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Furcht

    Das höchste Glück des Menschen ist die Befreiung von Furcht.
    Walther Rathenau

    In der psychologischen Forschung unterscheidet man genau zwischen Furcht und Angst, denn Furcht bedeutet, dass eine konkrete, begründete Gefahr für Gesundheit und Existenz besteht, etwa wenn ein Hund auf jemanden zuläuft. Angst hat ein Mensch, wenn es bloß möglich ist, dass eine furchtauslösende Situation eintreten könnte, was psychologisch betrachtet ein fundamentaler Unterschied ist. Furcht als Affekt oder Gefühlszustand unterscheidet sich daher von der allgemeinen Angst vor allem dadurch, dass bei der Furcht eine mehr oder minder klare Bedrohung wenn nicht Lebensbedrohung vorhanden sein muss, wobei eine solche konkrete Furcht meist im Zusammenhang mit körperlichen Erscheinungen, etwa an den Atmungsorganen oder am Herzen, auch an den Verdauungs- und Harnorganen steht. Furcht ist daher das Gefühl einer konkret fassbaren Bedrohung bzw. bezeichnet die Reaktion des Bewusstseins auf eine gegenwärtige oder vorausgeahnte Gefahr. Da Furch um Gegensatz zur Angst meist rational begründbar und wirklichkeitsgerecht ist, wird sie auch als Realangst bezeichnet. Bei einer solchen Bedrohung steuert die Amygdala im Gehirn das Angstempfinden, was an den Hypothalamus übermittelt wird und zur Ausschüttung des Stresshormons Cortisol durch die Nebennieren führt (Alarm-Reaktion). Wenn Gefahr im Verzug ist, wird die Aufmerksamkeit fokussiert, man erkennt Dinge schneller, ist vigilanter, was mit einem erhöhtem Herzschlag verbunden ist, der Körper ist insgesamt aktiviert, das Gehirn wird mit mehr Sauerstoff versorgt, ebenso die Muskeln, für den Fall, dass man flüchten muss.

    Furchtsame, ängstliche Menschen sehen in vielen Augenblicken ihres Lebens eine Zukunft voller Schwierigkeiten und schwelgen während ihres gesamten Lebens in Worst-Case-Szenarien, die sich in vielen Fällen natürlich niemals verwirklichen, denn dann würde die Menschheit wohl von einer Katastrophe in die nächste taumeln. Zwar weiß man aus der Lernpsychologie, dass Furcht und Angst, wenn sie einmal gelernt ist, nur sehr schwer verlernt werden kann, denn Angst ist auf Grund evolutionärer Wurzeln aus gutem Grund sehr veränderungsresistent. Aber dennoch gilt prinzipiell, dass das Gehirn anpassungsfähig ist, also dass das Gehirn, wem es gelernt hat, ängstlich und furchtsam zu sein, es auch lernen kann, es nicht  zu sein.


    Die konzeptuelle Unterscheidung zwischen ‚Angst‘ und ‚Furcht‘ stammt aus der Zeit Sigmund Freuds bzw. sogar aus der Zeit der antiken griechischen Philosophen, wobei die vorherrschende wissenschaftliche Theorie besagt, dass Furcht und Angst unterschiedlich sind, mit unterschiedlichen Auslösern und daher getrennten Gehirnkreisläufen. Man nahm bisher an, dass Furcht, eine vorübergehende Reaktion auf eine bestimmte Gefahr, von der Amygdala kontrolliert wird, während Angst einen anhaltenden Zustand erhöhter Besorgnis und Erregung darstellt, der hervorgerufen wird, wenn eine Bedrohung ungewiss ist, und im Gehirn durch den benachbarten Bettkern der Stria terminalis orchestriert wird. Shackman & Fox (2016) haben nun entdeckt, dass diese beiden Hirnregionen für bestimmte und unsichere Arten von Bedrohungen gleichermaßen empfindlich sind. Wenn überhaupt, dann scheinen Furcht und Angst im Gehirn unter Verwendung eines massiv überlappenden Satzes von neuronalen Bausteinen konstruiert zu sein.

    Literatur

    Shackman, A. J., & Fox, A. S. (2016). Contributions of the Central Extended Amygdala to Fear and Anxiety. The Journal of Neuroscience, 36, 8050–8063.


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