Die These der verdrängten Erinnerung – repressed memory – postuliert, dass traumatische Erlebnisse, insbesondere aus der Kindheit, so schmerzhaft sein können, dass sie vom Bewusstsein abgespalten und in das Unterbewusstsein verdrängt werden, um die Psyche zu schützen. Diese Erinnerungen seien jedoch nicht verloren, sondern könnten unter bestimmten Umständen, wie durch Therapie oder suggestiven Techniken, wieder an die Oberfläche gelangen. Im Kontext falscher Erinnerungen hat diese These eine große Bedeutung erlangt, da sie die Grundlage für die Kontroverse um das sogenannte „False Memory Syndrome“ bildete.
Die zentrale Problematik besteht darin, dass die Rückgewinnung von Erinnerungen mittels suggestiver therapeutischer Methoden wie Hypnose, Traumarbeit oder geleiteter Visualisierung zu der unbeabsichtigten Erzeugung von falschen Erinnerungen führen kann. Forschende wie Elizabeth Loftus haben in zahlreichen Studien gezeigt, dass das menschliche Gedächtnis nicht wie ein Videorecorder funktioniert, sondern dynamisch und konstruktiv ist. Es ist anfällig für Suggestionen, Fehlinformationen und äußere Einflüsse, die dazu führen können, dass Personen sich an Ereignisse erinnern, die nie stattgefunden haben.
Die Konsequenzen dieser Kontroverse sind weitreichend, insbesondere in rechtlichen und therapeutischen Kontexten. Zahlreiche Gerichtsverfahren, bei denen Personen auf der Grundlage von scheinbar wiederhergestellten, verdrängten Erinnerungen an Missbrauch angeklagt wurden, mussten neu bewertet oder fallen gelassen werden, da die Beweislage auf der fragwürdigen Wiederherstellung von Erinnerungen beruhte. Die False Memory Syndrome Foundation (FMSF) wurde gegründet, um Familien zu unterstützen, die von falschen Missbrauchsvorwürfen betroffen sind, die auf vermeintlich wiederhergestellten Erinnerungen basieren.
Die These der verdrängten Erinnerung hat die Debatte über falsche Erinnerungen entscheidend geprägt. Während die Existenz des Konzepts der Verdrängung in der Psychologie weiterhin diskutiert wird, gilt es als wissenschaftlich gesichert, dass das Gedächtnis manipulierbar ist und suggestive Techniken zur Entstehung falscher Erinnerungen führen können. Die Auseinandersetzung mit der These hat dazu beigetragen, ein differenzierteres Verständnis über die Fragilität und Rekonstruktionsanfälligkeit des menschlichen Gedächtnisses zu entwickeln und die Notwendigkeit ethischer Standards in der Therapie und der forensischen Arbeit zu betonen.
Literatur
Loftus, E. F. (2003). Make-believe memories*. American Psychologist, 58(11), 864–871.
McNally, R. J. (2003).*Is a history of child sexual abuse a risk factor for psychopathology? A meta-analysis. Clinical Psychology Review, 23(1), 1–28.
Pope, H. G., & Hudson, J. I. (1995). Can memories of childhood abuse be repressed? The scientific evidence. The Journal of Nervous and Mental Disease, 183(10), 652–655.
This article highlights the dangers of false memories created through suggestive therapy, a concerning issue for both legal and therapeutic fields. The debate around repressed memories and Elizabeth Loftuss work raises important questions about the reliability of human memory.