Der in der Psychologie als kognitive Wende bezeichnete Wechsel von behavioristischen zu kognitivistischen Lernansätzen fand in den sechziger Jahren statt, wobei Lernen als Bildung komplexer mentaler Modelle und Wissenstrukturen verstanden wird bzw. als interne Verarbeitungsprozesse von externen, objektiv vorhandenen Fakten (de Witt & Czerwionka, 2007).
Ab den 60er und 70er Jahren des 20. Jahrhunderts wurde der Behaviorismus zunehmend vom Kognitivismus als vorherrschendem Forschungsparadigma in der Psychologie abgelöst, wozu u. a. die Entwicklung des Digitalcomputers und seine übertriebene Verwendung als Modell für das menschliche Gehirn beitrug. Auch Erkenntnisse aus der Ethologie bei, denen zufolge die Vererbung doch einen größeren Erklärungswert für aktuelles Verhalten spielt, denn die Studien Harlows wiesen nach, dass reine Futterdressuren nicht auf sämtliche höheren Lebewesen übertragen werden können.
Auch die verheerende Rezension von Skinners Buch „Verbal Behavior“ durch Noam Chomsky, in dem Skinner den radikal-behavioristischen Ansatz auf das Sprechverhalten anwandte, steht für den damals aufkeimenden Zweifel an der Tragfähigkeit des Behaviorismus und die Wende zum Kognitivismus. Der Kognitivismus beschreibt in seiner einfachsten Form innerpsychische Vorgänge als Kette von internen Reizen und Reaktionen, ohne zu fordern, dass alle diese Vorgänge direkt beobachtbar sein müssen. Interessanterweise hatte es bereits während der Blütezeit des Behaviorismus unter seinen Anhängern Vertreter einer kognitiv orientierten Schule gegeben. Diese kognitiv-neobehavioristische Schule ist vor allem mit dem Namen Edward C. Tolman verbunden.
Angeregt wurde die kognitive Wende auch durch gesellschaftliche Bedingungen und vom Wunsch nach einem wissenschaftlichem Theorieansatz über das „Denken“, der den mittlerweile besser erforschten biologischen Bedingungen Rechnung trägt, dabei aber auch die Vorstellung vom Menschen als informationsverarbeitendem Organismus berücksichtigt. Mit der Entwicklung des Informationsverarbeitungsansatzes zwischen 1950 und 1960 waren einige wichtige Fortschritte der Computerwissenschaften eng verbunden, insbesondere im Gebiet Künstliche Intelligenz. Es bildete sich schnell ein entsprechendes gesellschaftliches Interesse an dieser neuen wissenschaftlichen Perspektive auf den menschlichen Verstand, an einer Erkenntniswissenschaft vom Erleben und Verhalten, die per Computer-Metapher funktionierte. Die Etablierung dieses neuen Menschenbildes kennzeichnet die Kognitive Wende insbesondere, da man von nun an auch „in die ‚Black Box‘“ schauen konnte und diese in die behavioristische Theorie integrieren konnte. Die Methodik der Kognitionspsychologen damals beschränkte sich häufig nur auf Experimente im Labor. Seit den 70er Jahren jedoch zeigt die Kognitive Psychologie größeres Interesse an Kognitionen in realen Situationen, an übergreifenden Theorien und an den Gehirnmechanismen, die der Kognition zu Grunde liegen. Spezielle bildgebende Verfahren helfen heute, die zu Grunde liegenden komplexen Hirnfunktionen besser zu verstehen.
Literatur
de Witt, C. & Czerwionka, T. (2007). Mediendidaktik. Bielefeld: Bertelsmann.