Man unterscheidet zwischen Schulphobie und Schulangst, denn bei der Schulphobie gibt es die Angst vor einer Trennung von den Eltern, denn das Kind hat die Befürchtung, dass Mutter oder Vater nicht mehr wiederkommen, d. h., die Schule ist nur der Symptomträger für die Trennungsangst. Bei der Schulangst geht es hingegen um soziale Ängste, oft vor der Gruppe (Mobbing), bestimmten Lehrern oder Prüfungen. Wenn Schulangst vorliegt, hat das häufig mit mangelnden sozialen Kompetenzen zu tun, also wenn es einem Kind schwerfällt, auf andere zugehen und Freundschaften knüpfen, unfähig ist, eigene Wünsche zu äußern oder mit Gefühlen wie Wut umzugehen. Fehlen diese Fähigkeiten, weil das Kind sie davor etwa im Kindergarten nicht üben konnte, kann das zu Ängsten führen. Oft können auch sehr kleine Dinge Auslöser für Probleme sein, wenn etwa ein Kind sehr behütet aufgewachsen ist und altersgemäße Dinge noch nicht gelernt hat, etwa einem Arbeitsauftrag der Lehrerin oder des Lehrers zu folgen.
Normalerweise ist der Schulbesuch für Kinder eine aufregende und interessante Angelegenheit, aber für einige von ihnen der Grund für Angst oder Panik. Wenn ein Kind sich krank fühlt, „krank spielt“ oder geringe körperliche Beschwerden vorbringt, um nicht zur Schule gehen zu müssen, sollten Eltern dies ernst nehmen. Die Angst vor dem Schulbesuch ohne ersichtliche Ursache tritt meistens in der Vorschule, dem Kindergarten oder im ersten Schuljahr auf und erreicht ihren Höhepunkt im zweiten Schuljahr. Kurz bevor sie zur Schule gehen sollen, treten bei den Kindern z.B. Kopf-, Hals- oder Magenschmerzen auf. Wenn sie zu Hause bleiben dürfen, lässt die „Krankheit“ nach, tritt aber am nächsten Morgen vor dem Schulbesuch wieder auf. Die Weigerung, zur Schule zu gehen, beginnt oft nach einer Zeit, die die Kinder zu Hause verbracht haben, mit viel Nähe zur Mutter, z.B. den Sommerferien oder einer kurzen Krankheit, aber auch nach einem belastenden Ereignis wie dem Tod eines Haustiers oder eines Verwandten, einem Schulwechsel oder einem Umzug. Die möglichen Langzeitfolgen für ein Kind, das immer Ängste hat und keine Hilfe bekommt, sind schwerwiegend, denn wenn es nicht zur Schule geht und für längere Zeit von seinen Freunden getrennt ist, kann das Kind schwere schulische oder soziale Probleme entwickeln.
Das Nachhilfeinstitut Lernquadrat hat im Jahr 2019 Jugendliche in Österreich schriftliche befragt und es zeigte sich, dass 39 Prozent demnach oft Angst vor Prüfungen, Referaten oder Schularbeiten haben, weitere 16 Prozent sogar immer. Besonders häufig betroffen sind Mädchen, ältere und schlechte Schüler. 49 Prozent haben angegeben, sie würden ohne Prüfungen viel lieber in die Schule gehen. Jeder Fünfte schämt sich in der Schule, wenn er bei einer Prüfung versagt. Angstfach Nummer eins der Jugendlichen ist Mathematik (40 Prozent), gefolgt von Englisch (20 Prozent) und Deutsch (13). Die meisten Jugendlichen mit Prüfungsangst befürchten ein plötzliches Blackout (60 Prozent), die gestellte Aufgabe nicht zu verstehen (50 Prozent) oder dass ihnen unter Zeitdruck nichts gelingen könnte (38 Prozent).
Die Prüfungsangst drückt sich bei den Jugendlichen oft durch Schlaf- und Appetitlosigkeit aus. Als Mittel gegen ihre Angst setzen zwölf Prozent auf Kaffee und Energy Drinks, sechs Prozent nehmen Beruhigungsmedikamente. 22 Prozent nutzen Schummelzettel, bei den Über-15-Jährigen ist es mehr als ein Drittel. Über ein Drittel der Schüler empfindet außerdem den Schulalltag generell als belastend. 30 Prozent der Befragten sind schon einmal nicht in die Schule gegangen, weil sie sich dort so unwohl fühlen, 22 Prozent zogen laut der aktuellen Befragung das Schwänzen als Reaktion auf schulische Belastungen zumindest schon einmal in Erwägung.
1. Definition
Es handelt sich um die Bezeichnung „einer phobischen Reaktion auf schulische Situationen. Sie äußert sich häufig in psychischen und psychosomatischen Symptomen wie z.B. Ess-, Schlafstörungen, Einnässen, Magen- und Kopfschmerzen oder Übelkeit und führt oft zum Schulschwänzen und Leistungsversagen. Als mögliche Ursachen werden Überforderung der Schüler, negative Selbst- und Leistungseinschätzung, soziale Konflikte mit Mitschülern oder Lehrern sowie gestörte Familienbeziehungen angenommen. Eine Therapie muss den gesamten persönlichen, sozialen und schulischen Kontext berücksichtigen“ (Böhm, 1994, S. 611).
2. Definition
Angstzustände sind zumeist auf Situationen und Ereignisse zurückzuführen, in denen sich psychisch labile Personen einer Gefahr ausgesetzt fühlten. Dabei spielt der persönliche Lebensraum eine wichtige Rolle. Ängstliche Reaktionen sind zumeist auf Erziehungsmethoden, die Häufigkeit der Anwendung von Strafmaßnahmen im Kindesalter, das gesellschaftliche und schulische Umfeld sowie die dadurch entstehende Leistungshaltung, zurückzuführen. Am häufigsten von Schulangst betroffen sind daher jene, die oft aggressiven Erziehungsmaßnahmen ausgesetzt waren. Angstzustände sind zumeist die Folge von unterdrückten Aggressionen (vgl. Krohne, 1977, S. 66ff).
3. Definition
„Stress, der sich auf die Erwartung einer zukünftigen Schädigung oder eines Verlustes bezieht, kann als Bedrohung oder Herausforderung auftreten, wobei sich beide Formen in erster Linie dadurch unterscheiden, ob die betroffene Person, die sich bedroht oder herausgefordert fühlt, eher die negativen Aspekte des Verlustes oder den Nutzen einer Meisterung thematisiert“ (Bedersdorfer, 1988, S. 30).
4. Definition
Das körperliche Befinden wird maßgeblich von psychischen Empfindungen wie beispielsweiße Ängsten stark beeinflusst. Schulangst ist weitgehend auch vom schulischen und privaten Sozialumfeld abhängig. Schul- und Prüfungsangst sind zwar keinem bestimmten Schultyp zuordenbar, dennoch können verschiedene pädagogisch Mittel das Klima in der Unterrichtsanstalt positiv oder negativ beeinflussen (vgl. Zenz, Hrabal & Marschall, 1992, S. 118f).
5. Definition
Schulangst „begründet Lähmungsprozesse, verhindert realisierbare angstfreie pädagogische Aufgaben, fördert stattdessen eine soziale Apathie, erzwingt individuell und gruppenspezifisch Angst vor der Zukunft und lässt eine anzustrebene (sic!) Konfliktfähigkeit, die erst eine konstruktive gesellschaftliche und politische Handlungspraxis ermöglicht, irrational und sinnlos erscheinen“ (Esser, 1978, S. 8).
6. Definition
Angst hebt sich deutlich von üblichen persönlichen Empfindungen ab und ist in der Folge Auslöser für psychische und körperliche Veränderungen. Es werden die drei Formen Primärangst (erzeugt durch körperliche Spannung), Trennungsangst (man fühlt sich alleine) und Strafangst (darunter Schulangst) unterschieden (vgl. Lißmann, 1976, S. 56f).
Literatur
Bedersdorfer, H. W. (1988). Angstverarbeitung von Schülern: Bewältigung von Schulangst und ihre Beeinflussung durch ein pädagogisches Interventionsprogramm. München: Juventa.
Böhm, W. (1994). Schulangst. Wörterbuch der Pädagogik. Stuttgart: Kröner.
Esser, J. (1978). Angst in Schule und Hochschule. Braunschweig: Westermann.
Krohne, H. W. (1977). Angst bei Schülern und Studenten. Entstehungsbedingungen, Konsequenzen, präventive und therapeutische Maßnahmen. Hamburg: Hoffmann und Campe Verlag.
Lißmann, U. (1976). Schulleistung und Schulangst: Eine multivariate Untersuchung im 5. Schuljahr in Gesamtschulen. Weinheim: Beltz.
Stangl, W. (2009). Schulangst. [werner stangl]s arbeitsblätter.
WWW: https://arbeitsblaetter.stangl-taller.at/EMOTION/Schulangst.shtml (09-11-21)
Zenz, H., Hrabal, V. & Marschall, P. (1992). Entwicklungsdruck und Erziehungslast. Göttingen: Verlag für Psychologie.
http://www.npin.de/npin/show.php3?id=97 (11-11-21)
https://www.lernquadrat.at/fileadmin/user_upload/Media_Library/Bilder/Pressebereich/Pressemitteilungen/PDFs/PI_Angst_vor_der_Schule-zusammengefuegt.pdf (20-03-04)
Hallo,
wurde für die 1. Definition das Buch von Winfried Böhm genutzt?
Wörterbuch der Pädagogik. 14. völlig neu verfasste Auflage,
Stuttgart (Kröner Taschenausgabe 94) 1994, 759 S.
Mit freundlichen Grüßen
Tom Theege