Als Gender Bias oder geschlechtsbezogenen Verzerrungseffekt bezeichnet man in der wissenschaftlichen Forschung eine Verzerrung der Wirklichkeit durch Formulierungen, gedankliche Annahmen oder statistische Fehler, die zu falschen Darstellungen der tatsächlichen geschlechtsspezifischen Verhältnisse führt. In der Wissenschaft wird das Gender Bias vor allem untersucht, um die ungleiche Behandlung von Mann und Frau offen zu legen, wobei Männer von impliziten Rollenzuschreibungen genauso betroffen sind wie Frauen. Der Begriff Gender-Bias wurde von Fuchs, Maschewsky & Maschewsky-Schneider (2002) als Wahrnehmungsverzerrungseffekte in Bezug auf Gender definiert, wobei diese aufgrund von Alltagstheorien, fehlendem Wissen oder mangelnder Auseinandersetzung entstehen können. In ihrer Studie konnten sie feststellen, dass meist drei implizite Annahmen die Basis für das Gender-Bias bilden:
- die Annahme der Unterschiedlichkeit von Frauen und Männern dort, wo (möglicherweise) keine besteht,
- die Annahme der Gleichheit von Frauen und Männern dort, wo Gleichheit nicht vorhanden ist,
- die unterschiedliche (Be-)Wertung von Faktoren, die bei beiden Geschlechtern auftreten.
Folgen des Gender Bias sind oft falsche subtile oder direkte Darstellung von geschlechtsspezifischen Verhältnissen, wobei dieser Urteilsfehler schon in der frühen Sozialisation aus stereotypen Rollenzuschreibungen entsteht, dass etwa Knaben mit Autos spielen und Mädchen mit Puppen. Dieser Fehler kann dazu führen, dass Männern im Vorhinein mehr Kompetenz, Dominanz und Karriereambitionen zugeschrieben werden und Frauen eher emotionale Wärme innerhalb von sozialen Gemeinschaften.
In Organisationen macht sich dieser Beurteilungsfehler dadurch bemerkbar, dass Frauen in Führungspositionen Rücksichtslosigkeit und Egoismus unterstellt wird, um eine solche Position bekleiden zu können, während Männer ihre Führungsrolle aufgrund von Kompetenz erhalten haben. Dieser Beurteilungsfehler führt auch in Teams oft dazu, dass eine Übergeneralisierung stattfindet, d. h., Männer sollen die Führungsrolle übernehmen, Frauen kümmern sich um die Delegation und Organisation.
Eine ausführliche Darstellung findet sich in den Arbeitsblättern zu Geschlechtsunterschieden:
- Psychologie der Geschlechtsunterschiede
- Geschlecht, Emotion und Aggression
- Geschlecht und Beziehung
- Geschlecht und Depression
- Geschlecht und Gehirn
- Zusammenspiel zwischen Gehirnentwicklung und sozialem Verhalten
- Rotationstest Mann-Frau
- Geschlecht und mentale Erregung
- Frauen und Männer denken unterschiedlich oft an Sex
- Geschlecht und Hormone
- Geschlecht und Intelligenz
- Geschlecht und Kunst
- Geschlecht und Karriere
- Weibliche Führungskräfte
- Geschlechtsrollenkonflikte
- Geschlecht und Körper
- Geschlecht und Sucht
- Geschlecht und Kommunikation
- Geschlecht und Schlaf
- Geschlecht, Schule, Leistung
- Geschlecht und Social-Media
- Spam: Unterschied im Umgang von Mann und Frau
- Geschlecht und Orientierungssinn
- Geschlecht und Stereotype
- Kurioses aus der Geschlechterforschung
Literatur
Eichler, M., Gustafson, D. L., & Pompetzki, M. (1999). Moving toward equality: Recognizing and eliminating gender bias in health. Ottawa: Health Canada.
Fuchs, Judith & Maschewsky, Kris & Maschewsky-Schneider, Ulrike (2002). Zu mehr Gleichberechtigung zwischen den Geschlechtern: Erkennen und Vermeiden von Gender Bias in der Gesundheitsforschung. Berlin.
Gygax, P., Thomas, C., Didierjean, A., & Kuhn, G. (2019). Are women perceived as worse magicians than men? Gender bias when evaluating magic tricks. Social Psychological Bulletin, 14, doi:10.32872/spb.v14i3.33574.
https://de.wikipedia.org/wiki/Gender_Bias (17-04-01)