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Sunk Cost Fallacy

    Die Sunk Cost Fallacy – Trugschluss der versenkten Kosten – beschreibt die menschliche Tendenz, ein Vorhaben weiterzuverfolgen, wenn man bereits Zeit, Mühe oder Geld in dieses investiert hat, und zwar unabhängig davon, ob die aktuellen Kosten den zukünftigen Nutzen überwiegen oder nicht. Dieser Trugschluss bewirkt letztlich, dass Menschen irrationale Entscheidungen treffen, weil sie andere Einflüsse als die aktuellen Alternativen einbeziehen. Dieser Trugschluss betrifft viele verschiedene Bereiche unseres Lebens und führt in vielen Fällen zu suboptimalen Ergebnissen. Diese Trugschlüsse reichen von der Entscheidung, bei einem Partner zu bleiben, auch wenn man unglücklich ist, weil man bereits Jahre des Lebens in diesen investiert hat, bis hin zu der Entscheidung, weiterhin Geld für die Renovierung eines alten Hauses auszugeben, auch wenn es billiger wäre, ein neues zu kaufen, weil man bereits Geld investiert hat.

    Diese Voreingenommenheit tritt also in vielen Umgebungen und Situationen auf, die nicht für eine solide Entscheidungsfindung optimiert sind. Hat man etwa vor ein paar Wochen eine teure Konzertkarte gekauft und man fühlt sich am Tag des Konzerts krank und es regnet draußen, man weiß, dass sich der Verkehr wegen des Regens verschlechtern wird und dass man riskiert, unter Umständen noch kränker zu werden, wenn man das Konzert besucht, wenn also die Nachteile die Vorteile überwiegen, geht man trotzdem in das Konzert. Das führt zu dem Trugschluss, dass wenn ,am bereits in etwas investiert hat, sei es in Form von Geld oder in Form von Mühe, die man in die Entscheidung gesteckt hat, dann wird man es wahrscheinlich auch weiterhin tun. Das bedeutet oft, dassman sich gegen Beweise wehrt, die zeigen, dass es nicht mehr die beste Entscheidung ist, z. B. wenn Krankheit oder Wetter die Veranstaltung beeinträchtigen.

    Dieser Trugschluss wirkt sich aber nicht nur auf kleine, alltägliche Entscheidungen wie den Besuch eines Konzerts aus, sondern er wirkt sich auch nachweislich auf die Entscheidungen von Regierungen und Unternehmen aus. Ein bekanntes Beispiel für die Auswirkung der Sunk Cost Fallacy auf groß angelegte Entscheidungen ist die Concorde Fallacy. Im Jahr 1956 trat das Supersonic Transport Aircraft Committee zusammen, um den Bau eines Überschallflugzeugs, der Concorde, zu erörtern, an dem zwei französische und britische Triebwerkshersteller sowie die französische und britische Regierung an dem Projekt beteiligt waren, dessen Kosten auf fast 100 Millionen Dollar geschätzt wurden. Schon lange vor Abschluss des Projekts war klar, dass die Kosten steigen würden und dass die finanziellen Gewinne des Flugzeugs, sobald es in Betrieb war, diese Kosten nicht ausgleichen würden. Dennoch wurde das Projekt fortgesetzt. Die Hersteller und Regierungen hielten an dem Projekt fest, weil sie bereits erhebliche finanzielle Investitionen getätigt und viel Zeit in das Projekt investiert hatten. Letztendlich führte dies dazu, dass Millionen von Dollar verschwendet wurden und die Concorde weniger als 30 Jahre lang in Betrieb war.

    Eine der Ursachen für diesen Trugschluss liegt darin, dass Menschen keine rein rationalen Entscheidungsträger sind und oft von ihren Gefühlen beeinflusst werden. Wenn man bereits in eine Entscheidung investiert hat, fühlt man sich wahrscheinlich schuldig oder bereut es, wenn man diese Entscheidung nicht weiterverfolgt. Das liegt auch am Commitment Bias, nach dem man an früheren Entscheidungen festhält, obwohl neue Erkenntnisse darauf hindeuten, dass sie nicht die beste Vorgehensweise sind.

    Wir berücksichtigen nicht, dass wir die Zeit, den Aufwand und das Geld, die wir bereits investiert haben, nicht zurückerhalten. Am Ende treffen wir Entscheidungen auf der Grundlage vergangener Kosten und nicht auf der Grundlage gegenwärtiger und künftiger Kosten und Vorteile, die als einzige rational betrachtet einen Unterschied machen sollten.

    Der Irrtum kann zum Teil auf die Verlustaversion zurückzuführen sein, die die Tatsache beschreibt, dass Menschen die Auswirkungen von Verlusten als viel schlimmer empfinden als die Auswirkungen von Gewinnen. Man ist eher geneigt, Verluste zu vermeiden, als nach Gewinnen zu streben. Man hat vielleicht das Gefühl, dass die bisherigen Investitionen „verloren“ sind, wenn man die Entscheidung nicht weiterverfolgt, und trifft eine Entscheidung auf der Grundlage der Verlustaversion, anstatt die Vorteile zu berücksichtigen, die sich ergeben würden, wenn man das Engagement nicht fortsetzt. Dieses Phänomen steht  daher in engem Zusammenhang mit dem Phänomen der Verlustaversion, die beschreibt, dass der Schmerz über einen Verlust psychologisch stärker ist als die Freude über einen Gewinn. Übrigens kann auch das Framing die Entscheidungsfindung beeinflussen, indem es den Sunk-Cost-Trugschluss hervorruft, etwa wenn zu zwei Alternativen eine dritte Option hinzugefügt wird, um die Wahrnehmung der ursprünglichen Wahl zu beeinflussen.

    Einer der Gründe, warum die Nichtbefolgung einer Entscheidung zu einem Gefühl des Verlustes führt, ist, dass das gesamte Vorhaben in einen Rahmen (Framing) gefasst wird, anstatt in einzelnen Etappen. Wenn man eine Entscheidung nicht weiterverfolgt, entsteht das Gefühl des Scheiterns, auch wenn die anschließende Entscheidung, das Engagement nicht fortzusetzen, eigentlich im eigenen Interesse wäre. Selbst wenn die Kosten höher sind, wenn man sich entscheidet, eine Entscheidung durchzuziehen, z. B. trotz Regen und Erkältung zum Konzert zu gehen, kann man die Geschichte als Gesamterfolg darstellen. Andernfalls würde die Geschichte lauten, dass man 50 Dollar verschwendet hat, und nicht, dass wir eine intelligente Entscheidung für die Gesundheit und das Wohlbefinden getroffen haben.

     

    Literatur

    Arkes, H. R., & Ayton, P. (1999). The sunk cost and Concorde effects: Are humans less rational than lower animals? Psychological Bulletin, 125, 591-600.
    Blasingame, J. (2011, October 3). Beware of the Concorde fallacy. Forbes.


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