Zum Inhalt springen

Gender Studies

    Lange wurde das Geschlecht in den Sozialwissenschaften marginalisiert und stand selten im Zentrum von Erkenntnisinteresse oder gar der Theorienbildung, doch seit einiger Zeit beschäftigt sich eine verhältnismäßig junge Forschungs- und Studienrichtung nun ausschließlich mit dem Geschlecht in Form der Geschlechterforschung oder Gender Studies. Diese Forschung ging im Wesentlichen aus der Frauenforschung hervor, die auch im Kontext der Kritik an der männlich dominierten traditionellen Wissenschaft entstanden ist. Die Zielsetzung war daher immer auch eine politisch-emanzipatorische, also die Ermächtigung von Frauen zu politisch autonomen Handeln. Zum Beginn der Frauenforschung lag das Augenmerk auf frauenspezifischen Themen, wie etwa weiblicher Unterdrückung, weiblicher Kulturen, weiblicher Praxen sowie Formen weiblicher Subjektivität in Geschichte und Gegenwart. In den letzten Jahren hat sich der feministische Blickwinkel mehr den Geschlechterverhältnissen im Allgemeinen zugewandt, um sichtbar zu machen, dass die Besonderheiten und Benachteiligungen weiblicher Lebensumstände erst im Vergleich mit den männlichen sichtbar werden.

    Gender Studies befassen sich demnach mit der Frage nach der Bedeutung von Geschlecht für Kultur, Gesellschaft und Wissenschaft. Im Zentrum der wissenschaftlichen Analyse steht dabei die Geschichte, Erzeugung, Relevanz und Praxis der Geschlechterdifferenz. Dabei wird Geschlecht innerhalb der Gender Studies nicht als anatomische Realität und Schicksal verstanden, d. h., Geschlecht ist weniger eine körperliche Seinsform als das Wissen, das sich zu sozialer und politischer Macht verdichtet hat. Geschlechterforschung verfolgt dabei in der Regl einen interdisziplinären Ansatz, der sowohl theoretische als auch methodische Bezüge zu anderen Wissenschaften hat.

    Heute ist das Thema Gender auch eine Basis in den Sozialwissenschaften und die meisten Studienrichtungen bieten Lehre an, die Gender im Titel führt. Die Gender Studies stützen sich auf die nicht unumstrittene Unterscheidung zwischen Sex und Gender, wobei sich Sex als biologisches Geschlecht und Gender als soziales Geschlecht definieren lassen. Heute wird häufig auf die soziale Konstruktion des Geschlechts abgezielt, wobei der Begriff Gender im Englischen ursprünglich das grammatikalische Geschlecht bezeichnete, weshalb es leicht nachzuvollziehen ist, weshalb es vor allem im anglo-amerikanischen Sprachraum als Konstruktion begriffen wird. Im Grunde geht es immer auch darum, auf welche Art und Weise in der westlichen Kultur Unterscheidungen getroffen, Dichotomisierungen eingeführt und Hierarchien begründet werden. Daher geht es in der Genderforschung auch immer darum, den Umgang mit Differenzen generell zu problematisieren und sich in einer Auseinandersetzung mit der Fremdheit des jeweils anderen Geschlechts zu beschäftigen.

    Übrigens zeigen Studien zu geschlechtergerechter Sprache, dass die Gerechtigkeit der Sprache in erster Linie vom Kontext abhängt, in dem diese verwendet wird. Wichtig ist daher nicht die bloße Formulierung, die bestimmte Bilder im Kopf erzeugt, sondern im Vordergrund steht eher der abstrakte Informationsgehalt etwa einer Berufsbezeichnung. Es gibt keine überzeugenden wissenschaftlichen Belege dafür, dass Personenbezeichnungen zu Assoziation mit konkreten Merkmalen wie dem Geschlecht führen. Zwar gibt es generische Maskulina, doch das hat jedoch weniger mit der Formulierung als mit der eigenen Lebenserfahrung und wahrgenommenen Lebensrealität zu tun. Es zeigt sich auch, dass vor allem Pluralformen generischer Maskulina im Deutschen von den Menschen in der Regel korrekt verstanden werden, also geschlechtsneutral. Wo Wörter ohnehin als geschlechtsneutral verstanden werden, wirken Gender-Zusätze möglicherweise sogar noch in stärkerem Maße als unwillkommene Fremdkörper. Generell sollte man die bewusstseinsbildende Macht einer Sprache nicht überschätzen, denn diese prägt nicht allein das Bewusstsein. Sprachregulierungen alleine lösen daher keinen Bewusstseinswandel aus und verringern auch nicht mögliche damit verbundene Ressentiments.


    Bisher ist man davon ausgegangen, dass Frauen wegen ihres hormonellen Zyklus emotionaler sind als Männer. Ein Forschungsteam der University of Michigan und der Purdue University hat 142 Männer und Frauen über einen Zeitraum von 75 Tagen begleitet und dabei untersucht, welcher Bandbreite an Emotionen sie täglich unterworfen sind. Dazu mussten die Teilnehmerinnen und Teilnehmer jeden Abend einen Fragebogen ausfüllen, der ihre positiven und negativen Gefühle an diesem Tag erfasste. Untersucht wurden drei Gruppen: Männer, Frauen mit natürlichem Zyklus und Frauen, die verschiedene hormonelle Verhütungsmittel einnahmen. Bei allen Gruppen war die emotionale Schwankungsbreite ähnlich. Diese Studie zeigte zwar nicht, dass Hormone keinen Einfluss auf Gefühle haben, aber sie zeigte, dass Hormone nicht mehr zur emotionalen Schwankungsbreite beitragen als andere Faktoren. Die Gefühlsschwankungen von Frauen, die Verhütungsmittel zu sich genommen hatten, waren jenen von Frauen mit natürlichem Zyklus sehr ähnlich, viel wichtiger als das Geschlecht waren allerdings individuelle Unterschiede.

    Siehe auch Gender Mainstreaming und Warum ist die Gender-Sprache problematisch?

    Literatur

    Becker-Schmidt, R. (1993). Geschlechterdifferenz – Geschlechterverhältnis: Soziale Dimensionen des Begriffs Geschlecht. Zeitschrift für Frauenforschung, 11, 37-46.
    Kreisky, E. (2004). Geschlecht als politische und politikwissenschaftliche Kategorie (S. 23-44). In Rosenberger, S. K. & Sauer, S. (Hrsg.), Politikwissenschaft und Geschlecht. Wien: Facultas.
    Sauer, B. (2001). Staat – Institutionen – Governance (S. 107-126). In Rosenberger, S. K. & Sauer, S. (Hrsg.), Politikwissenschaft und Geschlecht. Wien: Facultas.
    https://www.welt.de/kultur/plus217170354/Argumente-gegen-das-Gendern-die-Sie-anderswo-nie-lesen.html (20-10-07)
    https://www.elle.de/lifestyle-female-empowerment-feminismus-psycho-maenner-frauen-emotionen-genderklischees (21-11-30)


    Impressum ::: Datenschutzerklärung ::: Nachricht ::: © Werner Stangl :::

    Ein Gedanke zu „Gender Studies“

    1. schimelpiltz

      Bisher ist man davon ausgegangen, dass Frauen wegen ihres Zyklus emotionaler sind als Männer. Ein Forschungsteam der University of Michigan und der Purdue University hat 142 Männer und Frauen über einen Zeitraum von 75 Tagen begleitet und dabei untersucht, welcher Bandbreite an Emotionen sie täglich unterworfen sind. Dazu mussten die Teilnehmer:innen jeden Abend einen Fragebogen ausfüllen, der ihre positiven und negativen Gefühle an diesem Tag erfasste. Untersucht wurden drei Gruppen: Männer, Frauen mit natürlichem Zyklus und Frauen, die verschiedene hormonelle Verhütungsmittel einnehmen. Das Ergebnis: Bei allen Gruppen war die emotionale Schwankungsbreite ähnlich. Diese Studie zeigte zwar nicht, dass Hormone keinen Einfluss auf Gefühle haben, aber sie zeigte, dass Hormone nicht mehr zur emotionalen Schwankungsbreite, Höhe oder Tiefe beitragen als andere Faktoren. Die Gefühlsschwankungen von Frauen, die Verhütungsmittel zu sich genommen hatten, waren jenen von Frauen mit natürlichem Zyklus sehr ähnlich, viel wichtiger als das Geschlecht waren individuelle Unterschiede:
      Quelle: https://www.elle.de/lifestyle-female-empowerment-feminismus-psycho-maenner-frauen-emotionen-genderklischees (21-11-30)

    Die Kommentarfunktion ist deaktiviert.