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Lesesozialisation

    Lesesozialisation ist im Allgemeinen der Verlauf der Herausbildung des Individuums in der Auseinandersetzung mit literarischen Medien und bezeichnet den Prozess des Hineinwachsens in die Schrift- bzw. die literarische Kultur. Lesen beginnt allerdings nicht erst in der Schule oder mit dem Erlesen erster Wörter, sondern es gibt in den ersten sechs Lebensjahren eine große Anzahl an vorlaufender Bedingungen, etwa die phonetische und linguistische Bewusstheit, die Fähigkeit zu segmentieren oder auch sprachlich zu analysieren, und zwar unabhängig von den sonstigen sprachlichen Fertigkeiten oder der Kenntnis von Buchstaben im Vorschulalter.

    Die Lesekompetenz eines Kindes entwickelt sich demnach nicht erst während der Schulzeit, sondern wird durch Erfahrungen beeinflusst, die es bereits in der frühen Kindheit sammelt, wobei man die Prozesse, die die individuelle Entwicklung von Lesekompetenz und Lesemotivation unterstützen, ganz allgemein als Lesesozialisation bezeichnet. Neben institutionellen Erziehungs- und Bildungseinrichtungen, wie Kindergärten, Horte und Schulen, ist das Elternhaus für diese Prozesse von wesentlicher Bedeutung, denn dort machen Kinder die Erfahrungen, dass Sprache, Schrift und Lesen dem alltäglichen Leben zugehörig sowie gesamtgesellschaftlich und kulturell bedeutsam sind. Die häusliche Lernumgebung und die Leseförderung im Elternhaus vor und während der Schulzeit nehmen eine wesentliche Rolle in der Entwicklung der kindlichen Schriftsprachkompetenz ein, wobei die Lesesozialisation einen kontinuierlicher Prozess darstellt, in dem unterschiedliche Faktoren zusammenwirken, etwa die Leseressourcen, die sprach- und lesebezogene Förderung seitens der Eltern sowie die Bedeutung des Lesens im familiären Leben. Man geht in der Literatur von vier Faktoren der familiären Lesesozialisation aus, dem kulturellen Kapital, der kulturellen Praxis, der lesebezogenen Einstellung der Eltern und der elterlichen Förderkompetenz, wobei sich diese vier Faktoren gegenseitig bedingen. So steht etwa der Buchbesitz der Eltern in engem Zusammenhang mit den drei anderen Strukturmerkmalen. Sozioökonomischer Status und das Bildungsniveau der Eltern sind vorhersagbare Faktoren für die vorhandenen Bücher und tendenziell auch für die lesebezogene Einstellung der Eltern, wobei auch lesebezogene Gespräche und Aktivitäten mit steigendem elterlichem Bildungsniveau an Intensität gewinnen.

    Einflussfaktoren der Lesesozialisation sind daher neben dem kulturell und historisch verfügbaren Medienangebot und neben den kognitiven Fähigkeiten insbesondere die lebensweltlichen Bedingungen, unter denen die Lektüreprozesse bzw. Medienrezeptionen insgesamt stattfinden, d. h., wesentlichen Bedingungsfaktoren der Lesesozialisation eines Kindes sind u. a. die soziale Lage, die Schulbildung der Eltern, das Einkommen und das Geschlecht. Die Familie ist dabei aber nicht nur die früheste sondern auch die wirksamste Instanz der Lesesozialisation. Kinder und Jugendliche, die in Familien mit Eltern aufwachsen, die selber viel lesen, die ihren Kindern häufig vorlesen, sie in Bibliothek und Buchhandlung begleiten, ihnen Bücher oder andere Schriftwerke wie Zeitschriften schenken, sich mit ihnen über Geschriebenes unterhalten und das Lesen ihrer Kinder generell fördern, haben naturgemäß signifikant bessere Chancen, selbst zu kompetenten Lesern bzw. Leserinnen zu werden als Kinder und Jugendliche, die in leseunfreundlichen Milieus aufwachsen. Für Jugendliche sind übrigens vor allem Gleichaltrige von großer Bedeutung, da sie sich mit diesen am ehesten in diesen Themenfeldern austauschen und mit zugehörigen Thematiken identifizieren können.

    Literatur

    Stangl, W. (2011, 14. August). Der Einfluss der Familie auf den Erwerb von Lesekompetenz. Pädagogik-News.
    https:// paedagogik-news.stangl.eu/der-einfluss-der-familie-auf-den-erwerb-von-lesekompetenz.


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