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Alptraum – Albtraum

    In der Psychologie bezeichnet man als Alptraum bzw. Albtraum (neue Rechtschreibung) einen Traum, aus dem die Betroffenen erwachen und an die sie sich sehr detailliert und lebhaft erinnern, wobei es in diesen Träumen meist um Themen wie Bedrohung des eigenen Lebens, der persönlichen Sicherheit oder der Selbstachtung geht. Nach dem Aufwachen erleben diese Menschen Furcht oder Angst, die oft auch mit körperlichen Reaktionen wie Herzrasen einhergehen. Alpträume wirken daher sich nicht nur negativ auf den Schlaf und das Ausmaß der Erholung aus, sondern können auch zu einer deutlichen Belastung in anderen Lebensbereichen führen, etwa depressive Verstimmungen, Angst und ein erhöhtes Stressempfinden auslösen, sodass die Betroffenen aus diesem Grund häufig starke Angst vor dem Einschlafen entwickeln.

    In den REM-Phasen ist vor allem das limbische System aktiv, also jener Bereich. der für die menschlichen Emotionen zuständig ist, während im Tiefschlaf das Gehirn eher entspannt und ruhig ist. Träumen ist grundsätzlich ein subjektives Erleben beim Schlafen und ist keinesfalls zufällig, denn im Traum tauchen Erlebnisse und Empfindungen auf, die die Menschen auch im Wachzustand beschäftigt haben. Träume dienen übrigens nicht nur der Verarbeitung von Erlebtem, sondern liefern in manchen Fällen kreative Lösungsansätze für Probleme, die Menschen mit sich herumtragen. Selbst Traumbilder, die im ersten Moment unrealistisch erscheinen, können eine Bedeutung haben.

    Etwa fünf Prozent aller Menschen leiden regelmäßig unter Alpträumen und haben diese meist über Jahre, gehören damit zu den weit verbreiteten Schlafstörungen. d. h., sie träumen mindestens sechs Monate lang mindestens einmal die Woche so schlecht, dass sie davon aufwachen und körperliche Folgen wie Herzklopfen, Zittern oder Übelkeit spüren. Alpträume können dabei stark variieren oder auch sich allnächtlich wiederholen. In solchen Albträumen ist häufig das eigene Leben oder das Leben nahestehender Personen bedroht, wobei die Betroffenen das Gefühl haben, ausgeliefert zu sein und sich nicht wehren zu können.

    Ausgelöst werden Albträume zum Beispiel durch traumatische Erlebnisse, eine psychische Krankheit oder auch extremem Stress. Man vermutet, dass die Betroffenen dazu neigen, negative Gefühle zu unterdrücken, doch je mehr man etwas Unangenehmes unterdrückt, desto stärker kommt es wieder in die Gedanken, notfalls eben im Traum. Kehren Albträume immer wieder, geht man davon aus, dass sich die zugrundeliegende Geschichte als Skript im Gedächtnis festgesetzt hat, d. h., der Albtraum hat ein Eigenleben entwickelt und sich von der Verarbeitung von Erlebtem entkoppelt.

    Man unterschiedet bei der Behandlung zwei Therapieansätze: Konfrontation und Umdeutung. Neuere Untersuchungen deuten darauf hin, dass der zweite Behandlungsansatz schneller zu Ergebnissen führt, wobei der negative Inhalt des Traums in der Vorstellung positiv umgeschrieben wird. Die Betroffenen müssen den Traum aufschreiben und dann so verändern, dass er nicht mehr belastend ist. Sie müssen die zweite Geschichte dabei täglich imaginieren und so lange die neuen Gedächtnispfade einüben, bis das Gehirn die neue Version automatisch abspult. Die Häufigkeit von Albträumen nimmt nach einer gezielten Therapie innerhalb von vier Wochen deutlich ab und dieser Erfolg bleibt auch in den darauffolgenden drei Monaten stabil, während  sich das Ausmaß von Angst, Depression, Stress und Anspannung nachweisbar verringerte.

    Albträume kommen übrigens bei zehn bis fünfzig Prozent aller Kinder vor. Studienergebnisse zeigen, dass Kinder häufig von Tieren träumen, weil diese in den erzählten oder gelesenen Geschichten auftauchen oder als Kuschel- oder Haustiere in der Lebenswirklichkeit der Kinder eine Rolle spielen. Kinder haben wohl auch deshalb häufiger Alpträume als Erwachsene, da ihre Fähigkeit, sich mit Ängsten auseinanderzusetzen, noch nicht ausgeprägt ist, denn die Verarbeitung von Bedrohungen und Ängsten lernen Kinder erst im Laufe ihrer Entwicklung, wodurch die Zahl der Alpträume mit dem Alter deutlich zurück geht. Nicht mit einem Albtraum verwechseln sollte man ein Phänomen, das sich für den Beobachter ähnlich äußert, dem Pavor nocturnus oder der Nachtangst. Ein Kind schreckt dabei aus dem Schlaf hoch, meist relativ bald, nachdem es eingeschlafen ist, leidet unter extremer Angst, schreit manchmal, hat die Augen weit aufgerissen und läuft auch manchmal in der Wohnung herum. Es ist dabei nicht vollständig wach und sollte in diesem Zustand auch nicht aufgeweckt werden. Ein Kennzeichen ist, dass sich das Kind am nächsten Morgen meist an nichts erinnert. Eltern sollten dem Kind ruhig zureden und es sanft ins Bett zurückführen. Vermeiden lässt sich die Nachtangst oft, wenn das Kind in einer ruhigen Atmosphäre schlafen geht, vielleicht mit einer beruhigenden Gute-Nacht-Geschichte.

    Albträume sind psychotherapeutisch mit der an der Verhaltenstherapie orientierten „Imagery Rehearsal Therapy“ (IRT; Moore & Krakow, 2007), einem in den Vereinigten Staaten seit vielen Jahren bei traumatisierten Soldaten erfolgreich eingesetztem Verfahren,  effektiv behandelbar, wobei schon nach ein bis drei Therapiestunden auch Betroffenen geholfen werden kann, die schon seit vielen Jahren unter Albträumen litten. Selbst bei KlientInnen, die acht bis zehn Albträume in der Woche erleben, lässt sich diese Zahl mit der Therapie deutlich reduzieren. Allerdings werden in dieser Form der Verhaltenstherapie lediglich die Symptome behandelt, sodass die möglichen psychische Ursachen, die Auslöser der Albträume sind, in einer eigenen Psychotherapie behandelt werden müssen. Bei der „Imagery Rehearsal Therapy“ lernen Betroffene, ihre Albträume bewusst zu verändern. In acht wöchentlichen Sitzungen wird der Albtraum analysiert, welche Elemente im Traum es sind, die Angst erzeugen, und überlegt sich für diese harmlose Alternativen. Etwa zwanzig Minuten lang muss der neue Traum dann täglich vor dem Einschlafen visualisiert werden.

    Psychologen der Universität Düsseldorf haben ein Internetangebot entwickelt, das Menschen mit häufigen Albträumen helfen soll, wobei der „Der Albtraumcoach“ gleichzeitig ein Forschungsprojekt darstellt. Bei dem Projekt des Instituts für experimentelle Psychologie soll ermittelt werden, wie wirksam computergestützte Selbsthilfeprogramme für die Behandlung von Menschen mit Albträumen sein können. Die Zielgruppe sind Menschen, die Hilfe brauchen, aber keine ambulante Therapie beginnen wollen. Zu Beginn des Programms, das aus acht Sitzungen besteht, notieren Teilnehmer ihre Albträume in einem Online-Tagebuch. Die Betroffenen entwickeln daraus dann eine neue Version ihres Albtraums, die ihnen weniger oder keine Angst mehr macht. Diesen umgeschriebenen Traum durchleben sie in den folgenden Wochen täglich in Gedanken möglichst intensiv für zehn bis 15 Minuten vor dem Schlafengehen. Die Behandlung ist erfolgreich, wenn der ursprüngliche Albtraum von der neuen Version ersetzt wird.
    Quelle: Ärzte Zeitung vom  25. Mai 2012

    Robert & Zadra (2014) untersuchten an 331 Studienteilnehmerinnen und -teilnehmer, von denen mehrere Wochen lang ein Traumtagebuch geführt wurde, welche Gefühle, Themen und Szenen in Alpträumen bzw. in schlechten Träumen vorherrschen:

    • Körperliche Angriffe: 49 Prozent der Alpträume und 21 Prozent der schlechten Träume,
    • Angriffe auf psychologischer Ebene wie betrogen oder abgewiesen zu werden: 21 Prozent der Alpträume und 35 Prozent der schlechten Träume,
    • Versagen oder Hilflosigkeit: 17 Prozent in beiden Traumkategorien,
    • Krankheit, die Angst vor Krankheit sowie der Tod einer Traumfigur oder des Träumers: 9 Prozent der Alpträume und in 14 Prozent der schlechten Träume.

    Die restlichen Grundthemen traten zwischen vier und elf Prozent der Träume auf, wobei Angst und Sorge ohne einen ersichtlichen Grund, gejagt werden, die Anwesenheit von etwas Bösem, Unfälle, Insekten, bizarre Vorgänge in der Umgebung die Themen waren. Interessanterweise war eines der bekanntesten Alptraummotive – das Fallen – in nur 1,5 Prozent der Schilderungen zu finden, auch, dass er im Traum gelähmt war oder erstickte, wurde nicht berichtet. Werden Menschen aber gefragt, an welche Alpträume sie sich besonders lange erinnern, tauchen diese Erlebnisse eher auf. Die Angst war das am häufigsten mit schlechten Träumen und Alpträumen verknüpfte Gefühl, aber auch von Traurigkeit, Ärger, Verwirrung, Ekel, Enttäuschung, Scham – und in rund vier Prozent der Fälle sogar von positiven Emotionen wurde berichtet. Während schlechte Träume bizarrer sind als normale, sind Alpträume ganz besonders seltsam, d. h., in ihnen passierte überdurchschnittlich oft Unmögliches oder etwas, das dem Alltäglichen stark widerspricht.

    Ob Albträume einen tieferen Sinn haben, eine wirkliche Bedeutung, wobei Menschen in allen Kulturen und zu allen Zeiten unter Albträumen litten. In der Antike galt ein Traum noch als Botschaft der Götter, der sehr ernst genommen und von professionellen Traumdeutern auf Marktplätzen unter die Lupe genommen wurde. Später bezeichnete man mit dem „Alb“ einen Dämon, der sich auf die Brust von Schlafenden setzte, ihnen den Atem nahm und ihre Träume kontrollierte, also den „Albdruck“ verursachte. Sigmund Freud meinte, dass im Traum sich unterdrückte und also unbewusste Wünsche und Gefühle widerspiegeln, die sich mithilfe der Psychoanalyse aufdecken ließen. Allen Hobson schließlich sprach in den 80er-Jahren Träumen jeglichen Symbolwert oder verborgene Bedeutungen ab, denn er glaubte, dass Träume während des Schlafes durch überschießende und völlig willkürlich entstehende Signale aus dem entwicklungsgeschichtlich älteren Hirnstamm entstehen. Die jüngere und höher entwickelte Großhirnrinde versucht dabei, etwas halbwegs Sinnvolles aus dem neuronalen Bombardement zusammenzubauen, wobei sein Fund von Nervenkomplexen im Hirnstamm, die über Botenstoffe die Wach- und Schlaffunktion regulieren, dies zu bestätigen schien. Doch spätere Untersuchungen zeigten, dass außer dem Hirnstamm noch weitere Areale des Gehirns beim Träumen beteiligt sind, weshalb inzwischen  die Forschung zu einem Kompromiss gekommen ist.

    Neuere Untersuchungen zeigen, dass Albträume bei traumatisierten Patienten auch ein Hinweis auf ein höheres Suizid-Risiko sein können. Littlewood et al. (2016) haben traumatisierte Menschen über einen längeren Zeitraum zu ihren Gefühlen, zu Albträumen und zu möglichen Selbstmordgedanken befragt. Die Ergebnisse zeigten, dass Probanden, die vorher viele Albträume hatten, auch mehr und konkreter darüber nachdachten, sich zu töten. Man vermutet, dass die Albträume den Cry Of Pain verstärken, mit dem man die Entstehung von Selbstmordgedanken bei traumatisierten Menschen in Verbindung bringt. Demnach erleben die Menschen erst das Gefühl einer schlimmen Niederlage. Dabei entsteht der Eindruck, dass Betroffene ihrem Trauma nicht entkommen können und zuletzt den Glauben daran verlieren, dass es für sie Hilfe gibt. Albträume verstärken diese Gefühle deutlich, sodass man bei der Behandlung von Traumatisieren stärker auf deren Träume achten sollte.

    Alptraum oder Albtraum?

    Vor der Rechtschreibreform wurde nur die Schreibung Alptraum als einzig richtige anerkannt, auch wenn der Alptraum nichts mit den Alpen zu tun. Mit der Rechtschreibreform wurde dann auch die Schreibweise Albtraum als richtig anerkannt, allerdings gleichberechtigt neben der objektiv falschen Schreibung mit hartem P. Das Wort Albtraum oder auch das verwandte Wort des Albdrucks kommen von den unterirdischen Naturgeistern, den Alben, die aus der germanischen Mythologie stammen und auch in der Edda genannt werden. Dort gibt es Licht- und Schwarzalben, später auch Dunkelalben, wobei der durchaus neutrale Begriff später von der Kirche als Synonym für den Teufel oder Dämon verwendet wurde. Daraus entwickelte sich der alte Volksglauben, dass sich nachts ein koboldhaftes Wesen auf die Brust des Schlafenden setzt und bei ihm den sogenannten Albdruck, also ein drückendes Gefühl der Angst, auslöst. Der Alb wurde dadurch zu etwas Bösem, einem Nachtmahr, der Angstträume und damit den Albtraum verursacht. Das Wort Alb wurde später von den Begriffen Elf und Elfe verdrängt, die zunächst auch als bösartig galten und erst in der Romantik zu freundlichen Zauberwesen verklärt wurden. Übrigens blieb der Alb im Namen des Zwergenkönigs Alberich erhalten.

    Siehe dazu Angst bei Kindern und Schlaf und Traum

    Literatur & Quellen
    Littlewood, Donna L., Gooding, Patricia A., Panagioti, Maria & Kyle, Simon D. (2016). Nightmares and Suicide in Posttraumatic Stress Disorder: The Mediating Role of Defeat, Entrapment, and Hopelessness. Journal of Clinical Selep Medicine, 12, http://dx.doi.org/10.5664/jcsm.5592.
    Moore, Bret A. & Krakow, Barry (2007). Imagery rehearsal therapy for acute posttraumatic nightmares among combat soldiers in Iraq. The American Journal of Psychiatry, 164, 683-684.
    Robert, G. & Zadra, A. (2014). Thematic and content analysis of idiopathic nightmares and bad dreams. Sleep, 37, 409-417.
    http://idw-online.de/pages/de/news513759 (13-02-24)
    http://woerter.germanblogs.de/archive/2011/12/15/alptraum-oder-albtraum-welche-schreibweise-ist-richtig.htm (13-02-02)

    Extratipp 😉 Kennen Sie Albtraumreisen?

     


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