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Informationskompetenz

    Unter Informationskompetenz (information literacy) versteht man die Fähigkeit, mit Informationen selbstbestimmt, souverän, verantwortlich und zielgerichtet umzugehen. Dazu gehört unter anderem die Fähigkeit, Informationen aus einer Vielzahl von Quellen auszuwählen, zu bewerten und weiterverarbeiten zu können. Informationskompetenz ist zu einem wichtigen Schlüsselfaktor des digitalen Zeitalters geworden und ausschlaggebend für das selbstbestimmte Leben der Menschen, aber auch für das Funktionieren einer demokratischen Gesellschaft. Informationskompetenz ist damit die Voraussetzung für die Kontextualisierung von Information und damit somit eine generelle Vorbedingung von Wissen. Informationskompetenz wird als Schlüsselkompetenz in der Alltags- und Lebenswelt des 21. Jahrhunderts angesehen, denn einhergehend mit der zunehmenden Digitalisierung der Arbeits- und Lebenswelten verändern sich auch die Formen der Informationsbeschaffung, -bearbeitung und -weitergabe.

    Informationskompetenz stellt vor allem in einer digital geprägten Kultur eine zentrale Kompetenz dar, wobei die Expertenkommission des Bundesministeriums für Bildung und Forschung zur Medienbildung in Deutschland im Positionspapier „Kompetenzen in einer digital geprägten Kultur“ Informationsverarbeitung und Wissensgenerierung als zentrale gesellschaftliche Ressource bezeichnet. Der informationskompetente Umgang mit Informationen ist aber nicht nur für den Bildungsbereich von Bedeutung, sondern soll auch im Beruf und im alltäglichen Leben Wissen liefern und Problemlösungen ermöglichen. Informationskompetenz soll einen Menschen in die Lage versetzen, für jede Aufgabe die benötigten Informationen zu finden und entsprechende Entscheidungen zu treffen, wobei sie ist auch eine wesentliche Voraussetzung für das lebenslange Lernen darstellt. Die OECD beschreibt die Fähigkeit zur interaktiven Nutzung von Wissen und Informationen als das Erkennen und Bestimmen des Unbekannten, die Identifikation, Lokalisierung und den Zugriff auf geeignete Informationsquellen einschließlich der Beschaffung von Wissen und Informationen im Cyberspace, die Bewertung der Qualität, der Eignung und des Wertes einer Information und ihrer Quellen bzw. die Organisation von Wissen und Information. Diese verschiedenen Konzepte und Standards von Informationskompetenz beinhalten daher folgende Aspekte:

    • das Erkennen des jeweiligen Informationsbedarfs,
    • die Formulierung von Suchanfragen,
    • das Wählen geeigneter Zugangswege,
    • die Bewertung von Information,
    • die Integration von Wissen in den eigenen Wissensbestand,
    • die zieladäquate Nutzung der Information und schließlich
    • die ethische und gesetzeskonforme Nutzung.

    Die einfache Verfügbarkeit von Informationen durch digitale Medien, allen voran dem Internet, bietet viele Möglichkeiten etwa zur Arbeit für die Schule oder im Studium, wobei es sich immer mehr als problematisch erweist, dass es Menschen dabei häufig an der Fähigkeit fehlt, die etwa im Netz gefundenen Informationen richtig zu bewerten. Früher ist man dafür in Bibliotheken gegangen, um Informationen für seine Studienarbeiten zu finden, hat Bücher und Journale gewälzt, hat Karteikartenkataloge aber auch schon in manchen Fällen Datenbanken bei der Suche verwendet. Als Werkzeuge dienten dabei in der Regel Papier und Schreibgerät. Heute sieht die Informationssuche anders aus, denn man nutzt das Internet und den Computer zur Recherche, Referate, Hausaufgaben oder Studienarbeiten werden auf dem Laptop geschrieben, Kommunikation findet über zahlreiche Kanäle statt, und Informationen zu beinahe allen Themen stehen im Internet in großem Umfang zur Verfügung. Auch wenn manchmal der Eindruck entsteht, dass Lernende über ausreichende Fähigkeiten verfügten, um mit der Informationsflut der heutigen Medienlandschaft kompetent umzugehen, ist jedoch zu bemerken, dass diese Netzgeneration zwar neue Technologien schnell begreift, diese allerdings primär zur Freizeitgestaltung nutzt. Studien zeigen, dass Lernenden heute zwar mit der Bedienung von komplexen neuen Technologien vertraut sind und diese routiniert für persönliche Zwecke nutzen, aber weit davon entfernt sind, informationskompetent zu sein. Dies ist nicht unproblematisch, da ein kompetenter Umgang mit Informationen heute immer mehr Voraussetzung dafür ist, um ein Studium erfolgreich abzuschließen und in der Arbeitswelt zu bestehen.

    In der Informationsflut verinnerlichen Menschen die Informationen nicht mehr, sie saugen sie nur noch auf und setzen sich mit ihnen nicht mehr auseinander. Hat man aber eine Information nicht verinnerlicht, ordnet also diese nicht reflektierend in den Kontext seines eigenen Wissens ein, betrachtet man Probleme nur noch peripher und punktuell. Auswendig lernen, das heute im Schulsystem verpönt ist, macht daher immer noch Sinn, und zwar als Übung, so wie Schönschreiben für die Feinmotorik wichtig wäre, wobei der Motorik auch in Bezug auf die Differenzierung und Kleinteiligkeit von Wissensinhalten eine große Bedeutung zukommt. Wer Informationen nur passiv konsumiert, verpasst viel, denn es bleibt nichts hängen und es geschieht keine Weiterentwicklung, gesamtheitliches Denken gerät so ins Hintertreffen. Nicht zuletzt brauchen Menschen bei dieser Form der Wissensaufnahme auch dringend eine Entschleunigung.

    Zwar steigert nach Ansicht des Kulturwissenschaftlers Jan Assmann das Internet die Zirkulation von Wissen und Gedächtnisinhalten enorm, und erleichtert auch den Zugriff auf vielfältige Überlieferungsbestände, etwa durch den digitalen Zugang zu Bibliotheken und Archiven, in denen Wissen kanonisiert vorliegt, doch kann das Internet keine Relevanzfunktionen übernehmen, also darüber entscheiden, was in Zukunft als bedeutsamer Teil der Vergangenheit angesehen werden und im kulturellen Gedächtnis fortleben wird. Ein Mensch, der im Internet sucht, benötigt allerdings solche Relevanzstrukturen, denn wenn er diese nicht schon vorher zumindest rudimentär im Kopf hat, wird er im Internet auch nicht das finden, was er braucht. In dem Umfang, in dem das Internet die Zirkulation von Informationen erhöht, löst es die Bedeutungsperspektiven des Kanons des essentiellen Wissens auf. Schließlich ist es die Kultur vermittels ihrer Regeln und Werte, die Menschen miteinander verbindet und durch die Erinnerung an eine geteilte Vergangenheit eine Brücke vom Gestern zum Heute bildet.

    Im Schulbereich wird Informationskompetenz oft als Teil der Medienkompetenz behandelt, wobei eine besondere Bedeutung der kompetenten Nutzung des Internet zukommt. Der kompetente Umgang mit dem Internet als wichtiger Subkomponente der Medienkompetenz wird auch von der Europäischen Kommission als vordringliche Entwicklungs- und Bildungsaufgabe eingeschätzt, denn das Internet ist im Alltag die Informationsquelle geworden, seine Nutzung erfolgt aber oft in wenig reflektierter Weise. Auch im Bildungsbereich gewinnt die Internetrecherche zunehmend an Bedeutung, wobei sich die Informationskompetenz im Alltag hauptsächlich als Kompetenz im Umgang mit dem Internet manifestiert. Informationskompetenz ist in Österreich übrigens auch ein wichtiger Aspekt der neuen Reifeprüfung, insbesondere bei der Erstellung der vorwissenschaftlichen Arbeit. Jede Schülerin und jeder Schüler muss bereits am Ende der siebten Klasse in Absprache mit seinem Lehrer das Thema einer vorwissenschaftlichen Arbeit für seine Reifeprüfung wählen. In einem Fach seiner Wahl muss diese/r diese Arbeit während der achten Klasse vor dem Reifeprüfungstermin erarbeiten und somit seine Fähigkeit zum eigenständigen wissenschaftlichen Arbeiten und seine Studienfähigkeit unter Beweis stellen. Zum Verfassen der vorwissenschaftlichen Arbeit ist neben den fachlichen Kompetenzen eine Reihe von allgemeinen Kompetenzen notwendig, auf deren Erwerb der Unterricht der Oberstufe ausgerichtet sein muss. All diese Fähigkeiten können unter dem Begriff Informationskompetenz subsumiert werden: bezogen auf ein spezifisches Interesse eine Forschungsfrage formulieren zu können, den daraus resultierenden Informationsbedarf zu erkennen, Informationen zu ermitteln und zu beschaffen sowie Informationen zu bewerten und effektiv zu nutzen.

    Übrigens ist der Begriff Informationskompetenz nicht identisch mit den Begriffen Medienkompetenz und digitale Kompetenz, auch wenn diese Begriffe in der Diskussion manchmal im Austausch verwendet werden. Alle drei Begriffe betonen jeweils andere Aspekte, haben aber punktuell natürlich zahlreiche Überschneidungen. In der aktuellen Literatur wird der Begriff Informationskompetenz auch häufig unter den Begriffen Internetkompetenz und Computerkompetenz abgehandelt, allerdings mit jeweils unterschiedlicher Schwerpunktsetzung, wobei diese auch als implizite Teilkompetenzen der Informationskompetenz betrachtet werden können.

    Literatur

    Heinze, Nina, Sporer, Thomas, Jenert, Tobias (2008). Projekt i-literacy: Modell zur Förderung vonInformationskompetenz im Verlauf des Hochschulstudiums (S. 83-92). In Zauchner, Sabine, Baumgartner,Peter, Blaschitz, Edith &Weissenbäck, Andreas (Hrsg.). Offener Bildungsraum Hochschule. Freiheiten und Notwendigkeiten. Münster: Waxmann.
    Stangl, W. (2020). Vorwissenschaftliche Arbeit – News zum Thema Lernen. Werner Stangls Texte zum Lernen.
    WWW: https://news.lerntipp.at/158/vorwissenschaftliche-arbeit-refepruefung-matura-neu (20-04-14)


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