Der Attributionsfehler bzw. fundamentaler Attributionsfehler beschreibt in der Psychologie die Zuschreibung bestimmter Eigenschaften als Ursache für das Handeln von Menschen, nicht aber der situationsbedingten Ursachen. Als fundamentalen Attributionsfehler bezeichnet man die Tendenz, dass ein Beobachter bei der Analyse des Verhaltens eines Menschen den Einfluss der Situation unter- und den Einfluss der persönlichen Veranlagung überschätzt.
Der Attributionsfehler ist auch ein häufiger Fallstrick in der Alltagspsychologie, wenn Menschen das Verhalten anderer Personen eher personalen, das eigene Verhalten dagegen eher situationalen Faktoren zuschreiben. Jones und Nisbett (1972) sprechen vom Akteur-Beobachter-Fehler und erklären ihn mit Unterschieden in der Wahrnehmungsperspektive. Menschen sehen in einem gegebenen Kontext eher die Anforderungen und Charakteristika der Situation, während die eigene Person aus dem Wahrnehmungsfokus zurücktritt, während es bei Beobachtern umgekehrt ist, indem die beobachtete Person im Mittelpunkt der Wahrnehmung steht.
Steve Ayan (2025) betrachtet den fundamentalen Attributionsfehler als einen zentralen Mechanismus der menschlichen Psyche, denn Menschen neigen eben dazu, Erfolge auf eigene Fähigkeiten und Anstrengungen zurückzuführen, während sie Misserfolge auf äußere Umstände oder andere Personen schieben. Dieses Muster der Selbstrechtfertigung beginnt bereits im Kindesalter und wird über die Lebensspanne hinweg durch vielfältige psychologische Strategien gefestigt. Ayan verdeutlicht anhand eines persönlichen Beispiels – dem Bau eines Holzturms in der Kindheit –, wie intuitiv und früh diese Denkweise etabliert wird, denn solange der Turm steht, ist es das eigene Verdienst, wenn er aber einstürzt, ist der Wind oder ein Geschwisterteil schuld. Diese Form der Selbstentlastung geschieht meist unbewusst und erfordert kaum kognitive Anstrengung und dient letzlich als psychologischer Schutzmechanismus, um das Selbstwertgefühl zu stabilisieren und kognitive Dissonanzen – also Widersprüche zwischen Selbstbild und Erfahrung – zu vermeiden.
Interessanterweise gilt dieser Mechanismus nicht nur für optimistische Menschen, sondern auch für jene, die sich selbst stark kritisieren. Selbstkritiker neigen dazu, ihre „Schwächen“ auf angeblich unveränderliche Faktoren wie Genetik oder eine schwierige Kindheit zurückzuführen. Damit entziehen auch sie sich letztlich der persönlichen Verantwortung. Ayan betont, dass Attribution ein flexibler, kontextabhängiger Prozess ist, bei dem Menschen bevorzugt auf Einflüsse außerhalb ihrer Kontrolle verweisen, wenn sie negative Erfahrungen erklären müssen.
Diese Tendenz zur verzerrten Ursachenzuschreibung ist nicht zwingend irrational oder problematisch, denn sie erfüllt im Gegenteil eine wichtige Funktion für die psychische Stabilität. Ayan sieht in der Fähigkeit zur Schuldabwehr keinen Mangel an Objektivität, sondern einen essenziellen Bestandteil psychischer Widerstandskraft. Zwar ist es theoretisch richtig, dass Erfolge und Misserfolge meist durch ein komplexes Zusammenspiel interner und externer Faktoren entstehen, doch in der alltäglichen Wahrnehmung verlagern Menschen die Gewichte gezielt zu ihren Gunsten, was zwar nicht immer logisch sein mag, aber emotional entlastend wirkt.
Siehe dazu ganz allgemein Attribution.
Literatur
Ayan, S. (2025). An mir lag’s nicht! Sie haben noch nie vom fundamentalen Attributionsfehler gehört? Macht nichts, Sie können bestimmt nichts dafür. Spektrum der Wissenschaft.
Jones, E. E., & Nisbett, R. E. (1972). The actor and the observer: Divergent perceptions of the cause of behavior. In E. E. Jones, D. E. Kanouse, H. H. Kelley, R. E. Nisbett, S. Valins, & B. Weiner (Eds.), Attribution: Perceiving the causes of behavior (pp. 79–94). Morristown, NJ: General Learning Press.
Kelley, H. H. (1972). Attribution in social interaction. In E. E. Jones, D. E. Kanouse, H. H. Kelley, R. E. Nisbett, S. Valins and B. Weiner (eds.), Attribution: Perceiving the causes of behavior (pp. 1-26), Morristown, NJ: General Learning Press. (Stangl, 2025).
Stangl, W. (2011, 13. April). Motiv und Motivation Psychologische Erklärungsmodelle. [werner stangl]s arbeitsblätter.
https://arbeitsblaetter.stangl-taller.at/MOTIVATION/MotivationModelle.shtml
Attribution bedeutet die Zuschreibung von Eigenschaften, die manchmal zu einem Wahrnehmungsphänomen führt, das als fundamentaler Attributionsfehler bekannt ist. Das Phänomen zeigt sich darin, dass der Beobachtende das, was er beobachtet, dem Menschen (beobachtetes Objekt) als Eigenschaft zuschreibt.