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Prävalenz-Effekt

    Der Prävalenz-Effekt oder Prävalenzfehler bezeichnet in der Psychologie einen kognitiven Fehlschluss bzw. das Phänomen, dass man ein Ziel mit einer geringen Prävalenz oder Häufigkeit eher verfehlt oder nicht entdeckt als ein Ziel mit einer hohen Prävalenz oder Häufigkeit.

    Der Prävalenz-Effekt zeigt, dass Erfahrungen manchmal eher eine Belastung als ein Vorteil sein können, denn wenn man im täglichen Leben oder in der alltäglichen Arbeit immer die gleichen Aufgaben zu erledigen hat, gewöhnt man sich daran, dass bestimmte Ereignisse immer zu den gleichen Ergebnissen führen. Man geht davon aus, dass bestimmte Ursachen und Wirkungen unveränderlich sind, und das veranlasst zur Automatisierung des Denkens und Handelns. Der Prävalenz-Effekt kann daher dazu führen, dass man unreflektiert handelt und sich nur auf vergangene Erfahrungen stützt, wobei die Aufmerksamkeit sowie Neugierde abnehmen.

    Beispiel: Eine praktische Anwendung dieses Phänomens findet sich etwa bei der Sicherheitskontrolle an Flughäfen: Da nur ein sehr geringer Anteil der Menschen, die die Sicherheitskontrolle passieren, Waffen bei sich trägt, kann es vorkommen, dass das Sicherheitspersonal diejenigen, die versuchen, Waffen in ein Flugzeug zu tragen, nicht erkennt.

    Weiteres Beispiel: Wie hoch ist die Wahrscheinlichkeit, dass eine Frau an Brustkrebs erkrankt ist, falls ihr Screening-Befund positiv ist? Wenn ein Screening-Test mit 90% Wahrscheinlichkeit erkennen kann, ob eine Frau Brustkrebs hat oder nicht, so würde man annehmen, dass eine Frau mit einem positiven Befund höchst wahrscheinlich Brustkrebs hat. Das ist insofern ein Fehlschluss, denn man muss die Prävalenz (Krankheitshäufigkeit) bei der Interpretation des Screening-Tests berücksichtigt werden, die angibt, wie viele Menschen einer bestimmten Gruppe von einer Krankheit betroffen sind. Wenn etwa Brustkrebs in der gesamten Frauenpopulation nur mit einer Häufigkeit von 1% auftritt, so ist die Frau in diesem Beispiel trotz positivem Befund nur mit einer geringen Wahrscheinlichkeit wirklich krank (< 10 %). Liegt die Prävalenz der Erkrankung jedoch bei 50%, so ist die Frau mit dem positiven Befund höchstwahrscheinlich wirklich krank (9 %). Der Prävalenzfehler führt also dazu, dass man Wahrscheinlichkeiten von Ereignissen falsch einschätzt, wenn man sie nicht in den richtigen Bezugsrahmenstellt, also nicht beachtet, wie häufig eine Erkrankung generell in der Bevölkerung auftritt.

    Formal betrachtet bedeutet der Prävalenzfehler jenen Fehler, der entsteht, wenn die Bestimmung der bedingten Wahrscheinlichkeit einer statistischen Variable A unter einer Bedingung B ohne Rücksicht auf die Prävalenz oder A-priori-Wahrscheinlichkeit von A vorgenommen wird.

    Man findet häufig die Bezeichnung Basisratenfehler (base rate fallacy), dabei diesem Effekt die Grundhäufigkeit (Basisrate, Prävalenz) mit der ein Merkmal in einer Population auftritt, i. d. R. nicht oder nicht angemessen berücksichtigt wird, wenn eine bedingte Wahrscheinlichkeit oder ein bedingtes Risiko eingeschätzt werden soll. So wird die Wahrscheinlichkeit, homosexuell zu sein, wenn ein Mensch HIV-infiziert ist, systematisch überschätzt, weil nicht angemessen in Rechnung gestellt wird, dass in der Population die Homosexualität im Verhältnis seltener gegeben ist.

    Literatur

    https://dorsch.hogrefe.com/stichwort/basisratenfehler (19-12-12)
    https://wissenwaswirkt.org/scheinstatistik-stellt-die-wahrheit-in-den-schatten (18-01-15)


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