Die Umweltpsychologie ist eine noch recht junge Teildisziplin der Psychologie, doch von zunehmender wissenschaftlicher und gesellschaftlicher Relevanz. Allmählich hat sich im Kontext der sozial-ökologischen Forschung die Expertise der UmweltpsychologInnen durchgesetzt, wozu auch eine zunehmende Verankerung in Forschung und Lehre hinzukommt. Die Umweltpsychologie untersucht dabei den Einfluss komplexer Umgebungen auf die individuelle Befindlichkeit und den Einfluss menschlicher Tätigkeit auf die Umwelt. Die Umweltpsychologie beschäftigt sich dabei nicht nur mit der Interaktion von Menschen in der natürlichen und soziokulturellen Umwelt, sondern auch mit dem Umgang mit Informationswelten und der Digitalisierung, ebenso mit Themen der Globalisierung und der Nachhaltigkeit.
Das Arbeitsfeld der Umweltpsychologie greift dabei auf den Fundus der in der psychologischen Forschung bewährten Methoden und Theorien zurück, wobei die ökologische Perspektive das Spektrum der angewandten Methoden vom Laborversuch hin zur Feldbeobachtung verschiebt, vom Experiment zu nicht-reaktiven Versuchsanordnungen, von der Analyse des Verhaltens zur Prognose (impact assessment) der Einflüsse und Wirkungen, die von geplanten Projekten ausgehen werden, wa auch anhand von Simulationen geschehen kann.
Umweltpsychologische Untersuchungen zeigen etwa, dass das Erleben von Natur in der Bevölkerung äußerst unterschiedlich verbreitet ist, denn Angehörige bildungsferner und erwerbsloser Gruppen bleiben meist in ihren bebauten Umgebungen. Zwar zieht es Jugendliche meist in die Stadt, dennoch belegen Studien, dass auch die junge Generation natürliche Landschaften als wohltuend und entspannend wahrnimmt. Vor allem der Wald wird in allen Generationen als Stück Freiheit empfunden, und zwar Freiheit von Konfliktfeldern, Reizüberflutung, Technik, sozialen Anforderungen, Zeitregime. Wald wirkt außeralltäglich, als Gelegenheit, wieder „zu Sinnen zu kommen“ und unmittelbaren Zugang zu sich selbst zu finden. In Studien zum Erleben von Natur wird deutlich, welches enorme Potenzial Naturerfahrungen für Kinder, Jugendliche und Erwachsene haben, wenn etwa durch einen Waldbesuch der Blutdruck und die Pulsrate gesenkt, der Cortisolspiegel und die sympathische Aktivität reduziert sowie die parasympathische Aktivität gestärkt werden. Allein schon das Betrachten von Grün bewirkt physiologische Veränderungen. Studien belegen auch, dass Kinder durch das Draußen-in-der-Natur-Spiel einen aktiveren Lebensstil entwickeln. Durch das Spiel in natürlichen Umgebungen werden Selbstwirksamkeit, Kreativität und Verantwortungsbewusstsein gestärkt. Dabei ist die Kombination von grün und blau für den Menschen ideal, denn Wohlbefinden und Erholungswert sind in der Natur am höchsten, wenn man einen grünen Wald am Ufer eines blauen Wassers erlebt.
Von Experten wird allerdings bemängelt, dass eine psychologische Forschung zur Mitgestaltung und Bewältigung der Nachhaltigkeits-Transformation bisher nur in Ansätzen gibt. Zwar kennt man die traditionelle Forschung zur Rolle von Wissen und Umweltbewusstsein für umweltrelevantes Handeln, aber viel zu wenig wird an den Diskurs der Transformationsforschung angeknüpft. Wenn man den oft bemühten normativen Begriff einer nachhaltigen Entwicklung nämlich ernst nimmt, dann sollte nicht so sehr die Interaktion mit der Umwelt, sondern die menschliche Lebensqualität im Mittelpunkt der umweltpsychologischen Forschung stehen. Die Umweltpsychologie sollte dabei durch ihre Forschung Potenziale aufzeigen, wie Menschen solidarische Lebensqualität entwickeln können, also Lebensqualität und Lebenszufriedenheit in ihren sozialen Netzwerken zu erreichen und zu erhalten, ohne dabei durch ihren Lebensstil die Lebensgrundlagen anderer Menschen und nachfolgender Generationen einzuschränken.
Ein relativ neuer Gegenstandsbereich für die Umweltpsychologie sind die digitalen Umwelten, wobei es selbstverständlich sein sollte, jene wissenschaftlichen Themen mit den Daten zu bearbeiten, dieuns die digitale Parallelwelt bereitstellt. Humanwissenschaften müssen sich mit Potentialen und Bedrohungen durch digitale Parallelwelten befassen und sich zusätzlich fragen, ob und auch wie sie sich selbst durch diese verändern. Insbesondere sollte der Kontrollverlust in den Blick genommen werden, der mit der Digitalisierung einhergeht, wobei dabei für die Umweltpsychologie die digitale Parallelwelt sowohl Gegenstand als Instrument sein kann.
Umweltpsychologen untersuchen etwa, was Menschen psychologisch an einer umweltverträglichen und ressourcenschonenden Lebensführung hindert, aber auch die psychischen Auswirkungen von Umwelt-Faktoren auf den Menschen werden erforscht. Umweltpsychologen findet man an Hochschulen und Forschungszentren, in Behörden, Ministerien und Ämtern, sie sind aber auch als selbstständige Berater tätig. Im Berufsalltag sind die Erkenntnisse aus der Umweltpsychologie etwa für Vereine und Organisationen relevant, die etwa durch Aufklärungskampagnen das Verhalten von Menschen zu ändern versuchen oder die Akzeptanz von Umweltschutzmaßnahmen erhöhen möchten.
Literatur
Bauer, N., Roe, J. & Martens, D. (2016). Der Einfluss von physischer Umwelt auf den Menschen: Erholung, Wohlbefinden, Gesundheit und Lebensqualität. Einführung in das Schwerpunktthema. Umweltpsychologie, 20, 3-14.
Ensinger, K. (2016). Arbeit und Erholung – Der Sinn vom Draußen-Sein. Umweltpsychologie, 20, 95-111.
http://umps.de/php/suche.php?heftid=42 (17-07-26)