Kontralateralität bezieht sich auf eine spezielle Form der Anordnung oder Funktion in biologischen Systemen, insbesondere im Nervensystem, wobei dieses Konzept der Kontralateralität bedeutet, dass eine Seite des Körpers oder Organs von der jeweils gegenüberliegenden Seite des Gehirns oder Nervensystems gesteuert oder beeinflusst wird. So kreuzen sich im menschlichen Gehirn viele Nervenbahnen, was bedeutet, dass die rechte Gehirnhälfte die linke Körperseite und die linke Gehirnhälfte die rechte Körperseite kontrolliert. Ein Beispiel ist der motorische Cortex, der für Bewegungen zuständig ist, wobei eine Verletzung im linken motorischen Kortex zu Lähmungen oder Beeinträchtigungen auf der rechten Körperseite führen kann und umgekehrt.
Auch die sensorischen Informationen, wie Berührungs-, Schmerz- und Temperaturempfindungen, werden häufig kontralateral verarbeitet, d. h., wenn man zum Beispiel etwas mit der rechten Hand fühlt, werden die entsprechenden sensorischen Signale zur linken Gehirnhälfte geleitet. Auch im visuellen System kreuzen sich die Sehnerven teilweise im sogenannten Chiasma opticum, was dazu führt, dass die linke Gehirnhälfte Informationen aus dem rechten Gesichtsfeld beider Augen und die rechte Gehirnhälfte Informationen aus dem linken Gesichtsfeld beider Augen verarbeitet. Kontralateralität ist ein grundlegendes Konzept in der Neurowissenschaft und der Medizin, das hilft zu verstehen, wie das Gehirn und der Körper miteinander kommunizieren und funktionieren.
Eine Drehung entlang der Körperachse findet sich in der gesamten Verwandtschaftsgruppe der Wirbeltiere und muss daher sehr früh entstanden sein, noch vor der kambrischen Explosion vor 500 Millionen Jahren, als die heute bekannten Tiergruppen entstanden. Man kann spekulieren, dass ein früher Vorfahre schwimmende Larven hatte, die sich am Boden festklammerten und sich von dem ernährten, was von oben herunterfiel, und die sich, um das Fressen zu erleichtern, um 90 Grad nach links drehten, was zu einem evolutionären Vorteil der asymmetrischen Entwicklung und schließlich zur axialen Rotation führte. Diese Drehung könnte es dem Tier ermöglicht haben, sich wie eine Flunder auf dem Meeresgrund zu verstecken. Allerdings wäre bei einer einfachen Drehung die bilateral-symmetrische Anordnung der Organe verloren gegangen, bei der die Augen links und rechts am Kopf sitzen und die Flossen rechts und links am Körper entspringen. Um diese Symmetrie wiederherzustellen, haben sich im Laufe der Evolution einzelne Körperteile verschoben, teils gegen den Uhrzeigersinn, teils im Uhrzeigersinn. So bewegten sich Augen, Nasenlöcher und Vorderhirn in Richtung der ursprünglichen Drehung, weiter schwanzwärts gelegene Hirn- und Körperregionen genau entgegengesetzt. So entstanden zum Teil Kreuzungen der Nervenbahnen zwischen den Körperregionen, z.B. das optische Chiasma.
In Übereinstimmung mit der Theorie der axialen Rotation konnte übrigens gezeigt werden, dass die Kontralateralisation wahrscheinlich ein Nebenprodukt der gegenläufigen Rotation entlang der Körperachse ist, ohne einen eigenen evolutionären Vorteil. Das bedeutet, dass die Kontralateralität bis heute erhalten geblieben ist, weil der Entwicklungsprozess von Wirbeltierembryonen so kompliziert und fein abgestimmt ist. Es gibt zahlreiche Entwicklungsstörungen, die wahrscheinlich auf Fehler in der axialen Drehung zurückzuführen sind, denn sie führen immer zu schweren Behinderungen, zum Beispiel zu massiven Fehlbildungen des Herzens oder sogar zu lebensunfähigen Embryonen.
Literatur
de Lussanet, Marc H. E. (2019). Opposite asymmetries of face and trunk and of kissing and hugging, as predicted by the axial twist hypothesis. Peer, doi:10.7717/peerj.7096.
https://www.uni-muenster.de/news/view.php?cmdid=14052 (24-05-29)