Die Stimmungsschwankungen treten episodisch und auch unabhängig von der augenblicklichen Lebenssituation der Betroffenen auf. Nach Schätzungen sind etwa ein bis drei Prozent der Bevölkerung betroffen, wobei Frauen und Männer gleich häufig erkranken. Die meisten Menschen mit bipolaren Störungen erleben ihre erste Krankheitsepisode um das 18. Lebensjahr herum, doch meist wird die Störung erst später erkannt. Die Ursachen der Erkrankung sind nicht vollständig geklärt, wobei erbliche Veranlagung und äußere Einflüsse wie belastende Ereignisse eine gewisse Rolle zu spielen dürften.
Es wird empfohlen, dass die Behandlung einer bipolaren Störung neben einer medikamentösen Therapie mit Mood Stabilizern immer auch eine begleitende, unterstützende und rückfallprophylaktische Psychotherapie umfasst, wobei sich die kognitiv-verhaltenstheoretisch orientierte Psychotherapie empirisch bewährt hat. Sie hilft insbesondere dabei, die Erkrankungsphasen abzumildern, sie hinauszuschieben oder sogar zu verhindern, sodass Betroffene längere Zeiträume ohne Beeinträchtigungen erfahren, ohne Störungen des Berufs- und Familienlebens und bedürfen daher seltener einer stationären Behandlung. Dafür spricht auch eine Untersuchung, die das Phänomen untersuchte, dass eine bipolare Störung in Familien gehäuft auftritt, denn Geschwister von Betroffenen erkranken zehn Mal so häufig, doch sind auch Menschen mit einem derartigen familiären Hintergrund nicht betroffen. Um herauszufinden, was diese Menschen mit einem solchen Erkrankungsrisiko resilient gegen die Krankheit macht, analysierten Doucet et al. (2017) mittels funktioneller Magnetresonanztomographie die Gehirne von 78 Betroffenen, von 64 nicht erkrankten Geschwistern und eine Kontrollgruppe mit 41 Personen. Sie haben bei Geschwistern von Menschen mit einer bipolaren Störung einen Mechanismus identifiziert, der sie widerstandsfähig gegen die Krankheit macht, wobei diese Forschungsergebnisse nahe legen, dass das Gehirn in der Lage ist, sich an das biologische Risiko einer bipolaren Störung anzupassen. Die Geschwister wiesen genetische Hinweise auf eine abnormale Konnektivität in Bereichen des Gehirns auf, die mit Gefühlen und Bewegung in Verbindung stehen. Diese Areale wurden bereits in früheren Studien mit der Krankheit in Zusammenhang gebracht, wobei die resilienten Probanden das ofenbar über eine deutliche erhöhte Konnektivität im Ruhezustandsnetzwerk des Gehirns kompensieren. Zwar sind die meisten Risikofaktoren für eine bipolare Störung wie das genetische Risiko, frühkindliche Schädigungen und Traumata nicht veränderbar, doch diese Ergebnisse zeigen, dass das Gehirn unter Umständen seine Konnektivität auch später verändern kann, um biologische Schwierigkeiten zu überwinden.
Die bipolare Störung (bipolar disorder) ist eine affektive Störung – daher auch bipolare affektive Störung – , bei der ein Mensch zwischen der Hoffnungslosigkeit und Lethargie der Depression und dem übererregten Zustand der Manie hin und her wechselt. Typisch sind also starke Stimmungsschwankungen zwischen Euphorie und Depression. Diese auch als bipolare Erkrankung bezeichnete psychiatrische Erkrankung zählt streng genommen nicht zu den schizophrenen Psychosen, ist aber in ihrer akuten Symptomatik schwer dagegen abzugrenzen. Treten also bei einer Depression außer den Symptomen der Niedergeschlagenheit, Antriebsarmut und Interesselosigkeit auch Phasen grundloser, übermäßig gehobener und distanzloser Stimmung (Manie) auf, liegt eine bipolare Störung vor. Bei etwa zwanzig Prozent der Menschen mit Depressionen verläuft die Erkrankung bipolar. Es gibt Hinweise, dass bipolare Störungen mit leichteren maniformen Symptomen wesentlich häufiger sind und nicht selten unerkannt bleiben, wobei die reine Manie ohne depressive Phase eher sehr selten vorkommt.
Diese Störung war früher unter dem Namen manisch-depressive Störung bekannt. Die manischen Phasen sind durch übersteigerten Antrieb und häufig auch durch Wahnvorstellungen (Größenwahn) gekennzeichnet. Eine erhöhte Suizidgefahr besteht beim Übergang von einer depressiven Phase mit Antriebslosigkeit zu einer manischen Phase mit übersteigertem Antrieb.
Neuere Forschungen zeigen übrigens, dass auch Autoimmunerkrankungen das Risiko wesentlich erhöhen, eine psychische Störung zu entwickeln, wobei multiple Infektionen oder die Kombination von schweren Infektionen und Autoimmunerkrankungen die Chance der Entwicklung einer Depressionen, einer bipolaren Störung und anderer psychischen Erkrankungen um mehr als die Hälfte erhöhen. Man vermutet, dass Infektionen latente Entzündungen oder Immunreaktionen im Gehirn und zentralen Nervensystem auslösen, wobei man als Ursache Zytokine postuliert, die bei Immunreaktionen Gehirnzellen und andere Nervenstrukturen im ganzen Körper schädigen. Zytokine sind Proteine, die das Wachstum und die Differenzierung von Zellen regulieren, indem sie die Proliferation und Differenzierung von Zielzellen einleiten oder regulieren.
Literatur
Bock, T. & Koesler, A. (2006). Bipolare Störungen. Manie und Depression verstehen und behandeln. Bonn: Psychiatrie-Verlag.
Gaelle E. Doucet, Danielle S. Bassett, Nailin Yao, David C. Glahn & Sophia Frangou (2017). The Role of Intrinsic Brain Functional Connectivity in Vulnerability and Resilience to Bipolar Disorder. American Journal of Psychiatry, doi:10.1176/appi.ajp.2017.17010095.
Marneros, A. (2004). Handbuch der unipolaren und bipolaren Erkrankungen. Stuttgart: Thieme.
Ausgeprägte Stimmungsschwankungen, in denen Menschen sich entweder himmelhoch jauchzend oder zu Tode betrübt fühlen, sind zentrale Symptome der manisch-depressiven Erkrankung. Diese auch als Bipolare Störung bezeichnete Erkrankung tritt meist in Episoden sehr unterschiedlicher Dauer auf, die durch extreme Stimmungs- und Antriebsübersteigerung in der Manie sowie anhaltende Antriebs- und Interessenlosigkeit in der depressiven Episode gekennzeichnet sind, aber auch in Form gemischter Episoden auftreten kann. Die Bipolare Störung zählt zu den schwerwiegendsten chronischen psychischen Erkrankungen, wobei weltweit ein bis zwei Prozent der Bevölkerung davon betroffen sind. Oft wird die Bipolare Störung häufig nicht richtig oder erst verspätet diagnostiziert und deswegen nicht immer auf Anhieb optimal behandelt. Hinzu kommt, dass die Bipolare Störung die psychische Störung mit der höchsten Suizidrate darstellt, weshalb die rechtzeitige Erkennung und möglichst frühzeitige Behandlung enorm wichtig ist und letztendlich Leben retten kann. Man muss sich vor Augen halten, dass viele berühmte Persönlichkeiten aus Kunst, Kultur, Politik und Wissenschaft an der Bipolaren Störung erkrankt sind oder waren.
Quelle: https://idw-online.de/de/news658435 (16-09-05)