Die Pikler-Pädagogik ist eine von der Kinderärztin Emmi Pikler entwickelte Form der Kindererziehung, insbesondere der Säuglings- und Kleinkindpflege. Die Pikler-Pädagogik ist im Wesentlichen durch drei Merkmale gekennzeichnet: beziehungsvolle Pflege, autonome Entwicklung der Bewegung und freies Spiel.
Eltern und Erzieher müssen bei diesem Ansatz viel Zeit und Geduld aufbringen, wobei es besonders in den ersten Monaten und Jahren des Lebens gilt, das Kind zu behüten, um ihm die Möglichkeit zu geben, sich selbst frei entfalten zu können. Dabei sollte man alle Einflüsse des Tages auf das Kind einwirken lassen, vor allem bei Ritualen wie dem Baden oder dem Füttern. Durch einen innigen Kontakt und die aktive Mithilfe des Kindes verstärkt sich das Vertrauen des Kindes und die Entwicklung wird positiv beeinflusst. Besonders wichtig sind eindeutige Bezugspersonen, die viel Zeit für das Kind haben, wobei dies neben Eltern auch Großeltern oder Erzieher sein können, wobei es aber nicht zu einem ständigen Wechsel kommen sollte. Pikler ging davon aus, dass bereits die Säuglingspflege ein zentraler Abschnitt der Erziehung ist, wobei das Kind wesentliche soziale Erfahrungen macht, wenn das Baby gefüttert, gebadet, gewickelt oder an- und ausgezogen wird. Jede Interaktion mit dem Kind sollte dabei von einer intensiven verbalen und körpersprachlichen Kommunikation und Aufmerksamkeit geprägt sein. Ein wesentlicher Punkt ist dabei aber immer der Respekt vor der Eigeninitiative des Kindes zur Unterstützung seiner Selbstständigkeit.
Einige zentrale Leitlinien für die Interaktion mit dem Kind:
- Sprechen Sie bei allem, was Sie tun, mit Ihrem Kind: Halten Sie Blickkontakt. Erklären Sie ihm, was als Nächstes kommt und zeigen Sie ihm jeden Gegenstand, den Sie verwenden.
- Warten Sie, bis Ihr Kind bereit ist, mitzumachen. Schon wenige Wochen alte Babys sind zu kooperativem Verhalten fähig und sie zeigen dies mit Blicken, Gesten und Bewegungen. Lassen Sie Ihrem Kind das Erfolgserlebnis, dass es mithelfen konnte. Aus Freude über die gelungene Zusammenarbeit wird Ihr Kind beim nächsten Mal wieder gerne mithelfen.
- Lassen Sie sich Zeit und seien Sie aufmerksam. Vermeiden Sie im Umgang mit Ihrem Kind alle Eile und Hektik. Es darf und soll sich als Mittelpunkt der Welt erleben. Wenn Ihr Kind beim Füttern, Wickeln, Anziehen etc. Ihre volle liebevolle Aufmerksamkeit bekommt, signalisieren Sie, dass es jetzt am wichtigsten ist und es muss nicht den ganzen Tag um Aufmerksamkeit und Zuwendung kämpfen.
- Schaffen Sie Sicherheit durch bekannte Abläufe. Achten Sie darauf, dass Sie bei der Pflege Ihres Kindes möglichst immer in der gleichen Reihenfolge vorgehen. Auch ein klarer räumlicher und zeitlicher Rahmen gibt Ihrem Kind Orientierung. Schaffen Sie also Rituale.
Zur Person: Emmi Pikler (1902 – 1984) wurde in Wien geboren und lebte lange Zeit in Budapest. Sie war Kinderärztin und entwickelte eine liebevolle und von Achtsamkeit geprägte Kleinkindpädagogik, bei der sie mit Elfriede Hengstenberg zusammenarbeitete und schnell merkte, dass der damalige Umgang mit Kindern nicht ideal war. Beide sahen das Bedürfnis nach Selbstständigkeit als wesentliches Merkmal kindlicher Entwicklung, die die Grundlage für eine gesunde Entfaltung der Persönlichkeit bilden sollte: Achtung vor der Eigeninitiative des Kindes.
Literatur
https://www.kindererziehung.com/Paedagogik/Alternative-Erziehung/Pikler-Paedagogik.php (22-09-17)
https://de.wikipedia.org/wiki/Elfriede_Hengstenberg (22-09-17)