Love-Scamming

Love-Scamming – auch Romance Scam oder Liebesbetrug – bezeichnet eine Form des Betrugs, bei der Täter bzw. Täterinnen online vorgaukeln, romantisches Interesse an einer Person zu haben, mit dem eigentlichen Ziel, emotionale Nähe herzustellen, Vertrauen zu gewinnen und dann finanzielle Vorteile zu erzielen. Aus psychologischer Sicht lässt sich Love Scamming als komplexes Zusammenspiel von emotionaler Manipulation, Beziehungsdynamiken, Persönlichkeitsmerkmalen der Opfer sowie sozialen und kognitiven Mechanismen beschreiben. Love Scamming beginnt meist damit, dass der/die Betrüger/in über soziales Netzwerk, Datingseite oder Messaging-App ein falsches Profil erstellt („catfishing“), häufig Fotos oder Geschichten verwendet, die idealisierte Vorstellung eines romantischen Partners entsprechen. Durch intensive und regelmäßig stattfindende Kommunikation wird eine emotionale Bindung aufgebaut (Grooming); Liebes- und Zuneigungsbotschaften, gemeinsame Zukunftsvisionen, das Teilen persönlicher Details sind typische Elemente. Sobald Vertrauen etabliert ist, erfolgt eine Bitte um Hilfe – meist finanzieller Art – oft mit Notfall- oder Schicksalsgeschichte („Mein Flugticket“, „medizinische Behandlung“, „Reisebeschränkungen“) oder das Versprechen, dass alles bald persönlich wird. Viele Opfer spüren später nicht nur den finanziellen Schaden, sondern auch den Verlust der Beziehung als ebenso schmerzhaft – manche vergleichen ihn mit dem Tod einer nahestehenden Person.

Psychologisch sind daran mehrere Mechanismen beteiligt: Emotionales Bedürfnis (z. B. nach Nähe, Anerkennung, Liebe) macht verletzlich; Idealvorstellungen oder romantische Ideale überhöhen die Einschätzungen von Realität und Täuschung. Kognitive Verzerrungen wie selektive Wahrnehmung (man nimmt nur das wahr, was bestätigt, dass der/die „Partner/in“ echt ist), Confirmation Bias, sowie Attributionen (man schreibt dem anderen positive Absichten zu, ignoriert Widersprüche) spielen eine große Rolle. Ebenso ist oftmals Impulsivität beteiligt – Bedürfnis, schnell zu reagieren, etwa wenn der/die Scammerin emotional intensiv wirkt oder Dringlichkeit signalisiert. In Studien wurden bestimmte Persönlichkeitsmerkmale und demographische Faktoren identifiziert, die das Risiko erhöhen, Opfer von Love Scams zu werden. So zeigt eine Untersuchung von Monica T. Whitty, dass Betroffene häufiger mittleren Alters sind, einen höheren Bildungsgrad haben und überwiegend weiblich sind. Sie weisen tendenziell höhere Werte bei Impulsivität – insbesondere bei den Aspekten „Urgency“ und „Sensation Seeking“ – auf, sie sind vertrauensvoller gegenüber Anderen, zeigen eine größere „addictive disposition“ (d.h. eine Neigung, sich stark in etwas hineinzusteigern und schwer loszulassen), und sind weniger stark in Merkmalen wie Freundlichkeit oder Fürsorglichkeit, wie sie in manchen altruistischen Skalen gemessen werden. Ebenso wurde ifestgestellt, dass neben Impulsivität und Sensationslust auch Neurotizismus, romantische Idealisierung von Beziehungen, mangelnde soziale Unterstützung oder Isolation sowie ein hohes Bedürfnis nach Bindung oder Nähe als Risikofaktoren gelten.

Nach dem Betrug leiden viele Opfer nicht nur unter finanziellen Verlusten, sondern unter erheblichen psychischen Belastungen: Gefühle von Scham, Schuld, Verrat und sogar Selbstzweifel treten auf; manche entwickeln Symptome, die einer posttraumatischen Belastungsstörung ähneln oder leiden unter Depression und Angst. Einige Betroffene berichten, dass sie die Beziehung mehr betrauern als den verlorenen Geldbetrag.

Psychologische Theorien, die Love Scamming erklären helfen, beziehen sich auf Modelle der sozialen Täuschung, des Vertrauensaufbaus, der Bindungstheorie (wie Bindungsstile z. B. vermittelnd wirken, ob jemand eher unsicher/ängstlich in Beziehungen ist), auf die Rolle von Bedürfnisbefriedigung (z. B. emotionaler Mangel) und auf Mechanismen der emotionalen Manipulation wie Love Bombing (überhöhte Aufmerksamkeit, Bewunderung) und Abschirmung von Gegenmeinungen (soziale Isolation vom Umfeld). Auch das Phänomen der mentalen Vorstellung (imagery) spielt eine Rolle: Manche Opfer behalten über lange Zeit ein inneres Bild des Betrügers, das zur „Vermischung“ von Fantasie und Realität beiträgt. In einem neueren Artikel wird vorgeschlagen, dass dieses übersteigerte romantische Vorstellungs-System eine zentrale Rolle spielen könnte, eventuell auch Therapieansätze, die visuelle und imaginative Netzwerke adressieren, z. B. mittels neurowissenschaftlicher Verfahren wie transkranielle Gleichstromstimulation.

Aus Sicht der Prävention und Intervention ergeben sich daraus Implikationen: Sensibilisierung dafür, wie Emotionen manipuliert werden, Förderung von Medien- und Online-Kompetenz, kritisches Denken über Onlineprofile, Bewusstsein über Risikofaktoren wie Isolation, emotionaler Mangel oder überhöhte Romantikvorstellungen. Therapeutisch kann es hilfreich sein, psychologische Unterstützung zu bieten, die sowohl den finanziellen Schaden als auch den emotionalen Verlust adressiert, sowie Bewältigungsstrategien gegen Schuld, Scham und Vertrauensverlust. Manche Modelle legen nahe, dass Opfer Hilfen brauchen, die ähnlich sind wie bei anderen Traumata oder Suchtverhalten, da Emotionen oft stark involviert sind. Insgesamt zeigt die Forschung, dass Love Scamming kein rein technisches oder rechtliches, sondern vor allem ein psychologisches Problem ist, in dem emotionale, kognitive und soziale Prozesse ineinandergreifen.


Aus einem Zeitungsbericht

Das Oberpfalz Echo vom 28. September 2025 berichtet von einem Anstieg des Love Scamming. Es heißt dort: „Immer mehr Menschen in der Oberpfalz fallen auf sogenannte Love-Scammer herein. Die Täter geben sich online als Ärzte, Ingenieure oder Soldaten aus, täuschen Liebe vor und fordern Geld. Die Kripo Weiden warnt eindringlich: Opfer verlieren teils zehntausende Euro. „Liebe darf nichts kosten“ – wer das beherzigt, schützt sich vor Romantikbetrug. Immer häufiger geraten Menschen in der Oberpfalz ins Visier internationaler Tätergruppen. Betroffen sind nach Angaben der Ermittler vor allem Frauen mittleren Alters, die nach dem Tod ihres Partners oder einer Trennung wieder Anschluss suchen. Doch auch Männer können Opfer werden – insbesondere durch Tätergruppen aus Osteuropa. Die Statistik der letzten Jahre zeigt die dramatische Höhe der Schadenssummen:
2022 wurden sieben Fälle registriert, der Gesamtschaden belief sich auf rund 22.000 Euro.
2023 waren es bereits zehn Fälle, verbunden mit einem Schaden von etwa 450.000 Euro.
2024 wurden acht Fälle bekannt, bei denen die Opfer insgesamt rund 270.000 Euro verloren.
Die Täter bleiben in den meisten Fällen unerkannt. Sie operieren von sicheren Standorten im Ausland aus, oft in Ländern, in denen Strafverfolgung kaum möglich ist. Um Geldflüsse zu verschleiern, setzen sie sogenannte Finanzagenten ein. Diese erhalten Überweisungen von Opfern auf ihr deutsches Konto und leiten das Geld weiter. Was viele nicht wissen: Auch diese „Geldwäscher wider Willen“ machen sich strafbar und werden von den Ermittlungsbehörden konsequent verfolgt. Die Tätigkeit eines Finanzagenten ist kein Kavaliersdelikt!
Über Dating-Portale, soziale Netzwerke oder E-Mail nehmen die Täter Kontakt auf. Mit charmanten Nachrichten, übertriebenen Komplimenten und ständigen Liebesbekundungen bauen sie Vertrauen auf.
Beliebt sind Berufsbiografien, die Seriosität und Weltgewandtheit suggerieren sollen: ein amerikanischer Arzt in Syrien, ein Ingenieur in London oder ein Chirurg in einem Krisengebiet. Bald berichten die Täter von Problemen – ein festgehaltenes Gepäckstück, medizinische Kosten oder ein kranker Sohn. Wer zahlt, erlebt, wie die Forderungen schnell steigen. Die Täter setzen auf „Love Bombing“: Übermäßige Aufmerksamkeit und ständige Liebesbekundungen sollen das Opfer emotional abhängig machen. Gleichzeitig werden Schuldgefühle erzeugt – wer nicht zahlt, lässt angeblich den geliebten Menschen im Stich. Oft folgt Erpressung, wenn Opfer keine weiteren Überweisungen leisten. Kompromittierende Fotos oder Chats werden als Druckmittel genutzt. Nach Einschätzung der Polizei stammen viele Tätergruppen, die Frauen ins Visier nehmen, aus Westafrika – insbesondere Nigeria. Männer hingegen werden häufig von Banden aus Osteuropa mit Fotos angeblich junger Frauen kontaktiert. Diese regionale Aufteilung folgt Täterprofilen: Westafrikanische Gruppen bedienen mit erfundenen Lebensläufen die Sehnsucht nach „exotischen“ Partnern, während osteuropäische Gruppen auf vertraute Bilder setzen.
Die Kripo nennt klare Anzeichen für Love Scamming:

    • Übertriebene Liebeserklärungen nach wenigen Tagen
    • Heiratsversprechen oder Familienpläne ohne persönliches Treffen
    • Immer wieder verschobene Treffen vor Ort
    • Widersprüchliche Angaben oder auffällige Sprachfehler
    • Aufforderungen, Geld oder Gutscheinkarten zu schicken

Viele Betroffene von Love Scamming schweigen aus Scham. Die Polizei macht jedoch deutlich: „Niemand muss sich Vorwürfe machen. Wer Opfer eines Betrugs wird, ist nicht naiv, sondern wurde von professionellen Kriminellen gezielt getäuscht“, betonen die Ermittler.

Das Wichtigste ist, den Kontakt sofort abzubrechen, Beweise zu sichern und Anzeige zu erstatten. Jede Meldung hilft, Strukturen sichtbar zu machen und Tätergruppen langfristig zu bekämpfen.  Die Polizei rät dringend, sich an feste Regeln zu halten:

    • Keine persönlichen Daten leichtfertig preisgeben.
    • Niemals Geld an Unbekannte überweisen.
    • Keine Gutscheinkarten für Fremde kaufen.
    • Fotos mit Rückwärtssuche im Internet überprüfen.
    • Keine kompromittierenden Bilder oder Videos verschicken.
    • Familie oder Freunde über geplante Treffen informieren.

Literatur

Buchanan, T., Whitty, M. T., & Joinson, A. N. (2014). Impulsivity, loneliness, and online romance fraud. Cyberpsychology, Behavior, and Social Networking, 15, 702–707.
Button, M., Nicholls, C. M., Kerr, J., & Owen, R. (2014). Online romance scams: A serious crime. Crime, Law and Social Change, 62(2), 189–208. [
Rege, A. (2009). What’s love got to do with it? Exploring online romance fraud. International Journal of Cyber Criminology, 3(2), 494–512.
Whitty, M. T. (2018). Do you love me? Psychological characteristics of romance scam victims. Cyberpsychology, Behavior, and Social Networking, 21(2), 105–109.
Whitty, M. T., & Buchanan, T. (2016). The online romance scam: A serious cybercrime. Cyberpsychology, Behavior, and Social Networking, 19(3), 74–80.
Whitty, M. T., & Papanastasiou, S. (2018). Scoping review of romance fraud: Victimhood, vulnerabilities, and psychological impact. Aggression and Violent Behavior, 44, 20–30.
Whitty, M. T., & Seepersad, S. (2021). Romance scams and the role of imagination: A cognitive neuroscience perspective. Frontiers in Psychiatry, 12, 761112.
https://www.oberpfalzecho.de/beitrag/love-scamming-kripo-warnt-vor-gefaehrlichem-romantikbetrug-auch-in-der-oberpfalz (25-09-28)


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