Warm-Glow-Effekt

Das Warm-Glow-Phänomen bzw. der Warm-Glow-Effekt beschreibt das angenehme, positive Gefühl, das Menschen oft empfinden, wenn sie anderen helfen oder Gutes tun. Es ist ein psychologisches Konzept, das eng mit Altruismus und prosozialem Verhalten verbunden ist. Obwohl es auf den ersten Blick so wirken kann, als ob Menschen rein aus Selbstlosigkeit anderen helfen, deutet das Warm-Glow darauf hin, dass auch ein persönlicher emotionaler Nutzen eine Rolle spielt. US-Forscher haben festgestellt, dass freiwilliges Spenden für einen guten Zweck glücklich machen können, genauso glücklich wie Geldgewinn. 19 Studentinnen bekamen je 100 Dollar. Gleichzeitig wurde ihnen erklärt, dass sie einen fixen Teil – 45 Dollar – an Abgaben für eine Stiftung von sozial Schwachen leisten müssten. Die Wissenschaftler untersuchten daraufhin die Gehirnaktivität der Studentinnen. Beim Spenden wurden die gleichen Hirnareale aktiviert wie beim unerwarteten Geldgeschenk. Die Untersuchung zeigte, dass beim Spenden sowohl der reine Altruismus als auch der Warm-Glow-Effekt eine Rolle spielt. Man schließt aus diesen Ergebnissen, dass es tatsächlich echten Altruismus gibt – also jenen Mechanismus, der Menschen dazu bringt, auf Vorteile zu verzichten, ohne dafür eine konkrete Belohnung zu erwarten. Spenden und soziales Engagement machen somit generell Freude und führen offensichtlich zu mehr Lebenszufriedenheit (Stangl, 2003). Die psychologischen Ursachen hinter dem Warm-Glow – ursprünglich ein Begriff aus der Verhaltensökonomie – lassen sich durch verschiedene Theorien erklären:

1. Selbstbestätigung und positive Selbstwahrnehmung

Menschen, die Gutes tun, können sich dadurch als moralisch oder tugendhaft wahrnehmen. Diese positive Selbstwahrnehmung führt zu einem Gefühl von Zufriedenheit und Stolz. Es ist eine Art der Selbstbestätigung, bei der die eigene Identität als „guter Mensch“ gestärkt wird. Die positiven Emotionen, die dabei entstehen, werden als „Warm-Glow“ erlebt.

2. Empathie und Mitgefühl

Ein weiteres Element, das das Warm-Glow antreibt, ist Empathie. Wenn Menschen anderen helfen, empfinden sie häufig Mitgefühl für die Bedürfnisse oder das Leiden der anderen. Diese Empathie kann zu einem angenehmen Gefühl führen, insbesondere wenn man sieht, dass das eigene Handeln eine positive Wirkung hat und das Wohl des anderen fördert. Es ist eine Mischung aus emotionaler Resonanz und dem Verlangen, das Leiden anderer zu lindern.

3. Erwartung von sozialer Anerkennung und Rückmeldung

Menschen neigen dazu, Hilfe zu leisten, auch wenn sie nicht immer eine direkte Belohnung erwarten. Dennoch kann das Wissen um die potenzielle soziale Anerkennung oder das positive Feedback von anderen eine Rolle spielen. Ein Gefühl von sozialer Bestätigung, das mit positiven Rückmeldungen von anderen verbunden ist, verstärkt das Warm-Glow.

4. Evolutionäre Erklärungen

Aus einer evolutionären Perspektive könnte das Warm-Glow-Phänomen ein Überbleibsel aus der Entwicklung des menschlichen Sozialverhaltens sein. Altruismus und Kooperation waren für das Überleben von Gemeinschaften wichtig, und die positiven Emotionen, die durch prosoziales Verhalten entstehen, könnten das Verhalten verstärken und fördern. Das Gefühl des Warm-Glow könnte eine „Belohnung“ für altruistisches Verhalten sein, die dazu beiträgt, das prosoziale Verhalten zu wiederholen.

5. Furcht vor kognitiver Dissonanz

Wenn jemand hilft, um den eigenen moralischen Standards zu entsprechen, oder um zu vermeiden, als unbeteiligt oder egoistisch wahrgenommen zu werden, kann das Warm-Glow auch ein Mechanismus zur Reduktion von kognitiver Dissonanz sein. Das hilft dabei, das innere Gleichgewicht aufrechtzuerhalten und ein gutes Gewissen zu bewahren.

6. Psychologische Belohnung durch eigene Handlungen

Das Gefühl des Warm-Glow kann auch einfach eine Form von psychologischer Belohnung sein, die durch die eigene Handlung ausgelöst wird. Das menschliche Gehirn ist darauf programmiert, positive Gefühle mit Handlungen zu verknüpfen, die als nützlich oder sozial förderlich wahrgenommen werden. Gutes zu tun kann also auch durch das Belohnungssystem im Gehirn, ähnlich wie bei anderen positiven Erfahrungen, einen angenehmen Effekt erzeugen.

7. Kultur und soziale Normen

In vielen Kulturen gibt es darüber hinaus starke soziale Normen, die prosoziales Verhalten fördern und als moralisch oder ethisch richtig ansehen. Wenn Menschen diesen Normen folgen und etwas Gutes tun, erfahren sie ein Gefühl der Bestätigung und Zugehörigkeit zu ihrer Gemeinschaft oder Kultur, was auch das Warm-Glow verstärken kann.

Letztlich entsteht das Warm-Glow-Gefühl durch eine Kombination aus Selbstwahrnehmung, Empathie, sozialer Anerkennung, evolutionären Mechanismen und psychologischen Belohnungen, also um eine Mischung aus emotionalem und kognitivem Nutzen, die das prosoziale Verhalten des Individuums verstärkt und als angenehm empfunden wird.

Literatur

Bianchi, R. T., Cova, F. & Tieffenbach, E. (2023). Is the warm glow actually warm? An experimental investigation into the nature of determinants of warm glow feelings. International Journal of Wellbeing, 13, 1-23.
Nunes, P. A. L. D. & Schokkaert, E. (2003). Identifying the warm glow effect in contingent valuation. Journal of Environmental Economics and Management, 45, 231–245.
Stangl, W. (2003, 18. Dezember). Die Entwicklung von Emotionen. [werner stangl]s arbeitsblätter.
https://arbeitsblaetter.stangl-taller.at/EMOTION/EmotionEntwicklung.shtml

 


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