Zum Inhalt springen

Brain fog

    Brain fog – Gehirnnebel oder Nebel im Gehirn, Bewusstseinstrübung  (clouding of consciousness) bzw.  auch Verdunkelung des Bewusstseins – bezeichnet ursprünglich das zentrale pathogenetische Merkmal des Deliriums und ist kennzeichnend für eine Reihe von kognitiven Defiziten. Brain fog entsteht auch als Folge anderer Erkrankungen oder Zustände. Brain fog bezeichnet im Allgemeinen einen mentalen Zustand, bei dem Betroffene Antriebslosigkeit, vermehrte Ängstlichkeit und mangelnde Fokussierung erleben, wobei eine solche Phase unterschiedlich lange andauern kann, und zwar von ein paar Stunden bis einige Tage, Wochen oder sogar Monate. Die Symptome daneben sind manchmal Kopfschmerzen, Müdigkeit, Stimmungsschwankungen, Vergesslichkeit, Konzentrationsstörungen, im Extemfall Verwirrtheit. Nicht selten erscheint Betroffenen ihr Umfeld chaotisch und sie fühlen sich bei ihren Tätigkeiten überfordert, kommen häufig in Konflikte mit ihren Mitmenschen, worunter in der Regel dann auch das Selbstwertgefühl leiden kann.

    Brain Fog an sich ist keine Erkrankung, sondern das Symptom anderer Erkrankungen, d. h., es handelt sich um eine Art von kognitiver Dysfunktion, die Gedächtnisprobleme, mangelnde geistige Klarheit, schlechte Konzentration und die Unfähigkeit sich zu konzentrieren umfasst. Folgende Symptome werden häufig im Zusammenhang mit dieser Dysfunktion genannt: Konzentrationsstörungen, Vergesslichkeit, Verwirrtheit, mangelnder Fokus, Müdigkeit, Stimmungsschwankungen, Kopfschmerzen, Antriebslosigkeit, Orientierungslosigkeit. Dieser Gehirnnebel ist aber auch ein Symptom, das durch Stress, Schlafstörungen, Medikamente und andere Faktoren verursacht werden kann, das zu Verwirrung, Gedächtnisproblemen und Konzentrationsschwäche führen kann.

    Greene et al. (2024) konnten zeigen, dass undichte Blutgefäße im menschlichen Gehirn in Verbindung mit einem hyperaktiven Immunsystem die Hauptursache für Brain Fog im Zusammenhang mit Long Covid sein könnten. Es wird vermutet, dass dies nicht nur für Long Covid gilt, sondern auch für andere Syndrome, die sich nach einer Viruserkrankung entwickeln, denn auch Multiple Sklerose wird nach heutigem Forschungsstand häufig durch Virusinfektionen, insbesondere mit dem Epstein-Barr-Virus, ausgelöst. Gute Behandlungsmöglichkeiten für das Fatigue-Syndrom fehlen jedoch bisher, und oft wird es nicht als solches erkannt, weil dann Maßnahmen wie Sport und anstrengende Kuren verordnet werden, die die Symptome deutlich verschlimmern können. Betroffene sprechen dann von einem Crash, wenn sie plötzlich viel weniger leistungsfähig sind, wobei auch konzentriertes Arbeiten zu einer solchen Verschlechterung führen und den Brain Fog verstärken kann.


    Gehirnnebel und Long-Covid

    Seit Neuestem wird dieses Phänomen im Zusammenhang mit Long COVID (COVID-19 brain fog) genannt, wobei es nicht nur nach schweren Krankheitsverläufen auftritt. Diese Bewusstseinstrübung ist dann gekennzeichnet durch Verwirrung, Vergesslichkeit und einen Mangel an Konzentration bzw. geistiger Klarheit. Herkömmlicher Brain fog ist nach Ansicht von Experten allerdings das Ergebnis anderer medizinischer Bedingungen, während COVID-19-Brain fog eine direkte geistige Unschärfe darstellt, die auf die anhaltenden Auswirkungen des Coronavirus auf das Gehirn zurückzuführen ist. Ist das Symptom auf COVID-19 zurückzuführen, werden auch andere Schlüsselsymptomen auftreten, die mit dem Virus in Verbindung gebracht werden, etwa Geschmacks- und Geruchsverlust, Kopfschmerzen, Fieber und Atemprobleme. Studien an Mäusen (Fernández-Castañeda et al. 2022) zufolge scheinen die Entzündungen im Zentralen Nervensystem zu einer Aktivierung der Mikroglia-Zellen zu führen, deren Aufgabe es ist, den Gesundheitszustand des Gehirns kontinuierlich zu überprüfen, um notfalls gefährliche Keime abzuwehren. Dazu gehören etwa Borrelien, die von Zecken übertragen werden und Gehirn- und Nervenfunktion beeinträchtigen können. In der weißen Substanz des Gehirns fand man aktivierte Mikroglia-Zellen, wobei Reize im Gehirn dadurch langsamer weitergeleitet wurden. Darüber hinaus stellte man fest, dass weniger neue Nervenzellen gebildet wurden (Neurogenese). Dieser Vorgang war bei den untersuchten Tieren gehemmt, was negative Auswirkungen auf die Gehirnleistung haben kann. Auch bei anderen Infektionskrankheiten kann im Anschluss Gehirnnebel auftreten, wie etwa bei einer Grippe.

    In einer Studie von Havdal et al. (2024)  wurden Biomarker für Hirnverletzungen, neurokognitive Testleistungen und selbstberichtete neurologische und neuropsychologische Symptome bei jungen Menschen mit dieser Erkrankung untersucht. Dafür wurden insgesamt 404 nicht hospitalisierte Jugendliche und junge Erwachsene im Alter von 12 bis 25 Jahren, die positiv auf SARS-CoV-2 getestet worden waren, prospektiv in die Studie aufgenommen und 6 Monate lang nachbeobachtet. Alle Teilnehmer wurden einer umfassenden Untersuchung unterzogen, die klinische Untersuchungen, Fragebögen, neurokognitive Tests und Blutentnahmen umfasste. Die Serumproben wurden auf die Biomarker Neurofilament Light Chain und Glial Fibrillary Acidic Protein für Hirnverletzungen untersucht.

    Nach 6 Monaten waren die Serumspiegel der Biomarker in allen Gruppen nahezu gleich und unterschieden sich nicht von den Referenzwerten in der gesunden Bevölkerung. Auch die Ergebnisse der neurokognitiven Tests unterschieden sich nicht zwischen den Gruppen, während die Symptomwerte bei Patienten, die die Post-Covid-Kriterien erfüllten, signifikant höher waren, und zwar unabhängig vom ursprünglichen SARS-CoV-2-Status. Diese Daten deuten darauf hin, dass die anhaltenden Symptome im Zusammenhang mit Post-Covid nicht mit einer anhaltenden Schädigung des zentralen Nervensystems oder einer dauerhaften Störung der kognitiven Funktionen einhergehen. Dieser Befund widerspricht der Vorstellung einer Neuroinflammation als wahrscheinliche Erklärung für die anhaltenden Symptome. Das bedeutet aber auch, dass die Long Covid-Definition der Weltgesundheitsorganisation ziemlich nutzlos ist.

    Literatur

    Fernández-Castañeda, Anthony, Lu, Peiwen, Geraghty, Anna, Song, Eric, Lee, Myoung-Hwa, Wood, Jamie, O’Dea, Michael, Dutton, Selena, Shamardani, Kiarash, Nwangwu, Kamsi, Mancusi, Rebecca, Yalcin, Belgin, Taylor, Kathryn, Acosta-Alvarez, Lehi, Malacon, Karen, Keough, Michael, Ni, Lijun, Woo, Pamelyn, Contreras-Esquivel, Daniel & Monje, Michelle (2022). Mild respiratory COVID can cause multi-lineage neural cell and myelin dysregulation. Cell, 185, doi:10.1016/j.cell.2022.06.008.
    Greene, Chris, Connolly, Ruairi, Brennan, Declan, Laffan, Aoife, O’Keeffe, Eoin, Zaporojan, Lilia, O’Callaghan, Jeffrey, Thomson, Bennett, Connolly, Emma, Argue, Ruth, Martin-Loeches, Ignacio, Long, Aideen, Cheallaigh, Cliona Ni, Conlon, Niall, Doherty, Colin P. & Campbell, Matthew (2024). Blood–brain barrier disruption and sustained systemic inflammation in individuals with long COVID-associated cognitive impairment. Nature Neuroscience, doi: 10.1038/s41593-024-01576-9.
    Havdal, Lise Beier, Selvakumar, Joel, Lund Berven, Lise, Stiansen-Sonerud, Tonje, Zetterberg, Henrik, Blennow, Kaj, Holmøy, Trygve, Wyller & Vegard Bruun Bratholm (2024). Neurological involvement among non-hospitalized adolescents and young adults 6?months after acute COVID-19, Frontiers in Neurology, 15, doi:10.3389/fneur.2024.1345787.
    Stangl, W. (2024, 24. März). Neuroinflammation ist keine Erklärung für anhaltende Symptome bei Long-Covid. arbeitsblätter news.
    https:// arbeitsblaetter-news.stangl-taller.at/neuroinflammation-ist-keine-erklaerung-fuer-anhaltende-symptome-bei-long-covid/.
    https://de.wikipedia.org/wiki/Bewusstseinstr%C3%BCbung (19-11-11)


    Impressum ::: Datenschutzerklärung ::: Nachricht ::: © Werner Stangl :::

    Schreibe einen Kommentar

    Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert