bisschen verrückt, oder?“
Harmlosere Formen des Kontrollzwangs und wie man damit umgehen kann
Viele Menschen wollen sicher gehen, dass ihre Wohnungstür verriegelt ist, und ruckeln nach dem Abschließen der Tür noch einmal am Türknauf. Diese Menschen leiden noch nicht unter einer Zwangsstörung, sondern dieses Verhalten ist relativ normal, besonders bei älteren Menschen. Dass man den Herd nach dem Kochen ausschaltet oder die Haustür auf dem Weg zur Arbeit abschließt, ist Teil einer Abfolge von Handlungen, die alle immer mehr oder weniger in der gleichen Reihenfolge stattfinden. Durch den routinierten Ablauf führt man diese Handlungen automatisch und ohne viel drüber nachzudenken aus, sodass sich das Gehirn nicht damit aufhalten möchte und diese Handlung kaum ins Gedächtnis eingeprägt wird. Entweder kann man sich gar nicht mehr an die Aktion erinnern oder man kann nicht unterscheiden, ob sich die Erinnerung auf den aktuellen Tag oder einen vorherigen bezieht. Abhilfe schafft nach Ansicht der Psychologin Siri-Maria Kamp dabei, dass man aus der gewöhnlichen Handlung eine außergewöhnliche macht. Man kann etwa beim Abschließen ein Lied singen, dreimal gegen die Wand klopfen, wenn man den Herd ausgeschaltet hat oder in die Luft springen, nachdem man den Stecker vom Bügeleisen gezogen hat. Wird das Abschließen der Tür mit solch einer ungewöhnlichen Aktion im Gedächtnis verknüpft, hebt sich die Erinnerung von heute deutlicher vom Abschließen von gestern ab. Man kann sich dann ein wenig sicherer sein, dass man die Tätigkeit auch wirklich heute gemacht hat. Andererseits reicht es aber auch, sich beim Ausführen ganz bewusst auf die Tätigkeit zu konzentrieren oder die Tätigkeit mit einem besonderen Gedanken oder innerlichem Bild zu verknüpfen, sodass sich die aktuelle Erinnerung besser von anderen abhebt.
Literatur
https://www.myhomebook.de/fun/tuer-abgeschlossen-merken (20-01-08)
DIE ZEIT Nr. 47 vom 11. November 2020
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