Frequenz-Illusion

Die Frequenz-Illusion beschreibt das Phänomen, dass Menschen, die gerade etwas gesehen, gelernt oder festgestellt haben, das neu Gesehene oder Gelernte danach überall zu sehen beginnen. Die Frequenzillusion, auch Häufigkeitsillusion, Fokus-Effekt oder der Aufmerksamkeitsfehler, ist eine kognitive Verzerrung, bei der die Wahrnehmung durch die Aufmerksamkeit beeinflusst wird, die man einem bestimmten Reiz oder einer bestimmten Information schenkt. Wenn man sich auf eine bestimmte Information oder einen bestimmten Reiz konzentriert, kann es eben vorkommen, als ob dieser häufiger vorkommt als andere Informationen oder Reize. Dies kann dazu führen, dass man bestimmte Muster in in der Umgebung bemerkt, die einem sonst entgangen wären, oder dass man glaubt, dass bestimmte Ereignisse häufiger auftreten, als sie es tatsächlich tun. Ein Beispiel für die Frequenzillusion ist, wenn man sich für den Kauf eines bestimmten Autos interessiert und plötzlich scheint es, als ob dieses Auto überall auf der Straße zu sehen ist, obwohl es tatsächlich nicht häufiger vorkommt als andere Autos. Die Aufmerksamkeit für genau dieses Auto lässt es einen jedoch häufiger wahrnehmen. Hat man sich etwa mit bestimmten Schuhen intensiv beschäftigt, scheinen diese Schuhe plötzlich überall aufzutauchen. Durch das bewusste Betrachten und die aktive Auseinandersetzung wird das Neue vom Gehirn als besonders wichtig eingestuft, sodass man es dann öfter wahrnimmt, auch wenn das objektiv nicht der Fall ist.

Es ist eine empirisch belegte Tatsache, dass der Effekt sich auch oft bei schwangeren Frauen zeigt, die auf einmal Frauen in derselben Lage viel bewusster wahrnehmen. Dieser Effekt tritt in der Regel dann auf, wenn sich der Fokus der schwangeren Frauen auf diese Frauen in derselben Lage richtet. Tatsächlich ist die Prävalenz von Schwangerschaften unter Frauen im eigenen Umfeld nicht plötzlich und abrupt angestiegen. Vielmehr fällt der Babybauch in dieser Situation lediglich durch eine selektive Wahrnehmung mehr ins Auge – wortwörtlich.

Wenn etwa die eigene Schwester schwanger ist, sieht man plötzlich überall Neugeborene, oder wenn sich Berichte über Verbrechen auf eine bestimmte Art von Verbrechen konzentrieren, wie z. B. Ausschreitungen von Jugendlichen in der Silvesternacht, und sich die Berichte alle auf eine bestimmte Gruppe beziehen, wie z. B. Migranten, kann dies dazu führen, dass Menschen glauben, dass diese Verbrechen hauptsächlich in solchen Gruppen geschehen. Solche einfachen Schlussfolgerungen stimulieren dabei das Belohnungszentrum im Gehirn, weil es sich gut anfühlt, eine Sache erklären zu können. Diese Häufigkeitsillusion erzeugt eine Illusion von Gültigkeit und Glaubwürdigkeit, die es den Menschen in der Folge schwer macht, zuzugeben, dass man sich mit seiner Zuschreibung irren könnte.

In den sozialen Medien wird dieser Effekt neuerdings auch als positive Nachricht dargestellt, was durchaus zutreffend ist. Es konnte festgestellt werden, dass eine verstärkte Aufmerksamkeit für Ängste, Sorgen, Niederlagen und ähnliche Faktoren dazu führt, dass diese einen signifikant größeren Raum im Leben der betreffenden Person einnehmen. Die bewusste Fokussierung auf positive Aspekte wie Dankbarkeit, kleine Erfolge oder erfreuliche Begegnungen führt bei manchen Menschen dazu, dass das Denken nach und nach zunehmend empfänglicher für diese positiven Elemente wird. Es konnte festgestellt werden, dass im Alltag nicht unbedingt mehr Positives erlebt wird, dies jedoch prägnanter und häufiger wahrgenommen wird. Dies hat einen Einfluss auf die Stimmung, das Verhalten und letztlich auch das Lebensgefühl.

Diese Häufigkeitsillusion wird übrigens manchmal auch als Baader-Meinhof-Phänomen oder Baader-Meinhof-Effekt bezeichnet, obwohl sie nicht direkt mit der Terrorgruppe zusammenhängt, denn in einem Diskussionsforum-Forum der US-amerikanischen Zeitung St. Paul Pioneer Press schrieb in den 1990er-Jahren ein Leser, er habe kürzlich zum ersten Mal von Baader-Meinhof gehört und sei seitdem ständig auf diese Namen gestoßen. Andere Leser dieser Zeitung teilten ähnliche Erfahrungen mit diesem Begriff, so dass eine Diskussion über dieses Phänomen entstand. Die Community prägte daraufhin scherzhaft den Begriff „Baader-Meinhof-Effekt“, der sich im popkulturellen Sprachgebrauch etablierte, obwohl die Gruppe inhaltlich nichts mit dem Phänomen selbst zu tun hat. Der Begriff blieb als humorvoller Spitzname für den Effekt haften, obwohl die psychologisch korrektere Bezeichnung eigentlich „Frequenzillusion“ lautet.

Die Frequenz-Illusion ist letztlich das Ergebnis zweier psychologischer Phänomene, nämlich der selektiven Aufmerksamkeit (wir nehmen Dinge wahr, die uns auffallen, und lassen den Rest außer Acht) und der Bestätigungsvoreingenommenheit (wir suchen nach Dingen, die unsere Hypothesen stützen, und lassen potenzielle Gegenbeweise außer Acht), die auch zu den beiden Gruppenillusionen beitragen, und zwar durch die Vermittlung verschiedener sozialer Unterscheidungen zwischen „Wir“ und „Sie“ (die bestimmte Merkmale für uns auffällig machen).

Übrigens hat Arnold Zwicky, Linguist an der Universität Stanford und ehemaliger Autor von Language Log, diese Beobachtung 2006 in einem Beitrag zusammengefasst.

Siehe auch Confirmation bias.

Literatur

http://itre.cis.upenn.edu/~myl/languagelog/archives/002386.html (06-07-07)


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