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Neuro-Forecasting

    Neuro-Forecasting bezeichnet den Einsatz von neurowissenschaftlichen Erkenntnissen und Methoden zur Vorhersage von zukünftigen Ereignissen oder Verhaltensweisen, wobei es neurowissenschaftliche Forschungstechniken, wie beispielsweise die funktionelle Magnetresonanztomographie (fMRI) oder die Elektroenzephalographie (EEG), mit fortgeschrittenen statistischen Analysen und maschinellem Lernen kombiniert, um Vorhersagen über das Verhalten oder die Entscheidungsprozesse von Individuen zu treffen. Der Ansatz des Neuro-Forecastings beruht auf der Annahme, dass neuronale Aktivitäten im Gehirn Informationen über zukünftiges Verhalten liefern können, wobei durch die Analyse von Gehirnaktivitäten in Verbindung mit externen Reizen oder Aufgaben Muster oder Korrelationen identifiziert werden können, die auf spezifische Verhaltensweisen oder Entscheidungen hinweisen könnten.

    Mit Neuro-Forecasting wird etwa die neuronale Aktivität einer Gruppe von Menschen erfasst, um Auswirkungen für die gesamte Bevölkerung zu prognostizieren, ohne die Gehirnaktivitäten tausender Menschen messen zu müssen. Nach der Datenerfassung verwendet man also statistische Ansätze, um die Vorhersagegenauigkeit der neurophysiologischen Variablen zu bewerten, wobei dies einen direkten Vergleich der Modelle ermöglicht.

    So hörten sich in einer Untersuchung von Merritt, Gaffuri & Zak (2023) eine Gruppe von Probanden vierundzwanzig Songs an und wurden nach ihren Vorlieben und demografischen Daten befragt, wobei man während des Experiments die neurophysiologischen Reaktionen der Teilnehmer auf die Lieder maß. Die Gehirnsignale, die man dabei sammelte, spiegeln die Aktivität eines Gehirn-Netzwerks wider, das mit der Stimmung und dem Energieniveau in Verbindung steht. Dies ermöglichte es Marktergebnisse vorherzusagen, einschließlich der Anzahl der Streams eines Liedes, basierend auf den Daten weniger Probanden. So konnte ein lineares statistisches Modell die Hit-Songs mit einer Erfolgsquote von 69 Prozent identifizieren, wobei ein Modell auf die gesammelten Daten angewandt, die Rate der korrekt identifizierten Hits auf 97 Prozent steigen ließ.

    Neuro-Forecasting findet auch Anwendung in der Marktforschung, der Werbung, der politischen Prognose oder der Finanzanalyse, denn durch die Untersuchung der neuronalen Reaktionen auf bestimmte Stimuli oder Entscheidungssituationen können Unternehmen oder Organisationen Vorhersagen über das zukünftige Verhalten von Konsumenten oder Wählern treffen. Neuro-Forecasting ist dabei noch ein relativ neues und sich entwickelndes Feld ist, wobei aber nicht nur um die Genauigkeit und Zuverlässigkeit der Prognosen geht, sondern auch um ethische Fragen.

    Literatur

    Berns, G. S., Laibson, D.,& Loewenstein, G. (2007). Intertemporal choice–toward an integrative framework. Trends in cognitive sciences, 11, 482-488.
    Merritt, Sean H., Gaffuri, Kevin & Zak, Paul J. (2023). Accurately predicting hit songs using neurophysiology and machine learning. Frontiers in Artificial Intelligence, ,6, doi.10.3389/frai.2023.1154663.
    Montague, P. R., Dolan, R. J., Friston, K. J. & Dayan, P. (2012). Computational psychiatry. Trends in cognitive sciences, 16, 72-80.
    Plassmann, H., Venkatraman, V., Huettel, S. A. & Yoon, C. (2015). Consumer neuroscience: applications, challenges, and possible solutions. Journal of Marketing Research, 52, 427-435.
    Rangel, A., Camerer, C. & Montague, P. R. (2008). A framework for studying the neurobiology of value-based decision making. Nature Reviews Neuroscience, 9, 545-556.


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