Zum Inhalt springen

Psychologische Ästhetik

    Dieses Gewese um Schönheit wird immer unerträglicher. Die Menschen sollten sich mehr anstrengen, weniger dumm zu sein.
    Vivienne Westwood

    Psychologische Ästhetik ist ein multidisziplinäres Feld, das sich mit der Erforschung jener psychologischen Prozesse befasst, die in der ästhetischen Wahrnehmung, Bewertung und Erfahrung von ästhetischen Reizen auftreten. Sie kombiniert dabei Erkenntnisse aus der Psychologie, der Ästhetik, der kognitiven Neurowissenschaft, der Sozialpsychologie und anderen verwandten Bereichen, um die menschliche Reaktion auf Kunst und ästhetische Phänomene zu verstehen.

    Die Forschung zur psychologischen Ästhetik versucht unter anderem zu erklären, wie Farbe und Licht, Form und Funktion sich auf Emotionen, Wohlbefinden und Lebensqualität von Menschen auswirken. Auch wenn Menschen gewohnt sind, sich als vereinzelte, relativ autonom agierende Wesen zu sehen, bilden sie ein psychophysisches System mit ihrer Umwelt, wobei sie evolutionär darauf angelegt sind, alle sinnlichen Wahrnehmungen aus dem Umfeld daraufhin zu deuten, ob sie gut tun oder nicht, und reagieren darauf körperlich mit entsprechenden Handlungsbereitschaften. Diese Deutung wird von biologischen, aber auch sozio-kulturellen und biografischen Faktoren beeinflusst, wobei wenn das Gehirn zu dem Schluss kommt, dass eine Umgebung nicht gut ist, reagieren Menschen mit Stress, und dieser Stress schwächt mittelfristig die Leistungsfähigkeit und Resilienz. Dabei ist etwa Schönheit auch aus funktionaler Sicht effektiver als komplette ästhetische Indifferenz, wie man in vielen Lebenswelten häufig erleben kann, denn es gibt es viele künstliche, gebaute Umwelten, die Wohlbefinden und Gesundheit eher schwächen als unterstützen. Im Gegensatz dazu können positive ästhetische Erfahrungen Kaskaden von resilienzfördernden Prozessen in Gang setzen.

    In der psychologischen Ästhetik wird auch untersucht, wie Menschen ästhetische Qualitäten in der Kunst wahrnehmen, bewerten und präferieren, und erforscht dabei die emotionalen Reaktionen, die mit der Betrachtung von Kunstwerken verbunden sind, sowie die kognitiven Prozesse, die bei der Verarbeitung ästhetischer Reize eine Rolle spielen. Dies umfasst die Untersuchung von Merkmalen wie Schönheit, Originalität, Harmonie, Komplexität, Einfachheit und anderen ästhetischen Dimensionen. Darüber hinaus befasst sich die psychologische Ästhetik mit der Untersuchung von individuellen Unterschieden in der ästhetischen Wahrnehmung und Präferenz, wie kulturelle und soziale Faktoren die ästhetische Erfahrung beeinflussen und wie ästhetische Vorlieben und Bewertungen sich im Laufe der Zeit und zwischen verschiedenen Kulturen verändern können.

    Psychologische Ästhetik hat sowohl theoretische als auch praktische Anwendungen, wobei sie auf theoretischer Ebene zum Verständnis der menschlichen Wahrnehmung und Kognition beiträgt und Einblicke in allgemeine psychologische Prozesse liefert, auf praktischer Ebene sie hingegen beitragen kann, die Gestaltung von Produkten oder Umgebungen zu verbessern und das Verständnis dafür zu fördern, wie ästhetische Erfahrungen das Wohlbefinden und die Lebensqualität der Menschen beeinflussen. Dabei lässt sich eine signifikant höhere Wahrscheinlichkeit für positive Erfahrungen planen, etwa durch den gezielten Einsatz von Strukturen, Formen, Räumlichkeit, Licht und Farbe, um die menschlichen ästhetischen Bedürfnisse aufzugreifen und dadurch deren Gefühle, Reaktionen, Motivation und Wohlbefinden zu beeinflussen.

    Bei der Betrachtung der psychologischen Ästhetik spielen auch Faktoren wie Mode und Zeitgeist eine Rolle, wobei sich in diesen Hauptströmungen des Geschmacks individuelle Vorlieben durch gemeinsame kollektive Erfahrungen und Kontexte synchronisieren. Ganz wichtig in diesem Zusammenhang ist die Funktion von Moden und Lifestyles als Ausweis der Gruppenzugehörigkeit, denn als Angehöriger mancher Gruppen bzw. Milieus kann jeder ästhetische Selbstausdruck dieser dienen oder sie sogar verhindern. Da Menschen nicht nur Freiheit, sondern auch Regeln, Ordnung und Aufgehobenheit brauchen, bleiben viele Leute einmal gelernten Konventionen treu, d. h., Konventionen sind sozusagen ein unsichtbares Zuhause. Menschen kaufen also etwa hellblaue Strampler für kleine Buben, weil schon ihre Großeltern das getan haben, und geben damit diese Konvention als frühe Prägung sehr nachhaltig weiter.

    Literatur

    https://nachrichten.idw-online.de/2023/05/24/schoenheit-ist-effektiver-ueber-die-psychologie-guten-designs (25-05-24)


    Impressum ::: Datenschutzerklärung ::: Nachricht ::: © Werner Stangl :::

    Schreibe einen Kommentar

    Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert