Der Terminus „Pop-Psychologie„, auch Populärpsychologie oder Alltagspsychologie, bezeichnet die Simplifikation oder Popularisierung psychologischer Theorien und Konzepte, welche in den Medien, Selbsthilfebüchern, Podcasts oder auf Social-Media-Plattformen dargeboten werden. Die Pop-Psychologie erklärt Konzepte und Theorien, die nicht unbedingt akademischen Kriterien entsprechen, sondern vielmehr auf alltägliche Beobachtungen des menschlichen Verhaltens basieren. Vielfach handelt es sich um stark vereinfachte, missverstandene oder falsche Erklärungen, die nicht auf Expertenwissen basieren. Die Intention des Genres der Pop-Psychologie besteht in der Vermittlung komplexer wissenschaftlicher Erkenntnisse in einer leicht verständlichen und für ein breites Publikum zugänglichen Form. Pop-Psychologie findet sich oft in Selbsthilfebüchern, Magazinen, Social-Media-Beiträgen oder TV-Shows und zielt darauf ab, psychologisches Wissen für ein breites Publikum verständlich und zugänglich zu machen. Merkmale der Pop-Psychologie sind
- Vereinfachung komplexer Themen – Wissenschaftliche Theorien werden oft stark reduziert oder verkürzt dargestellt.
- Alltagstaugliche Tipps – Praktische Ratschläge für persönliche Entwicklung, Beziehungen, Erfolg oder Glück.
- Emotionaler oder motivierender Ton – Oft mit positiven Botschaften, die leicht verständlich und inspirierend sind.
- Fehlende wissenschaftliche Fundierung – Manche Aussagen basieren auf Anekdoten oder Mythen statt auf empirischer Forschung.
- Breite Verbreitung – Inhalte erscheinen in Blogs, Podcasts, YouTube-Videos oder als „Life-Coach“-Angebote.
Pop-Psychologie zielt häufig darauf ab, psychologische Phänomene so aufzubereiten, dass sie für den Alltag oder für den persönlichen Gebrauch leicht anwendbar erscheinen. Allerdings birgt diese Darstellungsform das Risiko, dass die bereitgestellten Informationen nicht durchgängig vollständig, exakt oder hinreichend wissenschaftlich fundiert sind. In einigen Fällen werden psychologische Konzepte aus ihrem ursprünglichen Kontext herausgelöst und in stark vereinfachter Form präsentiert, um sie für die Rezipienten attraktiver und leichter konsumierbar zu machen.
Ein wesentliches Charakteristikum der Pop-Psychologie ist ihr Fokus auf die unmittelbare Anwendbarkeit sowie die Bereitstellung schneller Lösungen für komplexe psychologische Fragestellungen. In diesem Kontext sind insbesondere Selbsthilferatgeber zu nennen, die auf Basis vermeintlich einfacher Techniken oder Theorien eine Verbesserung des eigenen Lebens anstreben. Des Weiteren werden auch sogenannte psychologische „Tricks“ als schnelle Lösungen für komplexe Probleme wie Stressbewältigung, Beziehungsgestaltung oder persönliches Wachstum angepriesen, obschon diese Ratschläge in der Regel auf allgemeinen Beobachtungen statt auf fundierten wissenschaftlichen Erkenntnissen basieren.
Die Popularität der Pop-Psychologie lässt sich durch das Bedürfnis vieler Menschen erklären, unkomplizierte Antworten auf psychologische Fragestellungen zu erhalten. Allerdings birgt diese Vereinfachung das Risiko, dass wesentliche Kontextinformationen und Nuancen unberücksichtigt bleiben, was die Gefahr von Fehlinterpretationen und einer unangemessenen Anwendung psychologischer Konzepte erhöht. Daher ist es von entscheidender Bedeutung, Pop-Psychologie einer kritischen Betrachtung zu unterziehen und sich stets auf die zugrunde liegenden wissenschaftlichen Erkenntnisse zu beziehen.
Urbane Mythen im Bereich der Psychologie nähren zahlreiche Posts, die über soziale Netzwerke verbreitet werden. Sie zieren nicht nur Tassen und T-Shirts, sondern auch viele Bücher: “Positive Menschen verändern die Welt”, “Wenn du etwas unbedingt willst, wird das Leben es dir schließlich geben”, “Mit einem Lächeln und Willenskraft kannst du alles erreichen”.
Weitere Beispiele für Pop-Psychologie:
- „Denke positiv, und dein Leben wird sich ändern.“
- „Introvertierte sind intelligenter als Extrovertierte.“
- „Du brauchst 10.000 Stunden, um ein Experte zu werden.“ (Malcolm Gladwells populäre, aber oft kritisierte Interpretation einer Forschung von Anders Ericsson)
- Persönlichkeitstests wie der MBTI (Myers-Briggs-Typenindikator), der in der Wissenschaft umstritten ist.
Es ist zu konstatieren, dass in manchen Kontexten eine Tendenz besteht, fundierte wissenschaftliche Forschung zu ignorieren oder zu verzerren. Persönliche Vorurteile, ideologische Überzeugungen sowie kurzfristige Interessen werden stattdessen häufig in den Vordergrund gestellt, anstatt sich ernsthaft mit den Erkenntnissen der Wissenschaft auseinanderzusetzen. Dies kann fatale Konsequenzen nach sich ziehen, da sich die Betroffenen bei ihren Entscheidungen nicht auf solide empirische Grundlagen stützen.
Daher ist es von essenzieller Bedeutung, dass wir uns als Gesellschaft dafür einsetzen, den Wert und die Autorität wissenschaftlicher Erkenntnisse anzuerkennen und deren Bedeutung für eine informierte und verantwortungsbewusste Entscheidungsfindung zu betonen. Nur so kann gewährleistet werden, dass politische, wirtschaftliche und soziale Entwicklungen den Bedürfnissen und Realitäten der heutigen Zeit tatsächlich Rechnung tragen. Die Ignoranz oder Verzerrung fundierter Forschung muss daher entschieden entgegengewirkt werden, um den gesellschaftlichen Fortschritt zu gewährleisten.
So hat sich vor allem in sozialen Medien, etwa auf TikTok, die Pop-Psychologie etabliert. Man bedient sich am psychologischen Jargon, ohne die wirkliche Bedeutung hinter den Begriffen zu kennen. Besonders oft (falsch) besprochen werden dabei folgende Begriffe:
Trigger: Der Begriff «Trigger» kommt aus dem Englischen und bedeutet «Auslöser». Wenn man «getriggert» wird, bedeutet das, dass ein Wort oder ein Bild eine Erinnerung an traumatische Erlebnisse auslösen kann. Opfer von sexueller Gewalt zum Beispiel werden oftmals von Sex-Szenen in Filmen getriggert. Heute wird der Begriff jedoch meist falsch benutzt. Der Satz «Das hat mich getriggert» wird oft in Situationen verwendet, in denen man eigentlich meint: «Das hat mich aufgeregt.» Dadurch verliert das Wort «Trigger» für Menschen, die tatsächlich unter traumatischen Erlebnissen leiden, an Bedeutung und sie fühlen sich nicht ernst genommen.
Trauma: Wenn ein Mensch ein Trauma erlebt, befindet er sich in einer psychischen Ausnahmesituation. Ausgelöst werden Traumata etwa durch Gewalttaten, Kriege oder Naturkatastrophen. Die Ereignisse sind dabei so überwältigend, dass sie eine Bedrohung für das Leben des Betroffenen darstellen. Auch hier wird der Begriff «Trauma» oftmals zu einfach verwendet.
Toxisch: Auf TikTok wird momentan jede Beziehung, die nicht in voller Harmonie geendet hat, als toxisch bezeichnet. Doch nicht jeder Streit macht eine Beziehung gleich ungesund. Als toxische Beziehungen werden Partnerschaften bezeichnet, die von unterschwelligen Formen der Gewalt geprägt sind. Dazu gehören etwa Manipulation, gegenseitige Demütigung, Kontrollsucht oder Drohungen.
Gaslighting: Der Begriff «Gaslighting» bezeichnet eine Art von psychischer Gewalt, bei der die Opfer so stark mit Worten manipuliert werden, dass sie anfangen, an ihrem eigenen Verstand zu zweifeln. Beispiel: Bei einem Streit wird immer wieder gesagt: «Das bildest du dir nur ein, sowas habe ich nie gesagt.» Bei wiederholtem «Gaslighting» beginnt das Opfer sich selbst zu hinterfragen und traut sich selbst nicht mehr.
Anxiety: Der Begriff «Anxiety» kommt aus dem Englischen und wird für die generalisierte Angststörung verwendet. Viele Menschen benutzen den Begriff aber unterdessen in jeder Situation, in der sie Unwohlsein oder Angst verspüren. Eine Angststörung ist jedoch mehr als das. Betroffene erleben ausgeprägte Angst und auch körperliche Symptome, die so stark sein können, dass sie das alltägliche Leben beeinträchtigen.
Love Bombing: Love Bombing ist eine manipulative Taktik, bei der das Opfer mit Aufmerksamkeit, Geschenken, Komplimenten und Versprechen überschüttet wird. Dies geschieht meist in der Anfangsphase einer Beziehung. Wenn sich das Opfer dann an diese «Liebe» gewöhnt hat, wird diese dann plötzlich und ohne verständlichen Grund entzogen. So wird das Opfer emotional missbraucht.
Narzissmus: Menschen, die an einer narzisstischen Persönlichkeitsstörung leiden, überschätzen ihre Fähigkeiten und prahlen von ihren Erfolgen. Sie denken, sie seien überlegen, einzigartig oder besonders. Wie jede andere Persönlichkeitsstörung ist Narzissmus jedoch auch eine Krankheit, und Betroffene und ihr Umfeld leiden darunter. Eine solche Störung muss von einem Arzt oder einer Psychiaterin diagnostiziert werden und kann nicht anhand von Merkmalen online bestimmt werden.
Hinweis: Bei diesem Phänomen bzw. Begriff handelt es sich um ein populärwissenschaftliches Konstrukt, das in Diskussionen, Lifestyle-Magazinen oder in der Ratgeberliteratur herumgeistert, also um keinen genuin wissenschaftlich-psychologisches Fachbegriff. Solche Begriffe werden aber dann hier aufgenommen, wenn sie Beziehungen zu klassischen psychologischen Phänomenen aufweisen bzw. eine gewisse Verbreitung gefunden haben.
Literatur
Stangl, W. (2024, 22. November). Gehirn, Gefühle und Emotionen. [werner stangl]s arbeitsblätter.
https://arbeitsblaetter.stangl-taller.at/GEHIRN/GehirnEmotion.shtml
https://gedankenwelt.de/pop-psychologie-ein-gefaehrlicher-trend/ (21-12-15)
https://www.watson.ch/leben/tiktok/771625388-pop-psychologie-erobert-tiktok-und-macht-uns-alle-zu-narzissten (24-01-23)