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soziale Gruppe

    Der Mensch ist vom Grundsatz und seiner genetischen Ausstattung her ein soziales Tier und lebt im Rudel, wodurch er innerhalb der Evolution überleben konnte, weil er sich die Vorteile der Kooperation innerhalb des Rudels bzw. seiner Gruppe zunutze machen konnte. Menschen und auch viele Tiere hatten entwicklungsgeschichtlich betrachtet allein wolhl keine große Überlebenschancen und schlossen sich deshaleb anderen Menschen an. Das Leben in Gruppen und die besonderen Formen der Kommunikation und der Kooperation, die sich beim Zusammenleben der Menschen entwickelten, waren die Grundbedingung für das erfolgreiche Überleben, die als Einzelne Raubtieren und auch ihren Beutetieren an Muskelkraft und Geschwindigkeit erheblich unterlegen waren (Elias, 1987). Im sozialen Verband hatte er in der Regel Schutz, größeren Erfolg bei der Nahrungssuche, die Möglichkeit zur Arbeitsteilung und gemeinsamen Kinderaufzucht bzw. es war auch leichter, einen Partner zu finden.

    Eine soziale Gruppe bezeichnet eine Ansammlung von drei oder mehr Personen und grenzt sich von der Zweierbeziehung (Dyade) ab. Nach ihrer  Definition als sozial müssen die Gruppenmitglieder in einer unmittelbaren Beziehung zueinander stehen, d.h., jedes Mitglied muss sich der anderen Mitglieder bewusst sein. Zwischen den Mitgliedern muss eine Interaktion möglich sein, wodurch sich die Gruppe von einer Organisation abgrenzt, einer Sozialform, die eine sehr große Ausdehnung in Bezug auf Mitgliederzahl, sowie in Hinsicht auf eine komplexe Sozialstruktur haben kann. Eine soziale Gruppe ist auf Grund der dafür notwendigen Interaktion in ihrer Größe begrenzt. In der Sozialpsychologie wird die Gruppengröße nicht nach oben begrenzt, jedoch wird kleineren und größeren Gruppen unterschieden.

    Vielschichtige soziale Gesellschaftsformen bei Vögeln

    Von Menschen, anderen Primaten, Elefanten, Giraffen und Delfinen weiß man, dass diese vielschichtige Gesellschaftsformen bilden, wobei man bisher annahm, dass ein großes Gehirn die Voraussetzung für die Bildung solcher Gesellschaften ist. Papageorgiou et al. (2019) haben nun beim Geierperlhuhn, einem Tier auch im Vergleich mit anderen Vogelarten mit sehr kleinem Gehirn, mehrschichtige Gesellschaftsformen nachgewiesen. Mehrstufigen Gesellschaften, die sich in stabilen Gruppen durch die Landschaft bewegen, sich überschneiden und sich vorzugsweise mit bestimmten anderen Gruppen verbinden, gelten als eine der komplexesten Formen der Sozialstruktur bei Wirbeltieren. So leben etwa Hamadryas-Paviane in Einheiten, die aus einem Mann und einem oder mehreren Weibchen oder aus mehreren Einzelmännchen bestehen, die sich dann zu Clans zusammenschließen, wobei diese Clans dann mit einsamen Junggesellen zusammenkommen, um größere Gruppen zu bilden. Eine solche soziale Struktur bedeutet, dass Individuen viele verschiedene Arten von Beziehungen gleichzeitig verfolgen müssen. Vogelarten, die in Gruppen leben, sind meist entweder offen, langfristig nicht stabil oder territorial begrenzt mit spärlichem Kontakt zu anderen Gruppen, während Geierperlhühner dagegen einen sehr starken Zusammenhalt leben, ohne dabei die Aggression gegenüber anderen Gruppen zu zeigen, wie sie bei anderen in Gruppen lebenden Vögeln charakteristisch ist. Man beobachtete ein Jahr lang die sozialen Beziehungen einer Population von über vierhundert erwachsenen Vögeln, wobei diese Population 18 verschiedene soziale Gruppen mit jeweils 13 bis 65 Individuen umfasste, die stabil blieben und sich maximal dreißig Meter voneinander entfernen, obwohl sie sich sowohl tagsüber als auch nachts regelmäßig mit einer oder mehreren anderen Gruppen überschnitten. Paare sondern sich zum Kinderkriegen ab und kommen nach ein, zwei Monaten zu ihrer Gruppe zurück. Auch zwischen den Großgruppen gibt es Kontakte, aber nicht zwischen allen, denn oft wählen bis zu fünf Gruppen einen gemeinsamen Schlafplatz, aber nach dem Aufwachen in der Früh formieren sich die Clans genau wie am Vortag. Die Vögel müssen also hunderte Artgenossen unterscheiden und sozial zuordnen können, was bei ihren geringen kognitiven Kompetenzen relativ viel Energie erfordert. Diese Form der Gesellschaftsbildung muss demnach aus evolutionärer Sicht einen Zweck erfüllen. Es stellt sich daher die Frage, welche Eigenschaften diese Vögel dazu gebracht haben, ein Sozialsystem zu entwickeln, das in vielerlei Hinsicht eher dem von Primaten gleicht als dem von anderen Vögeln.

    Literatur

    Elias, N. (1987). On Human Beings and their Emotions: A Process-Sociological Essay. Theory, Culture & Society, 4, 339–361.
    Papageorgiou, Danai, Christensen, Charlotte, Gall, Gabriella E.C., Klarevas-Irby, James A., Nyaguthii, Brendah, Couzin, Iain D. & Farine, Damien R. (2019). The multilevel society of a small-brained bird. Current Biology, 29, doi:10.1016/j.cub.2019.09.072.
    https://www.mpg.de/14084909/voegel-komplexe-gesellschaften (19-11-04)

    Bildquelle

    https://de.wikipedia.org/wiki/Geierperlhuhn#/media/Datei:Acryllium_vulturinum_qtl1.jpg (19-11-04)


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