Der Pavor nocturnus, der Nachtangst oder auch Nachtschreck, bezeichnet eine Schlafstörung, für die ein hohes Erregungsniveau und ein Gefühl starker Angst charakteristisch sind. Pavor nocturnus bezeichnet demnach eine meist bei Kindern auftretende Art der Parasomnie. Typisches Alter für das Auftreten eines Pavor nocturnus ist die Phase zwischen dem 2. und 12. Lebensjahr, wobei sich eine Häufung um die Einschulungszeit findet. Etwa jedes dritte Kleinkind erlebt solche nächtlichen Anfälle , die oft von starkem Schwitzen und Herzrasen begleitet sind. Damit gehört der Nachtschreck zu den am weitesten verbreiteten Schlafstörungen bei Kindern, wobei das in diesem Alter noch nicht vollständig entwickelte Nervensystem, das den Schlaf-Wach-Rhythmus steuert, für die nächtlichen Angstzustände verantwortlich ist. Untersuchungen mittels Elektroenzephalografie (EEG) zeigen, dass die Hirnströme während eines nächtlichen Schrecks Merkmale aufweisen, die sowohl dem Schlaf- als auch dem Wachzustand ähneln, d.h. das Kind sieht wach aus, aber sein Gehirn schläft, so dass die Kinder während eines solchen Anfalls ihre Umgebung nicht richtig wahrnehmen und auch Versuche, mit ihnen zu sprechen, ins Leere laufen. Der Nachtschreck tritt nicht im traumreichen REM-Schlaf auf, d. h., es handelt sich nicht um das Erwachen aus einem Albtraum im engeren Sinne, sondern der Pavor nocturnus tritt im Tiefschlaf auf, also der Phase, in der man kaum träumt und eigentlich am schwersten zu wecken ist. Der Tiefschlaf, der nach heutiger Auffassung der Regeneration des Organismus dient, ist vor allem in der ersten Nachthälfte häufig, weshalb der Pavor nocturnus die Betroffenen meist schon kurz nach dem Zubettgehen heimsucht. In der zweiten Nachthälfte nehmen die Tiefschlafanteile dagegen ab, da das müde machende Hormon Adenosin, das sich tagsüber im Gehirn ansammelt und im Tiefschlaf abgebaut wird, dann bereits weitgehend abgebaut ist. Der Pavor nocturnus entsteht also offenbar dann, wenn der Übergang vom Tief- in den Traumschlaf nicht richtig gelingt und das Nervensystem überreizt ist. Nach dem Vulnerabilitäts-Stress-Modell braucht es für den Nachtschreck eine biologische Veranlagung, zum Teil liegt die Ursache wahrscheinlich schon in den Genen, d.h. Kinder, deren Eltern schlafwandeln oder selbst schon einmal einen Pavor Nocturnus erlebt haben, haben ein höheres Risiko.
Während der Pubertät oder im Erwachsenenalter auftretender Pavor nocturnus ist eher selten, wobei generell das männliche Geschlecht im Durchschnitt häufiger betroffen ist.
Beim klassischen Pavor Nocturnus kommt es wiederholt zu Episoden, in denen Betroffene aus dem Schlaf aufschrecken und dabei heftig erregt sind, wobei die Episoden meist im ersten Drittel der Nacht während des Tiefschlafes auftreten, wobei es dabei es zu einem teilweisen Erwachen kommt. Während dieser Phasen, die nur wenige Minuten dauern, bewegt sich der Schlafende heftig, ist verängstigt und zeigt deutliche Merkmale körperlicher Erregung wie schnelle Atmung, Schwitzen und schnellen Herzschlag. Dabei reagiert der Betroffene kaum auf Reize von außen, daher auch nicht auf die Versuche anderer, ihn zu beruhigen. Nach dem Aufwachen besteht in den meisten Fällen keine Erinnerung an diese Ereignisse, auch nicht an die Träume oder Eindrücke, die diese starke Angst hervorgerufen haben.
Gemeinsam mit einem Pavor nocturnus findet sich auch das Sprechen im Schlaf, Somnambulismus und die Enuresis nocturna. Im Gegensatz zu Albträumen kommt es innerhalb der ersten zwei bis drei Stunden des Schlafes zu Phasen nächtlicher Panik, wobei sich in der Regel die Betroffenen am nächsten Tag nicht daran erinnern können.
Merkmale des kindlichen Pavor Nocturnus
Bei diesen nächtlichen Angst- oder Panikattacken schreckt ein Kind dabei aus dem Schlaf hoch, meist relativ bald, nachdem es eingeschlafen ist, leidet unter extremer Angst, hat die Augen weit aufgerissen und läuft auch manchmal in der Wohnung herum. Das Kind schreit dabei meist laut, ist aber trotz offener Augen nicht wach und auch nicht ansprechbar. Die Eltern bzw. Betreuungspersonen sollten dann nur dafür sorgen, dass es sich während des Vorfalls nicht verletzen kann. Treten diese Attacken sehr häufig auf oder noch nach dem sechsten Lebensjahr, sollte man einen Experten zu Rate ziehen. Ein Kind ist bei einem solchen Vorfall aber nicht vollständig wach und sollte in diesem Zustand, wenn keine Gefahr in Verzug ist, auch nicht aufgeweckt werden. Ein charakteristisches Kennzeichen eines Pavor nocturnuns ist, dass sich das Kind am nächsten Morgen meist an nichts erinnert. Eltern sollten dem Kind ruhig zureden und es sanft ins Bett zurückführen. Vermeiden lässt sich die Nachtangst oft, wenn das Kind in einer ruhigen Atmosphäre schlafen geht, vielleicht mit einer beruhigenden Gute-Nacht-Geschichte (Rituale). Der Pavor nocturnus tritt meist in der Tiefschlafphase vor Mitternacht auf und steht mit Reifungsprozessen des Gehirns in Zusammenhang. Die Ätiologie des Pavor nocturnus ist meist unklar, wobei man am ehesten psychologische Auslöser, insbesondere Stress, Überforderung, eine gespannte Familiensituation aber auch große Freude und Aufregung vermutet.
Eltern sollten daher unterscheiden, ob ihr Kind tatsächlich unter einem Albtraum oder einer Nachtangst leidet, denn nach einem Nachtschreck können Eltern nicht viel anderes tun, als bei dem Kind zu bleiben, ein gedämpftes Licht anzustellen und zu warten. Wichtig ist, dass sie selbst nicht unruhig werden und nicht versuchen, das Kind wachzurütteln. Dem Kind kann es gut tun, gestreichelt zu werden, denn nach zehn Minuten schläft es meist von selbst wieder ein. Treten diese Attacken sehr häufig auf oder noch nach dem sechsten Lebensjahr, sollte man einen Kinderarzt zu Rate ziehen. Vor allem Kinder, die von Pavor Nocturnus betroffen sind, neigen phasenweise auch zum Schlafwandeln.
Literatur
https://arbeitsblaetter.stangl-taller.at/EMOTION/Nachtaengste-Albtraeume.shtml
https://www.spektrum.de/news/nachtschreck-was-hinter-pavor-nocturnus-steckt/2207034 (24-02-16)