Der Begriff mentales Training ist ein Oberbegriff für verschiedene Methoden, die Belastbarkeit, kognitive oder motorische Fähigkeiten und emotionale Kompetenzen verbessern sollen. Sportler etwa können ihre Leistung verbessern, indem sie sich die Bewegungen in ihrer Sportart immer wieder vorstellen. Es ist eine beeindruckende menschliche Fähigkeit, sich verschiedenste Dinge, Ereignisse und Handlungsabläufe vorzustellen, die zum Zeitpunkt der Vorstellung nicht vorhanden sind oder stattfinden.
Allerdings besitzen nicht alle Menschen die Fähigkeit, sich eigene Handlungen vorzustellen, in gleichem Maße, wobei sich eine stark ausgeprägte Vorstellungsfähigkeit dadurch auszeichnet, dass Vorstellungen leichter generiert werden, lebhafter wahrgenommen werden, mehrere Sinneskanäle einschließen und kontrollierbarer sind. Auch die Erfahrung, die man mit einer Bewegung hat, spielt dabei eine wichtige Rolle für die Genauigkeit von Handlungsvorstellungen, d. h., Menschen mit hoher Expertise für eine spezielle Bewegung zeigen eine bessere zeitliche Übereinstimmung zwischen Vorstellung und Ausführung als NichtexpertInnen, was darauf hindeutet, dass diese in der Lage sind, sich die relevanten Aspekte einer Handlung besser vorzustellen.
Man kann etwa mit solchen mentalen Übungen sogar Bewegungsabläufe trainieren, ohne je einen Muskel zu betätigen, nur indem man diese im Kopf wiederholt, was tatsächlich eine Leistungssteigerung bewirken kann. Hierbei handelt es sich um spezielle motorische Vorstellungen bzw. um ein spezielles Handlungsvorstellungstraining. Mit diesem Begriff der Handlungsvorstellung wird das mentale Nachvollziehen einer zielgerichteten eigenen Bewegung bezeichnet, ohne diese tatsächlich auszuführen, wobei es dabei nicht nur um Vorstellungen von komplexen Bewegungen geht, sondern auch um einfache alltägliche Handlungen wie das Aufschrauben einer Flasche oder das Aufsperren einer Tür. Bei Handlungsvorstellungen werden in der Regel Vorstellungen verschiedener Sinnesmodalitäten miteinander kombiniert. Solche Handlungsvorstellungen treten aber nicht nur auf, wenn man jemanden explizit dazu auffordert, sich etwas vorzustellen, oder sich jemand explizit vornimmt, eine Handlung vorzustellen, sondern sie treten oft spontan auf und werden genutzt, um Aufgaben zu lösen, ohne dass man sich dessen bewusst ist. Handlungsvorstellungen entstehen daher auch automatisch, wenn man von Handlungen liest oder von Handlungen spricht, man denke dabei nur um die berühmte Beschreibung einer Wendeltreppe.
Handlungsvorstellungen sind aus zwei Perspektiven möglich, zum einen aus der eigenen Perspektive, bei der man die Umwelt aus der eigenen Sicht wahrnimmt, wobei ein bedeutsamer Teil der Vorstellung aus dieser Perspektive die Kinästhetik ist, zum anderen aus der Außenperspektive, bei der man sich selbst aus einem anderen Blickwinkel betrachtet, vergleichbar mit der Betrachtung aus der Perspektive einer Kamera. Menschen bevorzugen meist eine der beiden Perspektiven, wobei die Wahl der Perspektive jedoch auch von der Handlung abhängt, die man sich vorstellt.
Es konnte gezeigt werden, dass während der Vorstellung einer Handlung und während der Ausführung der gleichen Handlung eine große Übereinstimmung in den aktivierten Hirnarealen besteht, jedoch auch auf der Verhaltensebene zeigen sich Gemeinsamkeiten, denn es dauert ungefähr genauso lange, sich eine Handlung vorzustellen, wie diese tatsächlich auszuführen, insbesondere bei automatisierten und zyklischen Bewegungen wie Laufen oder Rudern.
Allerdings hat man im Gegensatz zum physischen Training keine Rückmeldung über den Erfolg oder Misserfolg der imaginierten Bewegungsabfolge, d. h., der Basketballer etwa erfährt nie, ob der Ball bis in den Korb gegangen wäre, also ob er alles richtig gemacht hat oder ob er diese Bewegung beim nächsten Mal anders ausführen sollte
Übrigens werden mentale Vorstellungen nicht nur im Sport eingesetzt, sondern auch in der Rehabilitation, etwa nach einem Schlaganfall, wobei sich ein solches Training als Ergänzung zur Physiotherapie positiv auf das Wiedererlangen der motorischen Funktionalität auswirken kann.
Mentales Training ist aber auch die geistige Vorwegnahme einer belastenden Situation mit steigendem Schwierigkeitsgrad und Lösungmustern im Kopf, wie man sie etwa bei Prüfungsvorbereitungen einsetzen kann.
Literatur
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Rieger, M., Martinez, F. & Wenke, D. (2011). Imagery of errors in typing. Cognition, 121, 163-175.
Stangl, W. (2011). Stressbewältigung Methoden. [werner stangl]s arbeitsblätter.
WWW: https://arbeitsblaetter.stangl-taller.at/STRESS/Stressbewaeltigung.shtml (11-08-29).
https://de.in-mind.org/article/gedanken-in-bewegung-ueber-handlungsvorstellungen (14-12-12)