Der Trotteleffekt – auch Trottel-Effekt – bezeichnet das Phänomen, dass jemand, der sich durch ungeschicktes oder unzureichendes Verhalten als Trottel präsentiert, von anderen schneller akzeptiert oder sogar sympathischer gefunden wird. Im Englischen wird das Phänomen häufig als Pratfall Effect bezeichnet. Der Trotteleffekt wurde erstmals von dem US-amerikanischen Sozialpsychologen Elliot Aronson beschrieben. In einer klassischen Studie zeigte Aronson, dass Menschen oft besonders sympathisch und menschlich wirken, wenn sie kleine Fehler machen oder Schwächen zeigen. Dies liegt daran, dass Perfektion oft als unnahbar empfunden wird, während Fehler und Schwächen jemanden zugänglicher und authentischer erscheinen lassen. Aronsons Untersuchungen ergaben Folgendes:
- Kompetente Menschen, die einen Fehler machen, wirken sympathischer, weil ihre Fehlerhaftigkeit sie „menschlicher“ erscheinen lässt.
- Wenig kompetente Menschen hingegen verlieren an Attraktivität, wenn sie Fehler machen, da diese die bestehende Einschätzung ihrer Fähigkeiten bestätigen oder verschlechtern.
Studienaufbau und Ergebnisse
In einer Studie untersuchten Aronson und seine Kollegen, wie kleine Fehler, die jemand begeht (z. B. das Verschütten von Kaffee), die Sympathiewerte dieser Person beeinflussen können. Sie fanden heraus, dass Menschen, die kompetent wirkten und dann einen kleinen Fehler machten, als sympathischer wahrgenommen wurden als solche, die sich vollkommen fehlerfrei verhielten. Umgekehrt schädigten Fehler jedoch das Bild von Menschen, die als weniger kompetent wahrgenommen wurden. Diese Ergebnisse wurden seither in zahlreichen psychologischen und soziologischen Arbeiten diskutiert und bestätigt. Der Pratfall Effect wird oft in der Sozialpsychologie als Beispiel herangezogen, wie Selbstenthüllung und kleine Schwächen die Sympathie steigern können.
Warum funktioniert der Trotteleffekt?
Der Trotteleffekt hängt eng mit dem Bedürfnis der Menschen nach Authentizität und Nähe zusammen. Wenn jemand, der ansonsten als fähig oder kompetent wahrgenommen wird, einen Fehler macht, scheint er weniger „perfekt“ und damit weniger einschüchternd. Dies löst beim Gegenüber das Gefühl aus, dass die Person zugänglicher ist und man sich mit ihr identifizieren kann.
Beispiele für den Trotteleffekt
- Prominente, die in Interviews oder öffentlichen Auftritten Patzer machen: Oft empfinden die Menschen Sympathie für Stars, die trotz ihrer Berühmtheit und ihres Erfolgs Schwächen zeigen, weil das Publikum sie dadurch als „normal“ und „menschlich“ wahrnimmt.
- Vorgesetzte im Berufsleben: Ein Chef oder eine Chefin, die in einem Meeting einmal aus Versehen etwas verschüttet oder einen kleinen Fehler macht, wirkt möglicherweise auf die Mitarbeitenden sympathischer, da sie nicht als unnahbar perfektionistisch, sondern als normaler Mensch wahrgenommen werden.
Grenzen des Trotteleffekts
Der Trotteleffekt gilt hauptsächlich dann, wenn die betreffende Person insgesamt als kompetent wahrgenommen wird. Wird hingegen jemand ohnehin als inkompetent oder unfähig eingeschätzt, verstärken Fehler das negative Bild und die Person wird weniger sympathisch. Zusammengefasst beschreibt der Trotteleffekt also die paradoxe Wirkung, dass kleine Fehler oder trottelige Verhaltensweisen dazu führen können, dass kompetente Menschen sympathischer wirken, weil sie dadurch zugänglicher und authentischer erscheinen.
Hinweis: Bei diesem Phänomen bzw. Begriff handelt es sich um ein populärwissenschaftliches Konstrukt, das in Diskussionen, Lifestyle-Magazinen oder in der Ratgeberliteratur herumgeistert, also um keinen genuin wissenschaftlich-psychologisches Fachbegriff. Solche Begriffe werden aber dann hier aufgenommen, wenn sie Beziehungen zu klassischen psychologischen Phänomenen aufweisen bzw. eine gewisse Verbreitung gefunden haben.
Literatur
Aronson, E., & Cope, V. (1966). The effect of a pratfall on increasing or decreasing interpersonal attractiveness. Journal of Experimental Social Psychology, 2, 120-128.
In einer Illustrierten hieß es dazu: Perfektionismus gehört also der Vergangenheit an, Mut zu Fehlern lautet das neue Motto. Dabei ist jedoch Vorsicht geboten, denn zu viele Fehler könnten dich schnell auch wieder inkompetent wirken lassen und deinem Gegenüber vermitteln, dass ihr euch nicht auf Augenhöhe befindet. Wichtig ist, dass die Fehler authentisch sind. Absichtlich herbeigeführte Missgeschicke werden oft als manipulativ empfunden. Der Pratfall-Effekt entfaltet seine positive Wirkung besonders dann, wenn die Situation natürlich und ungekünstelt ist. Unser Ratschlag: Versuche nicht krampfhaft, Fehler zu vermeiden oder zu verstecken. Gerade wenn du kompetent und erfolgreich bist, können kleine Missgeschicke dich sympathischer und nahbarer machen. Der Pratfall-Effekt zeigt uns: Perfektionismus ist nicht der Schlüssel zu mehr Beliebtheit – sondern authentische Menschlichkeit. Wichtig ist nur, dass du grundsätzlich selbstsicher und kompetent auftrittst und die Fehler nicht überhandnehmen.