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Empörung

    Empörung – auch Indignation – ist aus der Sicht der Pychologie eine komplexe emotionale Reaktion, die oft mit Unzufriedenheit, Ärger oder Enttäuschung verbunden ist. Ein Aspekte der Empörung ist daher eine emotionale Reaktion auf eine als ungerecht oder beleidigend wahrgenommene Situation, die von einer Vielzahl von Faktoren beeinflusst werden kann, darunter persönliche Werte, moralische Überzeugungen und soziale Normen. Zusätzlich enthält die Empörung oft eine kognitive Bewertung einer Situation, denn Menschen neigen dazu, Ereignisse basierend auf ihren eigenen Erwartungen und Standards zu bewerten, und wenn für sie etwas als unangemessen oder unfair bewertet wird, kann dies Empörung auslösen. Die soziale Umgebung ist insofern bedeutsam, da bei der Entstehung von Empörung spielen soziale Normen und Erwartungen einer Gesellschaft eine Rolle spielen. Ein weiterer wichtiger Faktor ist die Selbstregulation, denn Empörung kann dazu führen, dass Menschen ihre Handlungen überdenken und ihre Emotionen regulieren, doch variiert die Fähigkeit zur Selbstregulation von Person zu Person. Menschen könnten sich schließlich aufgrund von Empörung dazu motiviert fühlen, sich für Gerechtigkeit einzusetzen oder Maßnahmen zu ergreifen, um die wahrgenommene Ungerechtigkeit zu korrigieren.

    Empörung entsteht meist dann, wenn Menschen das Verhalten anderer als Verstoß gegen soziale Regeln wahrnehmen, wenn also jemand vermeintlich klare Grenzen überschreitet, wobei es keine Rolle spielt, ob diese Grenzen die eigenen sind, denn der Beobachter einer Situation muss nicht von ihr betroffen sein, damit sie bei ihm Empörung auslöst. Mitgefühl und Empathie spielen bei der Empörung oft eine wichtige Rolle, wobei Empörung grundsätzlich eine gesunde, für das soziale Zusammenleben der Menschen geradezu überlebenswichtige Emotion ist, da sie ursprünglich für Gruppen von 50 bis maximal 200 Personen geschaffen wurde und dafür sorgte, dass Verstöße gegen soziale Normen geahndet wurden. Früher ging man von einer kathartischen Wirkung der Empörung aus, heute weiß man, dass man durch das Ausleben der Empörung zwar Druck ablassen kann, was sich gut anfühlt, aber diese Befriedigung hat gerade beim Gefühl der Empörung auch eine negative Seite, denn wenn man sich sehr häufig empört, wird das System einfach überlastet und das Gefühl kann sich verselbstständigen. Nach und nach entsteht ein Gefühlsstrudel, gegen den der Verstand irgendwann nicht mehr ankommt. Wird dieses Gefühlsmuster immer wieder ausgelöst, kann sich irgendwann sogar ein Belohnungseffekt einstellen, d.h. man kann süchtig nach Empörung werden.

    Moralische Empörung prägt dabei grundlegende Aspekte des sozialen Lebens und ist heute in sozialen Online-Netzwerken weit verbreitet. Brady et al. (2021) haben gezeigt, wie soziale Lernprozesse die Ausdrucksformen moralischer Empörung im Internet im Laufe der Zeit verstärken. In zwei vorregistrierten Beobachtungsstudien auf Twitter (7331 Nutzer und 12,7 Millionen Tweets insgesamt) und zwei vorregistrierten Verhaltensexperimenten (N = 240) stellen sie fest, dass positives soziales Feedback für Empörungsäußerungen die Wahrscheinlichkeit zukünftiger Empörungsäußerungen erhöht, was mit den Prinzipien des Verstärkungslernens übereinstimmt. Die Anreize in sozialen Medien verändern offenbar den Ton politischer Konversationen online, wobei manche NutzerInnen aufgrund des grundlegenden Designs sozialer Medien immer größere Entrüstung zu lernen scheinen. Darüber hinaus passen die NutzerInnen ihre Empörungsäußerungen an die Ausdrucksnormen ihrer sozialen Netzwerke an, was darauf hindeutet, dass das Lernen von Normen auch die Online-Empörungsäußerungen steuert. Menschen mit politisch moderaten Freunden reagieren dabei stärker auf Feedback, was ihre Ausdrücke der Entrüstung verstärkt, sodass man einen Mechanismus vermutet, der moderate Gruppen mit der Zeit radikalisiert, wobei die Belohnungen in den sozialen Medien Feedback-Schleifen erzeugen, die die Empörung verstärken. In ideologisch extremen Netzwerken, in denen Empörungsäußerungen häufiger vorkommen, reagieren die NutzerInnen weniger empfindlich auf soziales Feedback, wenn sie entscheiden, ob sie ihre Empörung zum Ausdruck bringen oder nicht. Da moralische Empörung eine entscheidende Rolle im sozialen und politischen Wandel spielt, sollte man sich angesichts dieser Ergebnisse bewusst sein, dass Technologieunternehmen durch die Gestaltung ihrer Plattformen (etwa mit Likes oder einfachen Retweets) den Erfolg oder Misserfolg kollektiver Bewegungen beeinflussen können.

    Literatur

    Brady, W.J., McLoughlin, K., Doan, T.N., & Crockett, M.J. (2021). How social learning amplifies moral outrage expression in online social networks. Science Advances, 7,doi:10.1126/sciadv.abe5641.
    Stangl, W. (2024, 5. März). Verstärkungsmechanismen in den sozialen Medien. was stangl bemerkt ….
    https:// bemerkt.stangl-taller.at/verstaerkungsmechanismen-in-den-sozialen-medien.


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