*** Hier KLICKEN: Das BUCH dazu! *** Manche Experten glauben, dass Menschen sehr oft ihrem eigenen Denken lauschen und es manchmal als solches nicht erkennen, dass es sich um ihre innere Stimme handelt. Man schätzt, dass man etwa ein Viertel seiner Zeit mit lautlosen Diskussionen und Monologen im Kopf verbringt. Diese innere Stimme wird in der Entwicklung erst erlernt, was man an Kindern beobachten kann, die vor sich hinmurmeln und aussprechen, was sie gerade denken bzw. tun, und erst viel später ihre Gedanken verinnerlichen. Auch Erwachsene unter Stress regredieren häufig in diese kindliche Phase und sprechen plötzlich wieder laut aus, was sie als Nächstes tun wollen. Sprache dient nämlich nicht nur der Kommunikation, sie schult auch die eigene Wahrnehmung und das eigene Denken, denn wer mit sich selbst spricht, kommt bei komplexen Aufgaben leichter zu Ergebnissen. Es ist wichtig anzumerken, dass die innere Stimme nicht mit psychotischen Symptomen wie Halluzinationen oder wahnhafte Gedanken verwechselt werden sollte.
Die meisten Menschen haben eine innere Stimme und können diese von echten Stimmen unterscheiden, doch Menschen mit Schizophrenie fällt diese Unterscheidung oft schwer, denn sie hören die innere Stimme, als wäre sie eine echte Person. Manche Menschen wissen daher mit dem täglichen Stimmengewirr in ihrem Kopf nichts anzufangen, weil sie nicht genau wissen, welche Funktionen es hat, was davon normal ist und was vielleicht krankhaft sein könnte. Dieses Stimmenhören ist manchmal ein innerer Monolog, der mehr oder minder außer Kontrolle geraten kann und dann krankheitswertig wird.
Sprechen, und dazu gehört auch das innere Sprechen, ist Teil des menschlichen Selbst, denn dass man redet und über Sprache kommuniziert, unterscheidet Menschen ganz wesentlich von allen anderen Lebewesen. Wygotski hat belegt, dass sich äußeres und inneres Sprechen zusammen entwickeln, ein er hatte beobachtet, dass kleine Kinder fortlaufend Selbstgespräche führen, nachdem sie sprechen gelernt und die Phase des wortlosen Denkens hinter sich gelassen haben. Kinder sprechen dabei aus, was sie als Nächstes tun werden, bevor sie es tatsächlich tun, d. h., sie planen ihre Handlungen durch lautes Sprechen. Kinder üben durch diese Selbstgespräche häufig auch den sozialen Dialog, etwa wenn sie mit ihren Puppen oder Stofftieren reden, wobei diese zunächst noch lauten Selbstgespräche lautlos weitergeführt werden, wenn die Kinder älter sind und die Phase des Spracherwerbs hinter sich gelassen haben. Diese Selbstgespräche verschwinden nicht einfach, sondern Kinder erfahren und erlernen, dass man auch still mit sich und seinen Gedanken kommunizieren kann – nicht zuletzt durch das Modell der Erwachsenen -, sodass das äußere Gespräch allmählich zum inneren Dialog mit sich selbst wird.
So vielfältig die Formen des inneren Sprechens sind, so vielfältig sind auch seine Funktionen, denn so kann inneres Sprechen den Menschen helfen, Lerninhalte zu verinnerlichen, es kann motivieren, die eigenen Gefühle steuern, sich an Vergangenes zu erinnern oder die Phantasie beflügeln. Viele Menschen nutzen die in Worte gefassten Gedanken, um Abstand zu gewinnen, um sich in schwierigen Situationen zu orientieren und dann Entscheidungen treffen zu können. Inneres Sprechen hilft manchen, sich über seine eigenen Gefühle erst klarzuwerden.
Studien haben gezeigt, dass es gut für Menschen sein kann, in der dritten Person zu sich selbst zu sprechen, denn Selbstgespräche in der dritten Person helfen ihnen, besser mit den eigenen Emotionen zurechtzukommen. Man geht davon aus, dass Selbstgespräche in der dritten Person dazu führen, dass man über sich nachdenken kann wie über einen anderen Menschen, was sich sogar in der Gehirnaktivität nachweisen lässt. Wer mit sich selbst spricht, muss die Perspektive wechseln und kann von außen Probleme dann wie die eines Anderen betrachten und möglicherweise lösen, außerdem die Kontrolle über seine Gefühle behalten und so strukturierter handeln. Dadurch wirken Selbstgespräche in Krisensituationen auf Menschen beruhigend. Es wurde auch gezeigt, dass Selbstgespräche, in denen man über und zu sich selbst spricht, als sei man ein Fremder, noch besser wirken als Gespräche in der ersten Person. Die Gehirnaktivität in Gehirnarealen, die für Schmerzempfinden zuständig sind, sanken in Experimenten deutlich weiter ab, wenn Probanden zu sich selbst in der dritten statt in der ersten Person sprachen. Selbstgespräche sind demnach eine leicht verfügbare Möglichkeit, die eigenen Gefühle zu regulieren, wobei es wohl erforderlich ist, diese Form auch zu erlernen bzw. zu üben. Siehe auch Salomons Paradox.
Die Rekonstruktion der inneren Sprache aus der neuronalen Aktivität mit Hilfe von Gehirn-Computer-Schnittstellen ist für Menschen mit schweren Sprachproduktionsdefiziten bedeutsam. Während die Dekodierung von offener Sprache Fortschritte gemacht hat, war die Dekodierung von imaginierter Sprache bisher nur begrenzt erfolgreich, vor allem weil die zugehörigen neuronalen Signale im Vergleich zu gesprochenen Sprache schwach und variabel sind und daher von Lernalgorithmen nur schwer dekodiert werden können. Proix et al. (2022) haben Datensätze von Menschen erfasst, denen zur Beurteilung ihrer Epilepsie Elektroden implantiert worden waren und die Aufgaben zur Produktion von offener und imaginärer Sprache durchführen mussten. Die Probanden wurden dabei gebeten, Wörter zu sagen und diese sich dann vorzustellen. Auf der Grundlage neuerer Theorien zur neuronalen Sprachverarbeitung extrahierte man in diesem Experiment konsistente und spezifische neuronale Merkmale, die für künftige Gehirn-Computer-Schnittstellen verwendet werden können, etwa zur Unterscheidung von Sprachelementen in artikulatorischen, phonetischen und vokalischen Repräsentationsräumen. Es gelang dabei nachzuweisen, dass die tieffrequente Hirnaktivität sowie die Kopplung insbesondere der Beta- und Gammawellen offensichtlich wichtige Informationen für die Entschlüsselung von inneren Monologen enthalten. Zudem zeigte sich, dass der Temporalcortex eine wichtige Rolle bei gedachtem Artikulieren spielt. Hochfrequente Aktivität lieferte dabei das beste Signal für offene Sprache, während die nieder- und höherfrequente Leistung als auch die lokale Querfrequenz zur imaginären Sprachdekodierung beitrugen, insbesondere in phonetischen und vokalischen, d.h. perzeptiven Räumen. Diese Ergebnisse zeigen, dass die tieffrequente Leistung und die Querfrequenzdynamik Schlüsselinformationen für die Dekodierung imaginierter Sprache enthalten.
Auch in der Literatur gibt es das Selbstgespräch in Form des inneren Monologs, wobei die Gedanken und Gefühle des Protagonisten oder Erzählers ganz unmittelbar durch die Figur selbst in der Ich-Form wiedergegeben werden. Meist besteht der innere Monolog aus direkter Rede, die aber entweder nicht ausgesprochen oder von Außenstehenden nicht bemerkt wird. Im Unterschied zur Erzähltechnik des Bewusstseinsstroms spricht sich eine literarische Figur im inneren Monolog direkt an, fragt sich, macht sich Vorwürfe usw. Der Reiz des inneren Monologs besteht in der Paradoxie, dass die Leser erfahren, was die Figur nur zu sich selbst sagt und spricht in seiner preisgegebenen Intimität etwa dem veröffentlichten Tagebuch bzw. vermittelt die Perspektive eines Voyeurs. Arthur Schnitzler hat dieses Stilmittel in seiner Erzählung Fräulein Else verwendet, die konsequent als innerer Monolog gestaltet ist. Im Selbstgespräch gelangt Goethes Faust zur Einsicht, dass er trotz heißem Bemühen ja doch nur ein armer Tor sei, und Shakespeares Hamlet fragt sich selbst nach Sein oder Nichtsein. Und Franz Moor in Schillers Räubern seine perfide Intrige im Monolog. Man kann in diesen Monologen den Personen beim Denken zuschauen, wobei sich von Vers zu Vers ein Argument aus dem anderen ergibt, eine Ahnung sich zur Gewissheit verfestigt und am Ende glasklar erscheint, was zu Beginn noch zweifelhaft war.
Es gibt auch innere Bilder, wobei Tagträume und Kopfkino für viele Menschen selbstverständlich sind, denn die inneren Bilder entstehen wie von selbst, wenn die Gedanken schweifen oder das Gehirn Erinnerungen abruft. Doch es gibt auch Menschen, die keine inneren Bilder sehen (Aphantasie).
Tipp: Selbstgespräche können das Lernen unterstützen!
Literatur
Kross, E. & Grossmann, I. (2014). Exploring Solomon’s Paradox. Self-Distancing Eliminates the Self-Other Asymmetry in Wise Reasoning About Close Relationships in Younger and Older Adults. Psychological Science, 25, 1571-1580.
Kross, E., Bruehlman-Senecal, E., Park, J., Burson, A., Dougherty, A., Shablack, H., Bremner, R., Moser, J., & Ayduk, O. (2014). Self-talk as a regulatory mechanism: How you do it matters. Journal of Personality and Social Psychology, 106, 304-324.
Proix, Timothée, Delgado Saa, Jaime, Christen, Andy, Martin, Stephanie, Pasley, Brian N., Knight, Robert T., Tian, Xing, Poeppel, David, Doyle, Werner K., Devinsky, Orrin, Arnal, Luc H., Mégevand, Pierre & Giraud, Anne-Lise (2022. Imagined speech can be decoded from low- and cross-frequency intracranial EEG features. Nature Communications, 13, 48-61.
Stangl, W. (2017). Positive Selbstgesprächsregulation. Werner Stangls Texte zum Lernen.
WWW: http://lerntipps.lerntipp.at/positive-selbstgespraechsregulation/ (2017-08-30).
http://m.faz.net/aktuell/wissen/geist-soziales/selbstgespraeche-wortschwall-im-gehirn-15006540.html (17-05-11)
https://de.wikipedia.org/wiki/Innerer_Monolog (17-05-11)
https://www.suedkurier.de/ueberregional/panorama/Mein-eigenes-Radio-Wer-mit-sich-selbst-spricht-tut-seinem-Gehirn-etwas-Gutes;art409965,10052569 (19-02-16)