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soziales Lernen

    Der Begriff soziales Lernen stammt aus der Lernpsychologie und wurde in etwas abgewandelter Bedeutung auch von der Sozialpädagogik und der Erziehungswissenschaft (s. u.) aufgegriffen. Das soziale Lernen ist eine der Grundlagen für das so genannte handlungsorientierte, problemlösende Lernen. Das soziale Lernen dient dem Erwerb sozialer Kompetenz und ist eine der Grundvoraussetzungen für das Gelingen einer offenen Gesellschaft. Soziale Kompetenz ist dabei eine der Schlüsselqualifikationen.

    Lernen ist aus der Perspektive der Pädagogik bzw. Erziehung individuell und unvertretbar, nicht sozial. Auch dies ist eigentlich selbstverständlich; es wird aber gerade in neueren Lernkonzepten oft übersehen oder verkannt, dass das Lernen etwas ist, bei dem man sich nicht vertreten lassen kann, sondern ganz auf sich angewiesen ist. Das Missverständnis lässt sich an dem Ausdruck „soziales Lernen“ ablesen. Richtig ist, dass wir mit anderen und von anderen lernen; aber das ändert nichts daran, dass das Lernen selbst individuell ist. Man kann nicht lernen lassen, so wie man jemanden bitten kann, einen Brief mitzunehmen und in den Briefkasten zu werfen. Da geht es um Handlungen, die man auch lassen oder delegieren kann. Doch Latein oder Tangotanzen lernen, das muss man selbst; oder es stellt sich ein. Auch in der Gruppe lernt nicht die Gruppe, sondern jeder in der Gruppe, so gut es eben geht. Das Erziehen selbst aber ist ein sozialer Vorgang, ein Prozess zwischen Personen: Wir zeigen jemandem etwas. Da haben wir die Doppelung: Bezug auf mindestens eine andere Person und den Bezug auf einen Sachverhalt. Dagegen: Ich lerne etwas, auch ohne Eltern, Lehrer oder Dozenten (Prange, 2002).

    Was bedeutet soziales Lernen in der Schule?

    Soziales Lernen in der Schule bedeutet nicht, die Schüler und Schülerinnen sich nach den Vorstellungen der Lehrer und Lehrerinnen benehmen, d. h., es resultiert nicht in Konformität. Soziales Lernen bezieht sich auf den systematischen Erwerb von sozialen und emotionalen Kompetenzen, die dem Heranwachsenden nach der Schulzeit ein angemessenes und kritisch reflektiertes Verhalten in der Gesellschaft ermöglichen. Es geht also um die Herausbildung von grundlegenden Reflexions-, Regulations- und Verhaltenskompetenzen, die das Fundament des gesellschaftlichen Miteinanders ausmachen und ihren verantwortungsvollen Einsatz.

    Der Begriff soziales Lernen hebt ausdrücklich den sozialen Aspekt des Lernprozesses hervor, und verweist darauf, dass individuelles Lernen grundsätzlich eine soziale Voraussetzung hat, denn niemand kann allein lernen, jeder Schüler und jede Schülerin ist auf Lernhilfen – in welcher Form auch immer – angewiesen.

    In der Schule bedeutet soziales Lernen demnach, dass jeder Schüler und jede Schülerin nicht nur selbst lernen, sondern zugleich das Lernen seiner Mitschüler und Mitschülerinnen unterstützen und sich von seinen Mitschülern und Mitschülerinnen helfen lassen soll. Jeder Lernen bedeutet daher für den einzelnen Schüler bzw. die einzelne Schülerin auch eine soziale Verpflichtung.

    Es gibt dabei verschiedene Formen des sozialen Lernen, und zwar das Lernen durch die soziale Situation (Modelllernen), das Lernen in sozialen Situationen (Lernen in der Gemeinschaft), und das Lernen sozial positiv bewerteter Haltungen und Kompetenzen (Unterscheidung zwischen Persönlichkeits-, Sozial- und Sachkompetenz) etwa im Sinne der themenzentrierten Interaktion (Stangl, 2017).

    Literatur

    Prange, K. (2002). Erziehen als gegliedertes Zeigen und Lernen. Praxis Schule 5–10, Heft 5, 6–8.
    Stangl, W. (2017). Was bedeutet soziales Lernen in der Schule? – Pädagogik-News. Werner Stangls Pädagogik News.
    WWW: https://paedagogik-news.stangl.eu/was-bedeutet-soziales-lernen-in-der-schule (17-02-09).



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    Ein Gedanke zu „soziales Lernen“

    1. Kritik an der Umsetzung

      Durch die Begriffsbildung „Soziales Lernen“ wird suggeriert, dass soziales Lernen isoliert eingeübt und gelernt werden kann – aber jede Entwicklung, jeder Lernfortschritt basiert auf einer vielfältigen, alle Intelligenzen und die Phantasie einbeziehenden Arbeit der Lernenden. Lernen erfolgt nicht in einem isolierten Kontext, sondern immer ganzheitlich. Es mag Schwerpunkte geben, so wie sich ein Kind sprunghaft in verschiedenen Phasen und in unterschiedlichen Bereichen stärker entwickelt, aber immer sind Körper und Geist, Intellekt und Gefühl aufeinander bezogen und entwickeln sich gemeinsam.

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