In der Psychologie bezeichnet der Begriff negative goal framing eine spezifische Art der Informationsvermittlung, bei der das Zielverhalten durch die Betonung negativer Konsequenzen bei Nichtbefolgung motiviert werden soll. Dabei werden Handlungsanreize nicht durch die Darstellung positiver Effekte des Zielverhaltens wie beim positive goal framing, sondern durch das Hervorheben von Verlusten, Nachteilen oder Risiken erzeugt, die bei Unterlassung der Handlung eintreten könnten. Dieses Konzept ist ein Teilbereich der Framing-Theorie, die untersucht, wie die Präsentation von Informationen die Wahrnehmung und Entscheidungsprozesse beeinflusst. Negative goal framing basiert auf der Annahme, dass Menschen besonders sensitiv auf potenzielle Verluste reagieren – ein Phänomen, das unter dem Begriff loss aversion in der Verhaltensökonomie beschrieben wird (Kahneman & Tversky, 1979). Die Theorie besagt, dass Verluste psychologisch stärker wiegen als gleichwertige Gewinne, was bedeutet, dass Individuen eher motiviert sind, eine Handlung auszuführen, wenn sie dadurch einen Verlust vermeiden, anstatt einen Gewinn zu erzielen. In der Kommunikation bedeutet dies, dass eine Botschaft, die die Risiken des Unterlassens hervorhebt (z. B. „Wenn Sie sich nicht impfen lassen, riskieren Sie eine schwere Erkrankung“), unter bestimmten Umständen wirksamer sein kann als eine positiv formulierte Alternative (z. B. „Wenn Sie sich impfen lassen, schützen Sie Ihre Gesundheit“).
Ein klassisches Beispiel für negative goal framing findet sich in der Gesundheitskommunikation, denn Meyerowitz und Chaiken (1987) zeigten in einer Studie, dass Frauen eher bereit waren, eine Brustkrebsfrüherkennung durchzuführen, wenn die Informationsbroschüre die potenziellen Nachteile und Gefahren des Unterlassens betonte (z. B. „Wenn Sie keine Mammographie durchführen lassen, könnten Sie eine frühe Krebserkrankung übersehen“), als wenn die Vorteile der Handlung hervorgehoben wurden. Ähnliche Effekte wurden auch in Bereichen wie Umweltverhalten, Sicherheitserziehung und Risikoprävention beobachtet. So kann die Formulierung „Wenn Sie den Sicherheitsgurt nicht anlegen, riskieren Sie schwere Verletzungen“ stärkere Verhaltensänderungen hervorrufen als eine positive Variante.
Allerdings ist die Wirksamkeit von negativem Goal Framing kontextabhängig, denn Studien weisen darauf hin, dass solche Botschaften vor allem dann effektiv sind, wenn das angesprochene Verhalten als riskant oder verlustvermeidend wahrgenommen wird, die Zielgruppe über ausreichendes Wissen verfügt und ein hohes Maß an persönlicher Relevanz gegeben ist (Rothman, Bartels, Wlaschin & Salovey, 2006). In anderen Fällen – etwa bei sehr bedrohlichen Inhalten oder geringem Kontrollgefühl – kann negative goal framing zu Angstvermeidung oder Reaktanz führen, was die beabsichtigte Verhaltensänderung behindert. Deshalb wird empfohlen, negative Framing-Strategien mit Vorsicht und unter Berücksichtigung der Zielgruppencharakteristika einzusetzen, denn deren Effektivität hängt stark vom situativen Kontext, den individuellen Dispositionen und der Art des Zielverhaltens ab.
Literatur
Kahneman, D. & Tversky, A. (1979). Prospect theory: An analysis of decision under risk. Econometrica, 47, 263–291.
Meyerowitz, B. E. & Chaiken, S. (1987). The effect of message framing on breast self-examination attitudes, intentions, and behavior. Journal of Personality and Social Psychology, 52, 500–510.
Rothman, A. J., Bartels, R. D., Wlaschin, J. & Salovey, P. (2006). The strategic use of gain- and loss-framed messages to promote healthy behavior: How theory can inform practice. Journal of Communication, 56, 202–220.