Das Dehnel-Phänomen beschreibt einen neurologischen Effekt, bei dem sich das Volumen bestimmter Hirnareale im Laufe des Lebens, insbesondere im Alter, verringert, während andere Bereiche möglicherweise stabil bleiben oder sogar vergrößert erscheinen. Es wurde erstmals von dem polnischen Neurologen August Dehnel beschrieben. In der Regel bezieht sich das Phänomen auf eine Volumenreduktion des Gehirns, die insbesondere mit dem Altern und neurodegenerativen Erkrankungen wie Alzheimer verbunden ist. Die grundlegende Beobachtung ist, dass vor allem die graue Substanz des Gehirns (die für die Verarbeitung von Informationen und die Ausführung von Bewegungen zuständig ist) schrumpft, während die weiße Substanz – die die Nervenfasern und ihre Verbindungen umfasst – oft weniger betroffen ist. Im Zusammenhang mit dem Dehnel-Phänomen zeigt sich, dass insbesondere der Hippocampus und die frontalen Gehirnareale im Alter eine Volumenreduktion erfahren, was mit kognitiven Einbußen und einer verminderten Gedächtnisleistung in Verbindung gebracht wird. Einige Studien legen nahe, dass diese Schrumpfung eines der frühen Zeichen für neurodegenerative Erkrankungen sein könnte
Des Weiteren lassen sich Hinweise darauf finden, dass das Dehnel-Phänomen nicht ausschließlich mit altersbedingtem Abbau assoziiert wird, sondern ebenfalls als Reaktion auf spezifische Erfahrungen oder Umwelteinflüsse zu betrachten ist, welche eine Umstrukturierung des Gehirns zur Folge haben können. Es existieren Tierarten, bei denen eine Reduktion des Hirnvolumens während der Wintermonate beobachtet werden kann, wie beispielsweise bei Maulwürfen. Folglich ist das Phänomen für die Reduktion der Köpfe von kleinen Säugetieren wie Spitzmäusen, Hermelinen oder Wieseln verantwortlich. Beim Maulwurf schrumpft zu Winterbeginn sein Gehirn um etwa elf Prozent und reduziert sogar die Größe seines Schädels. Da Säugetiergehirne enorme Energiefresser sind, ist diese Methode ziemlich effektiv, denn so werden Kräfte frei, etwa für den anstrengenden Tunnelbau. Steigen im Frühling die Temperaturen, kann er den Schrumpfungsprozess rückgängig machen, d. h., sein Schädel wächst wieder, das Hirn ebenfalls, jedoch nur um vier Prozent, wobei die Größe aus dem Vorjahr nicht mehr erreich wird.
Bei kleinen Tieren mit einem sehr aktiven Stoffwechsel führt die Vorbereitung auf das limitierte Nahrungsangebot im Winter zu einem Verlust von bis zu 30 Prozent der Körpermasse. Dieser Effekt betrifft auch die Organe und Knochen. Im Frühling und Sommer erfolgt eine Wiederherstellung des verlorenen Gewebes und der Knochenmasse. Eine Reihe von Genen, deren Expression im Verlauf der Jahreszeiten variiert, wurde identifiziert. Diese sind an der Regulation der Energiehomöostase beteiligt. Des Weiteren konnten Gene, die den Zelltod regulieren, nachgewiesen werden. Es wird angenommen, dass diese in Zusammenhang mit der Verringerung der Gehirngröße stehen.
Literatur
Dehnel, A. (1949). Studies on the genus Sorex L. Ann. Univ. Mariae Curie-Skłodowska. Sect. C 4, Nr. 2, Lublin , S. 17–102.