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Außergewöhnliche Bewusstseinszustände (ABZ)

    Außergewöhnliche Bewusstseinszustände (ABZ) sind Zustände des Bewusstseins, die sich deutlich von den normalen, alltäglichen Erfahrungen unterscheiden und verschiedene Formen annehmen, wobei sie meist von intensiven, ungewöhnlichen oder erweiterten Bewusstseinszuständen geprägt sind. Obwohl sie oft als bedeutsam und bereichernd beschrieben werden, können sie auch herausfordernd oder beängstigend sein, wobei deren Erforschung interdisziplinär zwischen Psychologie, Neurowissenschaften, Philosophie und Spiritualität erfolgen. Es ist auch zu betonen, dass außergewöhnliche Bewusstseinszustände subjektive Erfahrungen darstellen und von Mensch zu Mensch variieren.

    Dazu zählen etwa mystische und intensive spirituelle Erfahrungen, die oft als Einheit mit dem Universum, göttlicher Transzendenz oder einer höheren Realität wahrgenommen werden. wobei sie von Gefühlen der Ehrfurcht, Einheit, Liebe und tiefem inneren Frieden begleitet werden. Dazu zählt man auch Nahtoderfahrungen, die häufig Elemente wie außerkörperliche Erfahrungen, Tunnelwahrnehmungen, Begegnungen mit verstorbenen Verwandten oder Lichtwesen, Lebensrückblicke und ein Gefühl von Frieden und bedingungsloser Liebe umfassen. Der Gebrauch von bewusstseinsverändernden Substanzen wie LSD, Psilocybin-Pilzen oder Ayahuasca kann außergewöhnliche Bewusstseinszustände bzw. halluzinogene Erfahrungen hervorrufen, wobei diese von intensiven Sinneseindrücken, veränderten Wahrnehmungen, transzendenten Erlebnissen und manchmal einer erweiterten Selbstreflexion geprägt sind. Auch durch Meditation und andere spirituelle Praktiken wie tiefe Kontemplation können außergewöhnliche Bewusstseinszustände erreicht werden, die etwa von erhöhter Achtsamkeit, innerer Stille, Einsicht und Erleuchtung begleitet werden.

    Außergewöhnliche Bewusstseinszustände können dabei sowohl aus der Erste-Person-Perspektive als auch aus der Dritte-Person-Perspektive beschrieben werden, wobei auf deren Relativität hingewiesen werden muss, denn was als normal gilt steht auch in Abhängigkeit von gesellschaftlichen Normen und Praktiken. Man könnte dabei drei Bereiche unterscheiden, pathologische, spontan auftauchende und induzierte außergewöhnliche Bewusstseinszustände, die jeweils aus Fremdbeurteilungs- und Selbstbeurteilungsperspektive ermittelt werden können. Die Trennkriterien zum Alltags-Wachbewusstsein sowie Beispiele für außergewöhnliche Bewusstseinszustände zeigen, dass diese nicht immer ein klinisches Phänomen darstellen, denn so kann etwa der Flow-Zustand als positiver außergewöhnlicher Bewusstseinszustand im Alltags-Wachbewusstsein erlebt und für das menschlichen Wohlbefindens als erstrebenswert angesehen werden.

    Historisches: Die Untersuchung von veränderten Bewusstseinszuständen hat eine lange Tradition, wobei die Mehrzahl der wissenschaftlichen Untersuchungen sich dem Phänomen der Trance gewidmet hat, etwa in den anthropologische Studien zu verschiedenen Formen der Besessenheit und des Schamanismus auf der einen Seite sowie klinische Studien zur Wirkweise der Hypnose auf der anderen Seite. In der Anfangszeit betrachte man Trance, Visionen und Besessenheitsglauben als Merkmale einer barbarischen Zivilisation, von denen sich die entwickelten Zivilisationen weit entfernt hätten. Zahlreiche Feldstudien waren von dem Bedürfnis getrieben, möglichst exotische Erscheinungen in primitiven Gesellschaften aufzuspüren. Allerdings haben diese außergewöhnlichen Erscheinungen nichts mit Primitivität zu tun, sondern sind Ausdruck von Sitten und Gebräuchen, lokalen Glaubensvorstellungen und sozialen Bindungen. Später hat man allgemein versucht, das Bewusstsein und auch solche außergewöhnlichen Bewusstseinszustände als eine Zusammensetzung verschiedener diskreter Bewusstseinszustände zu konzipieren, wobei man mit dieser mehrdimensionalen Betrachtungsweise die Absicht verband, von den verschiedenen Bewusstseinzuständen hinlänglich verschiedene „Landkarten“ herzustellen und deren Ausprägungsmuster zu „kartieren“. So unterschied man etwa die Exterozeption über die bekannten sensorischen Systeme, die die Kommunikation des Individuums mit seiner Umgebung unterstützen und lenken, und die Interozeption, also die verarbeiteten Informationen aus dem Körperinneren wie Propriozeption oder Viszerozeption, die man über die Körperhaltung wie etwa beim Hatha-Yoga über den Muskeltonus erfahren kann. Dabei werdem die sensorischen Informationen aus den verschieben Subsystemen integriert und für eine eventuelle gezielte Aktion verarbeitet.

    Literatur

    Vaitl, Dieter (2012). Veränderte Bewusstseinszustände. Grundlagen – Techniken – Phänomenologie. Stuttgart: Schattauer.


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