Oligodendrozyten

Oligodendrozyten galten bisher vor allem als eine Art zelluläres Isolierband, das die Weiterleitung elektrischer Signale im Gehirn beschleunigt, doch eine neue Studie von Philippot et al. (2021) zeigte, dass sie in manchen Hirnregionen auch für die Energieversorgung der Neuronen wichtig sind. Oligodendrozyten bilden lange Arme, die größtenteils aus fettähnlichen Substanzen bestehen und Strom nicht leiten, wobei sie Axone umschließen, über die die Neuronen ihre elektrischen Impulse verschicken, und dadurch Kurzschlüsse verhindern und auch die Signal-Weiterleitung beschleunigen. Astrozyten versorgen unter anderem die Nervenzellen mit Energie, wobei sie über ihre Fortsätze mit Blutgefäßen in Kontakt treten und aus ihnen Glucose aufnehmen, die sie dann an die Synapsen transportieren, wozu sie den Zucker zum Teil in andere energiereiche Moleküle umwandeln. Philippot et al. (2021) konnten aber nun zeigen, dass Oligodendrozyten bei der Verteilung dieser Verbindungen eine wichtige Rolle spielen, und zwar vor allem im Thalamus, also dem Tor zum Bewusstsein, denn in ihm laufen unter anderem sensorische Signale aus Ohren, Augen und Haut ein, die sie dann an die jeweils zuständigen Zentren der Großhirnrinde weiterleiten. In einem Experiment bei Mäusen zeigte sich, dass der Thalamus für den Transport augenscheinlich beide Zelltypen benötigt, denn eine gestörte Energieversorgung der Natrium-Kalium-Pumpe  führte dazu, dass ausgehungerte Neuronen bereits nach einigen Minuten nicht mehr dazu in der Lage waren, postsynaptische Aktivität zu erzeugen.

Nach neueren Untersuchungen am Mausmodell nehmen Oligodendrozyten nicht nur die Signale aktiver Nervenfasern wahr, sondern reagieren auch unmittelbar darauf, indem sie den Verbrauch der primären Energiequelle Glukose beschleunigen. Dadurch liefern sie energiereiche Moleküle an die schnell feuernden Axone, um deren dynamischen Energiebedarf zu decken. Oligodendrozyten reagieren auf die Aktivität der Hirnzellen und versorgen die Nervenverbindungen bedarfsgerecht mit Energie. Sie spielen somit eine wesentliche Rolle bei der Regulierung der Stoffwechselprozesse in den Axonen, die für gesunde Nervenverbindungen im Gehirn unerlässlich sind. Glukose versorgt die Axone nicht nur mit Energie, sondern unterstützt auch Schutzmechanismen gegen Zellschäden durch oxidativen Stress. Wenn der Glukosestoffwechsel in den Nervenfasern aufgrund von Schäden in den Oligodendrozyten gestört ist, kann dies langfristig zu Nervenzellschäden führen. Dies ist vergleichbar mit den Nervenzellschäden, die im Alter sowie bei neurodegenerativen Erkrankungen wie Multipler Sklerose und Alzheimer auftreten. Bei Mäusen, bei denen die zelluläre Kommunikation unterbrochen wurde, traten mit fortschreitendem Alter schwere Schäden an den Nervenfasern auf, die neurodegenerativen Erkrankungen ähneln.

Literatur

Philippot, Camille, Griemsmann, Stephanie, Jabs, Ronald, Seifert, Gerald, Kettenmann, Helmut & Steinhäuser, Christian (2021). Astrocytes and oligodendrocytes in the thalamus jointly maintain synaptic activity by supplying metabolites. Cell Reports, 34, doi:10.1016/j.celrep.2020.108642.
Stangl, W. (2019, 2. Juli). Neuronen – Nervenzellen. [werner stangl]s arbeitsblätter.
https://arbeitsblaetter.stangl-taller.at/GEHIRN/Gehirn-Neuronen.shtml


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