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Insulin

    Insulin ist ein für alle Wirbeltiere lebenswichtiges Proteohormon (Proteohormone sind spezielle Proteine, die Botenfunktionen bei bestimmte Regelungen in tierischen Körpern bewirken), das in den β-Zellen der Bauchspeicheldrüse gebildet wird (Langerhans-Inseln). Insulin ist an der Regulation des Stoffwechsels, insbesondere dem der Kohlenhydrate, beteiligt, denn Insulin senkt den Blutzuckerspiegel, indem es Körperzellen dazu anregt, Glucose aus dem Blut aufzunehmen. Insulin ist somit das körpereigene Blutzuckerhormon, d. h., Menschen, die an Diabetes leiden, bilden zu wenig Insulin und müssen dieses Hormon regelmäßig verabreicht bekommen, in den meisten Fällen durch Spritzen. In den Alpha-Zellen der Bauchspeicheldrüse bildet der Körper zudem das Hormon Glukagon, das den Gegenspieler zu Insulin darstellt, denn während Insulin den Blutzucker senkt, fördert Glukagon die Bildung und Freisetzung der in der Leber gespeicherten Zuckerreserven ins Blut und lässt den Blutzuckerspiegel ansteigen. Übrigens haben auch Adrenalin, Kortisol und die Schilddrüsenhormone blutzuckersteigernde Wirkungen.

    Die Insulinwirkung des Gehirns reguliert dadurch das Essverhalten der Menschen und die Energieversorgung im gesamten Körper. Wo sich Fett im Körper anlagert und wie man etwa von einer Diät profitiert, hängt unter anderem von der Insulin-Sensitivität des Gehirns ab, denn das Gehirn reagiert sehr empfindlich auf Veränderungen dieses Hormons. Reagiert das Gehirn nur wenig oder gar nicht auf Insulin, verliert man etwa nur zu Beginn einer Diät etwas Gewicht und nimmt dann wieder zu, wobei auch das viszerale Fett langfristig weiter ansteigt – der bekannte Jo-Jo-Effekt. Dieser Effekt ist dadurch bedingt, dass wenn man weniger isst, auch der Grundumsatz sinkt und dass man, wenn man damit aufhört, auch wieder zunimmt. Damit das Gewicht eines Menschen gleich bleibt, muss die Energiebilanz gleich null sein, d. h., der Energie-Input muss gleich sein wie der Energie-Output. Bei manchen Menschen scheint der Grundumsatz sehr hoch zu sein, also nehmen sie kaum zu, obwohl sie viel essen und auch wenig bis gar keinen Sport betreiben. Der Grundumsatz ist in hohem Maße genetisch verankert und sinkt mit dem fortschreitenden Alter ab etwa 30 Jahren.

    Untersuchungen zeigen, dass die Insulinwirkung im Gehirn nicht nur das Körpergewicht, sondern auch die Verteilung von Fett im Körper bestimmt. Wie ungesund Körperfett ist, hängt davon ab, wo es gespeichert wird, wobei viszerales Fett (Bauchfett) besonders ungünstig ist, denn dieses setzt zahlreiche Botenstoffe frei, die sich unter anderem negativ auf den Blutdruck auswirken, die Freisetzung des Hormons Insulin beeinflussen und Entzündungen auslösen können, was das Risiko für Diabetes, Herz-Kreislauf-Krankheiten sowie bestimmte Krebsarten erhöht. Das subkutanes Fett (Unterhautfettgewebe) hat hingegen keine bekannten negativen Auswirkungen auf die Gesundheit. Menschen mit hoher Insulin-Sensitivität im Hypothalamus bilden nur wenig viszerales Fettgewebe, doch auf die Masse des Unterhautfettgewebes hat die Insulin-Sensitivität keinen Einfluss. Menschen mit einer hohen Insulin-Sensitivität im Gehirn profitieren daher von Lebensstil-Umstellungen mit einer ausgeprägten Reduktion des Gewichts und des viszeralen Fettgewebes, und auch nach Ende dieser Umstellung lagerten sie während einer jahrelangen Nachbeobachtung nur wenig Fettmasse wieder an. Im Gegensatz dazu zeigten Menschen mit einer Insulin-Resistenz im Gehirn nur in den ersten neun Monaten eines solchen Programms eine leichte Gewichtsabnahme, danach stiegen das Körpergewicht und das viszerales Fett während der folgenden Monate wieder an (Kullmann et al., 2020).

    Was und wann der Mensch isst, ist daher keine reine Willenssache, denn die Nahrungsaufnahme eines Organismus wird komplex reguliert und zentralnervös gesteuert. Dabei spielen im Gehirn kurzfristige Sättigungssignale wie gastrointestinale Hormone, langfristige Signale wie das Leptin, aber auch Geruch und Aussehen der Speisen zusammen. Eine wichtige Rolle nimmt dabei das Insulin ein, denn steigt beim Essen der Blutzuckerspiegel an, wird das Hormon von den Betazellen der Bauchspeicheldrüse ausgeschüttet. Es erreicht auch das Gehirn, wo es unter anderem spezielle appetithemmende Nervenzellen im Hypothalamus, die POMC-Neurone aktiviert, die daraufhin die Nahrungsaufnahme drosseln. Die POMC-Neurone sind in der Regulation sehr wichtig, denn sind sie in ihrer Funktion etwa durch Mutationen gestört, ist das Adipositasrisiko erhöht. In Versuchen mit Tieren, die eine hochkalorische, fettreiche Diät erhielen, konnte intranasal verabreichtes Insulin einer Gewichtszunahme entgegenwirken. Bei einer Fehlernährung wird dieser Regulationsmechanismus des Insulins gestört, d. h., das Gehirn kann wie Muskeln, Leber und Fettgewebe eine Insulinresistenz entwickeln, sodass es dann nicht mehr auf die Insulinsignale reagiert. Diese Resistenz ist deshalb problematisch, da sie nicht nur ein Kennzeichen von metabolischen, sondern auch von neurodegenerativen Erkrankungen wie Alzheimer-Demenz sein kann.

    Bauchfett

    Jensen-Cody et al. (2020) haben jüngst jene Zellen im Gehirn identifiziert, die das Verlangen nach Zucker steuern, wobei das Verständnis der biologischen Mechanismen, die den Zuckerkonsum und die Vorliebe für süßen Geschmack regeln, Auswirkungen auf die Bewältigung und Prävention von Adipositas und Typ-2-Diabetes haben könnten. Man fokussierte dabei auf den Fibroblasten-Wachstumsfaktor 21 (FGF21), ein Hormon, das an der Energiebilanz, der Kontrolle des Körpergewichts und der Insulinsensitivität beteiligt ist. FGF21 wird in der Leber als Reaktion auf einen erhöhten Zuckerspiegel gebildet und bewirkt im Gehirn, dass die Vorliebe für süßen Geschmack unterdrückt wird. Dabei bindet das Hormon an die glutamatergen Neuronen an, um so die Zuckeraufnahme und die Präferenz für süßen Geschmack zu senken.

    Literatur

    Domke, A. (2020). Insulinwirkung im Gehirn bestimmt das Körpergewicht und die Fettverteilung. Deutsches Zentrum für Diabetesforschung.
    Jensen-Cody, Sharon O., Flippo, Kyle H., Claflin, Kristin E., Yavuz, Yavuz, Sapouckey, Sarah A., Walters, Grant C., Usachev, Yuriy M., Atasoy, Deniz, Gillum, Matthew P. & Potthoff, Matthew J. (2020). FGF21 Signals to Glutamatergic Neurons in the Ventromedial Hypothalamus to Suppress Carbohydrate Intake. Cell Metabolism, doi;10.1016/j.cmet.2020.06.008.
    Kullmann, Stephanie, Valenta, Vera, Wagner, Robert, Tschritter, Otto, Machann, Jürgen, Häring, Hans-Ulrich, Preissl, Hubert, Fritsche, Andreas & Heni, Martin (2020). Brain insulin sensitivity is linked to adiposity and body fat distribution. Nature Communications, 11, doi:10.1038/s41467-020-15686-y.
    Stangl, W. (2011). Psychologie des Abnehmens. Werner Stangls Arbeitsblätter-News.
    WWW: https://arbeitsblaetter-news.stangl-taller.at/psychologie-des-abnehmens/ (2011-04-29).
    Stangl, W. (2022, 14. April). Psychologische Tipps zum Abnehmen. arbeitsblätter news.
    https://arbeitsblaetter-news.stangl-taller.at/psychologische-tipps-zum-abnehmen/.
    https://www.pharmazeutische-zeitung.de/auch-das-gehirn-kann-insulinresistent-werden-132563/ (22-04-14)


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