Impact Bias

Der Impact Bias bezeichnet in der Psychologie die systematische Überschätzung der Intensität und Dauer emotionaler Reaktionen auf zukünftige Ereignisse. Der Begriff geht auf Daniel Gilbert und Timothy Wilson zurück, die im Rahmen ihrer Studien zur sogenannten affective forecasting – der Vorhersage eigener Gefühlszustände – herausfanden, dass Menschen typischerweise annehmen, einzelne Erlebnisse würden sie stärker und nachhaltiger beeinflussen, als dies dann tatsächlich der Fall ist (Gilbert & Wilson, 2000).

Diese kognitive Verzerrung führt dazu, dass Menschen glauben, ein bestimmtes Ereignis werde sie übermäßig glücklich oder unglücklich machen, obwohl ihre tatsächliche Gefühlslage nach kurzer Zeit meist wieder zu einem stabilen individuellen Grundniveau zurückkehrt. So überschätzen Menschen etwa, wie glücklich sie ein Lottogewinn machen oder wie sehr sie eine Trennung oder berufliche Niederlage belasten würde. Empirische Studien belegen, dass die emotionale Wirkung solcher Ereignisse in der Regel weit weniger tiefgreifend und von kürzerer Dauer ist, als Betroffene im Vorfeld annehmen (Wilson & Gilbert, 2003).

Ein klassisches Beispiel stammt aus Dating-Experimenten von Gilbert und Wilson: Versuchspersonen sollten einschätzen, wie sehr sie eine Zurückweisung oder ein romantisches Interesse treffen oder erfreuen würde. Die Erwartung war, dass Ablehnung stark belasten und erwiderte Zuneigung erheblich beglücken würde. Tatsächlich zeigte sich jedoch, dass die emotionalen Reaktionen beider Gruppen deutlich schwächer ausfielen und die Teilnehmer sich rasch wieder neuen Erfahrungen zuwandten. Ähnliche Ergebnisse fanden sich in Untersuchungen zu Lottogewinnern und Unfallopfern, deren langfristiges Wohlbefinden sich meist auf ihr ursprüngliches Glücksniveau einpendelte (Brickman, Coates & Janoff-Bulman, 1978).

Der Impact Bias hat auch handlungspsychologische Konsequenzen: Da Menschen glauben, Enttäuschungen oder Verluste würden sie dauerhaft unglücklich machen, vermeiden sie mitunter Situationen, die Chancen oder Risiken bergen. Damit kann die Verzerrung zur sogenannten »Zauderfalle« werden, d. h., man zögert, neue Beziehungen einzugehen, berufliche Risiken zu wagen oder Veränderungen zuzulassen, weil man die negativen emotionalen Folgen überschätzt.

Neuropsychologisch lässt sich das Phänomen teilweise dadurch erklären, dass unterschiedliche neuronale Systeme für Motivation und tatsächliches Wohlbefinden zuständig sind. Während Antrieb und Erwartung auf kurzfristige Belohnungen abzielen, wird anhaltendes Glück stärker durch langfristige Stabilität und erfüllende Beziehungen bestimmt. Das Bauchgefühl, das  suggeriert, ein Ereignis werde  »überwältigen«, trügt also systematisch, denn man unterschätzt die psychische Anpassungsfähigkeit und emotionale Resilienz des Menschen.

Der Impact Bias zeigt demnach, dass Menschen schlechte Propheten der eigenen Gefühle sind, denn das innere Orakel überschätzt die Macht einzelner Momente und vergisst, wie flüchtig selbst die intensivsten Emotionen sind.

Einige Beispiele

Nach einem verlorenen Bewerbungsgespräch glaubt jemand, wochenlang unglücklich zu sein, fühlt sich aber bereits nach wenigen Tagen wieder normal.
Eine Person erwartet, nach einem Umzug in ihre Traumstadt dauerhaft glücklich zu sein, erlebt jedoch nach kurzer Zeit ein Abklingen der Euphorie.

Literatur

Brickman, P., Coates, D., & Janoff-Bulman, R. (1978). Lottery winners and accident victims: Is happiness relative? Journal of Personality and Social Psychology, 36(8), 917–927.
Gilbert, D. T., & Wilson, T. D. (2000). Miswanting: Some problems in the forecasting of future affective states. In J. P. Forgas (Ed.), Feeling and thinking: The role of affect in social cognition (pp. 178–197). Cambridge University Press.
Wilson, T. D., & Gilbert, D. T. (2003). Affective forecasting. Advances in Experimental Social Psychology, 35, 345–411.
Ayan, S. (2025). Das dumme Bauchgefühl: Hören Sie auf Ihre innere Stimme? Besser nicht, wenn es um zukünftige Gefühle geht. GEO Wissen Psychologie, 01/2025.


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