Brainstorming wurde 1953 von Alex F. Osborn in den USA entwickelt und ist eine Aktivität, mit dem Ziel, Ideen oder Lösungsmöglichkeiten zu einem vorgegebenen Thema zu finden. Brainstorming ist der Klassiker kreativen Arbeitens, wobei die Ideenfindung von der Kritik streng getrennt werden muss, d. h., viele machen den Fehler, dass sie zu schnell bewerten, wobei Mut dazu gehört, auch halbgare Ideen in den Raum zu werfen. Dabei ist es ein Fehler ist, für ein Brainstorming nur fünf Minuten anzusetzen, wie es häufig geschieht, denn ein Brainstorming unter dreißig Minuten ist kein Brainstorming, da in den ersten zehn Minuten eher naheliegende Einfälle kommen und erst dann gehen die Ideen zunächst aus, sodass erst nach diesem Tiefpunkt die wirklich originellen Einfälle kommen.
Ein grundlegender Aspekt des Brainstormings innerhalb einer Gruppe ist die Auffassung, dass gefundene Ideen untereinander ausgetauscht werden können und somit einen wesentlichen Anteil zur Lösungsfindung beitragen können. Während einer Brainstorming-Session sollen zwischenmenschliche Barrieren abgebaut und kreatives Verhalten gefördert werden. Brainstorming basiert auf Gruppenarbeit und verwendet zur Dokumentation der Ergebnisse ein Protokoll, das entweder entweder am Tisch zu Papier oder auf eine Tafel gebracht wird. Einerseits muss die Gruppe groß genug sein, um die erforderlichen gruppendynamischen Anreize zu schaffen, andererseits muss sie klein genug sein, um die Kommunikation von jedem mit jedem zu ermöglichen.
Dies wird durch den Einsatz bestimmter Regeln erzielt:
- Alle Teilnehmer sollten ihr Wissen einbringen, auch wenn es für das Problem nicht relevant erscheint, denn es kann Assoziationen bei anderen wecken.
- Einfälle der Teilnehmer dürfen nicht reglementiert werden.
- Problemorientierung geht vor Lösungsorientierung, denn frühzeitiges ”Einschießen” auf eine Lösung erschwert das Auffinden von Alternativen.
- Geringer Konsens kann fördernd auf das Hervorbringen neuer, innovativer Ideen wirken.
- Die Ideenbewertung kommt nach der Sitzung, denn diese dient allein der Ideenfindung.
- hierarchisch strukturierten Gruppen mit Abhängigkeitsverhältnissen darf der Vorgesetzte die von ihm vermutete oder favorisierte Lösung nicht äußern, denn die anderen schwenken sonst leicht darauf ein, anstatt innovativ und kreativ zu sein.
- Quantität geht vor Qualität, denn es geht zunächst darum, Ideen zu produzieren.
- Jeder Versuch einer Kritik oder Stellungnahme während der Sitzung soll vermieden oder aufgeschoben werden.
- Es besteht kein individuelles Urheberrecht an Ideen, sondern ein kollektives, denn Kennzeichen des Brainstormings ist das Aufgreifen und Erweitern von Ideen.
Brainstorming liefert nur unstruktiertes Material welches in einem weiteren Schritt strukturiert werden muss. In dieser Phase ist nun auch Kritik erlaubt und auch notwendig. Nach Zusammenfassen der entstandenen Ideen können diese sortiert werden. Die Ideen können z.B. in sofort realisierbar, später realisierbar, nach weiterer Bearbeitung realisierbar und nicht realisierbar sortiert werden. Diese Phase des Brainstormings liefert idealerweise eine Liste mit Vorschlägen wie ein Problem definitiv zu lösen ist.
Rollendifferenzierung für erfolgreiches Brainstorming
Brainstorming galt lange als probate Methode zur Generierung von Innovation, erwies sich jedoch bald als Flop, denn für eine hohe Kreativität von Gruppenarbeit ist vor allem eine klare und ausgewogene Rollendifferenzierung der Einzelnen Voraussetzung, die mit der selbstwahrgenommenen Rollenkompetenz übereinstimmt. Bei schöpferischen Menschen treffen drei Komponenten zusammen: Einfallsreichtum, bereichsspezifisches Wissen und Aufgabenmotivation. Bei den meisten Beteiligten an einem Brainstorming ist meist eine dieser drei Komponenten unterentwickelt. Daher sind in einem kreativen Team entsprechend diesen drei Funktionen drei Rollen zu kreieren: Es sollte jemanden geben, der Ideen produziert, und jemanden, der diese Ideen konsequent weiterentwickelt. Als Drittes ist ein emotional stabilisierendes, motivational animierendes und unterstützendes Element gefragt. Die drei Rollen sind gewissermaßen als hauptamtliche Funktionen zu verstehen. Zysno & Bosse (2009) belegen in einer experimentellen Studie die hohe Überlegenheit einer entsprechend sorgfältig zusammengestellten Brainstorming-Gruppe, in der für die Kommunikation optimale Rahmenbedingungen durch das Fernhalten von Distraktoren geschaffen werden. Die Interaktion sollte per Methode oder per Sozialisation/Training so verlaufen, dass zielstörende Persönlichkeits-, Sozialisations- und Umwelteinflüsse vermieden werden. In einem entstörten Kraftfeld können dann Synergatoren wie kognitive Anregung und Rollenidentifikation zur Entfaltung kommen. Die Eindämmung der Distraktoren sorgt nicht selbst aktiv für Erfolg, sondern sie öffnet das Feld für zielkonformes und motiviertes Handeln.
Nach Martin Eppler hat Kreativität nichts mit begnadeten Genies zu tun, sondern sie ist eine Frage des Habitus, der Praktiken und Routinen, die man etabliert hat. Nach seiner Meinung ist die wohl schlechteste Kreativitätsmethode das Brainstorming, denn das ist nur ein Tool zur Pseudokreativität. Spontanes Brainstorming in der Gruppe hemmt die Diversität der Gruppe und erzeugt gerade bei introvertierten Menschen eine Form der Selbstzensur. Man kann nämlich schlecht gleichzeitig anderen zuhören, ihre Ideen beurteilen und dann noch selbst eigene Ideen entwickeln. Viel besser ist seiner Meinung nach der Prozess Think-Pair-Share, d. h., allein Ideen sammeln, zu zweit weiterentwickeln und erst dann im Team besprechen. Nach Studien entsteht überdurchschnittliche Kreativität, indem eine Idee immer weiterentwickelt wird, wobei man manchmal Ideen auch zerstören können muss.
Die kognitive Restriktion beim Brainstorming
Sebastian Herrmann schreibt übrigens in der SZ vom 9. März 2012 unter dem erhellenden Titel „Windstille im Kopf – Warum Brainstorming nicht funktioniert„, dass Psychologen schon lange wissen, dass Brainstorming die Kreativität hemmt statt sie zu stimulieren: „Den eigentlich hemmenden Effekt nennen Psychologen „kognitive Restriktion“. In die Sprache des Alltags übersetzt bedeutet das: Wenn gerade jemand spricht, müssen sich die anderen Teilnehmer des Brainstormings darauf konzentrieren, ihre eigene Idee nicht zu vergessen. Und während sie sitzen und auf die Gesprächspause warten, in der sie endlich etwas sagen dürfen, nehmen sie wenig von dem auf, was die anderen beitragen.“
Gruppen produzieren – wie Studien gezeigt haben – beim Brainstorming weniger und auch weniger gute Ideen als Menschen, die sich auf andere Art oder gar alleine Gedanken machen.
In der Tat sind diese Effekte schon lange bekannt, und viele empfehlen daher eine modifizierte Version des Brainstormings, etwa ein digitales „Brainwriting„, bei dem jeder seine Ideen etwa in vernetzten Computern aufschreibt und sie den übrigen Teilnehmern zugänglich macht. Dadurch entstehen keine Pausen und die Ideen befeuern sich dennoch gegenseitig. Auch Brainwalking scheint in Bezug auf Qualität der Ergebnisse dem üblichen Brainstorming überlegen zu sein.
Warum Brainstorming dennoch so beliebt ist, liegt vermutlich daran, dass bei den Beteiligten eine positive Erwartungshaltung gegenüber Gruppenarbeit herrscht, die sich in der Wahrnehmung vieler selbst erfüllt, wobei auch viele einfach den Anteil ihrer eigenen Ideen an dem Resultat der Gruppe überschätzen.
Literatur
Scholles, F. (2000). Brainstorming.
WWW: http://www.laum.uni-hannover.de/ilr/lehre/Ptm/Ptm KreaBrain.htm (09-06-04)
Stroebe Wolfgang, Nijstad Bernard (2004). Warum Brainstorming in Gruppen Kreativität vermindert: eine kognitive Theorie der Leistungsverluste. Psychologische Rundschau 2004 S. 2ff.
WWW: https://www.stangl.eu/paedagogik/artikel/brainstorming.shtml (09-06-04)
https://arbeitsblaetter.stangl-taller.at/PRAESENTATION/brainstorming.shtml (09-06-04)
Zysno, P.V. & Bosse, A. (2009). Was macht Gruppen kreativ? E.H. Witte, C.H. Kahl (Hrsg.), Sozialpsychologie der Kreativität und Innovation. Lengerich/Berlin: Pabst.