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Gehirn

    Rein praktisch betrachtet ist das menschliche Gehirn eine miese Erfindung der Evolution.
    Obwohl es nur zwei Prozent der Masse ausmacht, verschlingt es zwanzig Prozent der aufgenommenen Kalorien.
    Spiegel online 2019

    Das menschliche Gehirn dient nicht der Wahrheit, sondern dem Überleben.
    Stefan Klein in Wie wir die Welt verändern: Eine kurze Geschichte des menschlichen Geistes

    Als Gehirn bezeichnet man den im Kopf gelegenen Abschnitt des Nervensystems, der die zentrale Steuerungszentrale des Körpers bildet. Bei höher entwickelten Tieren bildet das Gehirn zusammen mit dem Rückenmark das Zentralnervensystem. In diesem sind die Sinneszentren und übergeordnete Schaltzentren wie Koordinations- und Assoziationszentren zusammengefasst. Das Gehirn ist für die Ausbildung komplizierter Handlungsabläufe, für die Fähigkeit des Gedächtnisses und für die Ausprägung von Denken, Fühlen, Bewusstsein und Intelligenz verantwortlich. Das menschliche Gehirn ist ein komplexes System mit hochgradig koordinierten Interaktionen zwischen großen spezialisierten Gruppen von Neuronen, den neuronalen Netzen. Die Dynamik und Formbarkeit dieser Netze (Neuroplastizität) bildet die Basis für die Gehirnentwicklung und das Lernen. Als grundlegende Einheit der Neuroplastizität fungieren die Kontaktpunkte zwischen den Neuronen (Synapsen), die die Informationsweitergabe innerhalb des Gehirns sowie zum Rest des Körpers ermöglichen. Alle menschlichen Gedanken, Handlungen, Emotionen und Erinnerungen entstehen dabei in einem Geflecht aus elektrochemischen Signalen, das durch Synapsen vermittelt wird. Das menschliche Gehirn ist dabei ein extrem verteilt organisiertes System, in dem viele Prozesse parallel laufen, die alle miteinander vernetzt sind und sich selbst ­organisieren. Alles was Menschen tun basiert auf Prozessen im Gehirn, die eine Vorgeschichte haben, d. h., sie legen sich die Welt auf Grund ihrer Erfahrungen und ihres Vorwissen zurecht, was letztlich bedeutet, jeder Mensch konstruiert sich seine Welt.



    Anatomisch hat das menschliche Gehirn und auch das der meisten Tiere drei Hauptteile: Schon bei niederen Wirbeltieren entstehen aus dem Vorderhirn (Prosencephalon) das der Nase zugeordnete Endhirn (Großhirn) und das den Augen zugeordnete Zwischenhirn. Das Mittelhirn (Mesencephalon) bleibt ungegliedert erhalten. Das Rautenhirn (Rhombencephalon) gliedert sich weiter auf in das Hinterhirn mit dem Kleinhirn und der Brücke sowie in das verlängerte Mark, das den Übergang zum Rückenmark bildet. Mit zunehmender Höherentwicklung vergrößern sich die Teile und differenzieren sich weiter.

    Bekanntlich müssen Huftiere sofort nach ihrer Geburt mit ihren Herden ziehen und kommen daher mit nahezu komplett ausgereifter Wahrnehmung und Motorik auf die Welt. Nun untersuchten Ernst et al. (2018) die Gehirnentwicklung bei Föten des Europäischen Wildschweins vom 35 Tage alten Embryonalstadium bis 30 Tage nach der Geburt. Ausgewachsene Wildschweine haben ein hochgradig gefurchtes Gehirn, wobei das grundlegende Muster bereits im 60 Tage alten Embryo erkennbar ist, also etwa nach der Hälfte der 114-tägigen Tragezeit, und bis zur Geburt ist das Furchungsmuster weitgehend ausgereift. Bereits 30 Tage vor der Geburt lassen sich in der Hirnrinde Neuronen erkennen, die auch im erwachsenen Gehirn noch zu finden sind, wobei diese Neuronen auch den Botenstoff GABA produzieren und in ihrer Wirkung hemmend sind. Bei Nagetieren und Fleischfressern lassen sich diese Neuronentypen der adulten Hirnrinde erst etwa zwei Wochen nach der Geburt beobachten. Diese Neuronentypen sind ihrem Erscheinungsbild nach bei Huftieren, Nagern und Carnivoren sehr ähnlich, doch der zeitliche Verlauf der Reifung ist bei Huftieren in die Fetalperiode verlagert.


    Übrigens ist der Kopf beim Neugeborenen jener Körperteil, der am schnellsten wächst, da das Gehirn besonders rasch größer wird, denn dreihundert Gramm wiegt etwa das Gehirn bei einem Neugeborenen, während es im Alter von zwei Jahren schon ein drei Mal so großes Gehirn mit neunhundert Gramm besitzt. Aus der Kopfgröße in Relation zur Körperlänge und zum Gewicht des Kindes kann man das Wachstum des Gehirns beurteilen, ob es sich gut und gleichmäßig entwickelt. Bei der Entwicklung des Kopfumfange sind Vererbung und Gene mitentscheidend, sodass sich die Norm immer innerhalb einer gewissen Spannbreite bewegt. Bei der Geburt haben Kinder im Durchschnitt einen Kopfumfang von etwa 34 cm, mit drei Monaten zwischen 38 und 42 cm, mit einem halben Jahr zwischen 41 und 44 cm, mit einem dreiviertel Jahr zwischen 42 und 46 cm und mit einem Jahr zwischen 43 und 47 cm. Der Kopfumfang wächst nach der Geburt also etwa ein bis zwei Zentimeter pro Monat, wobei große Neugeborene für gewöhnlich etwas langsamer wachsen als kleine. Besonders Frühgeburten nehmen in den ersten Monaten ihres Lebens besonders an Kopfumfang zu und können dadurch viele Entwicklungsnachteile der verfrühten Geburt wettmachen, sodass sie mit zwei Jahren zumeist so sehr aufgeholt haben, dass sie von Normalgeborenen nicht mehr zu unterscheiden sind.


    Amüsantes zum Gehirnwachstum fand sich in einem hier nicht namentlich genannten Bezirksblättchen unter dem Titel „Wie kommt das Wissen in den Kopf?

    „Dass sich der Denkmuskel durch das Lernen verändert, zeigt schon die Veränderung des Gewichts. Im ersten Lebensjahr vergrössert das Baby seine Gehirnmasse von etwa 250 Gramm auf 750 Gramm. Dies geschieht nur dadurch, dass es «lernt». Die Zahl der Nervenzellen im Gehirn bleibt im Laufe des Lebens in etwa konstant, aber es entstehen neue Verbindungen zwischen den Neuronen, die Schaltstellen nehmen zu. Darum wird das Gehirn schwerer. „


    Historisches: Um zu verstehen, was die Funktionsweise des menschlichen Geistes bzw. des Gehirns ausmacht, sind seit jeher Vergleiche herangezogen worden. Erst nahm man an, der Mensch werde aus Lehm geformt und ein Gott hauche ihm seinen Geist ein. Später fand man an einem hydraulischen Modell Gefallen, etwa der Vorstellung, dass der Fluss der Säfte im Körper für das körperliche und geistige Geschehen verantwortlich sei. Als im 16. Jahrhundert Automaten aus Federn, Zahnrädern und Getrieben gebaut wurden, kamen Denker wie René Descartes zu der Ansicht, Menschen seien komplexe Maschinen. Nach Entdeckung der Elektrizität verglich Hermann von Helmholtz das Gehirn mit einem Telegrafen. Der Mathematiker John von Neumann konstatierte, dass die Funktion des menschlichen Nervensystems digital sei und zog immer neue Parallelen zwischen den Bestandteilen der damaligen Rechenmaschinen und den Komponenten des menschlichen Gehirns. Nun ist die Vorstellung, das Gehirn arbeite wie ein Computer, die aktuellste Metapher, doch der Vergleich hat weder etwas mit dem aktuellen Wissen über das Gehirn zu tun noch mit der menschlichen Intelligenz oder einem persönlichen Selbst, denn es gibt einen unüberbrückbaren Unterschied zwischen Mensch und Maschine: die Komplexität der Welt. Ein neugeborener Mensch ist bereits mit evolutionär weitergereichten Potenzialen ausgestattet, etwa mit seinen Sinnen, einer Handvoll Reflexen, die für sein Überleben wichtig sind, und mit leistungsfähigen Lernmechanismen, die es ihm ermöglichen, sich schnell anzupassen, so dass er mit seiner Welt immer besser interagieren kann, auch wenn diese Welt sich permanent verändert. In den Neurowissenschaften dominierte lange die ­Ansicht, dass das Gehirn bei der Geburt einer Tabula rasa gleicht, die erst im Lauf des Lebens mit Sinneseindrücken und Erfahrungen gefüllt wird, doch hat dieses einfache Modell einige Schwachstellen, da sich viele Prozesse des Gehirns damit schwer oder gar nicht erklären lassen. Schon bei der Geburt ist ein junges Gehirn voller Informa­tionen, die nur noch sinnvoll mit Erfahrungen verknüpft werden müssen. Diese Ansicht ist überholt bzw. schlicht falsch! Bei der Geburt ist das menschliche Gehirn bereits mit grundlegenden neuronalen Netzwerken und Strukturen ausgestattet, die für die zahlreiche Funktionen des Körpers notwendig sind. Von da an ist die Entwicklung des Gehirns ein fortlaufender Prozess, der durch Erfahrungen, Umweltreize und Interaktionen mit der Welt geprägt wird. Neugeborene sind mit angeborenen Reflexen und grundlegenden Fähigkeiten wie dem Saugen und Greifen ausgestattet, aber ihre weiteren kognitiven Fähigkeiten, Sprache, Wissen und Verständnis entwickeln sich im Laufe der Zeit durch Lernen und Interaktionen mit ihrer Umgebung. Während der frühen Kindheit entwickelt sich das Gehirn jedoch sehr schnell und bildet zahlreiche Verbindungen zwischen den Neuronen, die durch immer mehr Erfahrungen und kontinuierliches Lernen geformt werden, was zu einem rasanten Aufbau von Wissen und Verständnis der Welt führt. Es gibt darüber hinaus angeborene Faktoren, die die Entwicklung des Gehirns beeinflussen, wobei auch die genetische Veranlagung eine Rolle bei der Prädisposition für bestimmte Fähigkeiten oder Verhaltensweisen spielen kann.

    Das Problem: Die Welt besteht ja aus unzähligen Objekten mit einer unendlichen Vielfalt, wobei Menschen diese aus unterschiedlichen Blickwinkeln wahrnehmen und doch erkennen, dass ein Glas ein Glas ist, und zwar unabhängig von seiner Form, seiner Größe oder seiner Position im Raum. Es ist daher eine ganz zentrale Frage, wie Menschen in der Lage sind, die Bestandteile ihrer Umgebung zu identifizieren, nach welchen Regeln sie etwa visuelle Informationen nutzen, um dann Entscheidungen zu treffen. Diese Fragestellung ist übrigens auch zentral für die computergestützte Kognitionsforschung, in der man prinzipiell verstehen will, an welchen Merkmalen Menschen Objekte festmachen, d. h., dass sie ein Objekt überhaupt als solches erkennen und wie sie dann sinnvoll damit interagieren können, Diese visuelle Wahrnehmung von Gegenständen ist dabei eine erstaunliche Fähigkeit, wenn man bedenkt, dass sich die Umgebung ja ständig verändert und man daher laufend neue Sinneseindrücke von Objekten wahrnimmt, die man zuvor so noch nicht erlebt hat. Dabei läuft gewissermaßen im Hintergrund eine komplexe Abfolge an Wahrnehmungs- und Entscheidungsprozessen ab, durch die Menschen dann Eigenschaften von Objekten erkennen und diese danach einteilen können, wenn sie ein Objekt ausmachen und es von anderen unterscheiden.


    Amüsantes: In einer Community fand sich folgende unterhaltsame Antwort auf die Frage „Ist das menschliche Gehirn ein Evolutionsfehler?

    Es war das Zusammenspiel von gleich mehreren Faktoren, die alles aus dem Gleichgewicht gebracht haben. Unser Gehirn konnte nur deshalb so groß werden, weil unsere Vorfahren die Augen vorn im Gesicht hatten, nebeneinander wie Raubtiere. Sie konnten damit räumlich sehen. Dazu kommt der aufrechte Gang und die frei gewordenen Hände. Mit den nebeneinander liegenden Augen, dem aufrechten Gang und den frei gewordenen Händen konnte das Gehirn wachsen und mit dem Wachstum wurden unsere Vorfahren immer geschickter, was zu noch mehr Wachstum des Gehirns führte. Es liegt also nicht nur an unserem Gehirn. Der Mensch an sich ist eine Fehlkonstruktion. Der aufrechte Gang verschafft uns Rückenschmerzen, denn unsere Wirbelsäule wurde nicht dafür konstruiert, das Gewicht unseres Oberkörpers ganz allein zu tragen. Wir brauchen Entlastung für unseren Rücken und weil wir in unseren Breiten nicht auf dem kalten Boden schlafen wollen, brauchen wir ein Bett. Weil dieses Bett nicht im Regen stehen soll, brauchen wir ein Dach über dem Kopf. Weil unser Gehirn so groß ist, muss es ständig beschäftigt werden. Wir brauchen Unterhaltung. Jeder von uns besitzt einen Fernseher und einen Internetzugang. All das hätten wir nicht, wenn wir auf allen Vieren gehen würden oder wenn unsere Augen an den Seiten unseres Schädels liegen würden wie bei Pferden. Unser Gehirn könnte dann nicht wachsen. Wir wären nicht geschickt, wir bräuchten keine Entlastung für unseren Rücken und wir bräuchten auch keine ständige Unterhaltung. Wir wären zufrieden mit einer Handvoll Nüssen und ein wenig Sonnenschein.


    Künstlerisches:
    Gehirn einschalten

    Der Neurowissenschaftler Karl Friston beschreibt übrigens die grundlegende Arbeitsweise des Gehirns als Prinzip der freien Energie (free energy principle), d. h., das Gehirn vermeidet Überraschungen, also freie Energie, so gut es geht, und verbessert zu diesem Zweck permanent die eigenen Prognosen darüber, was sich in der Welt ereignet.


    Der Neurologe Magnus Heier über das Gehirn: Sie müssen sich Ihr Gehirn wie ein unfassbar einsames Organ vorstellen. In Ihrem Gehirn entsteht zwar eine Welt, in der sich mich hören und sehen. Und wenn Sie Pech haben, riechen Sie mich auch. Sie haben also eine präzise Vorstellung von Ihrer Umgebung. Das ist natürlich alles Quatsch. Ihr Gehirn liegt in einer dunklen Höhle ohne jeden Kontakt nach außen. Das Gehirn hört nicht, sieht nicht, riecht nicht, fühlt nicht. Sie können es streicheln oder sogar operieren, es merkt es gar nicht. Es bekommt lediglich elektrische Signale von außen. Aus dem Auge, aus dem Ohr, von der Zunge. Und aus diesen elektrischen Signalen konstruiert es eine Welt, in der oder mit der es leben kann. Ob das irgendetwas mit der objektiven Welt da draußen zu tun hat, ist stark zu bezweifeln. Es gibt da draußen keine Farben. Was sie als „blau“ und schön empfinden ist keine Farbe, das ist eine Wellenlänge des Lichts. Im Grunde haben Sie ein wahnhafte Vorstellung Ihres Äußeren. (…) Ich nehme Ihnen damit auch die Illusion, dass Sie irgendwelche Dinge sachlich, nüchtern, objektiv, nachvollziehbar verarbeiten. Das tun Sie alles nicht. Sie sind geprägt von Eindrücken, Emotionen und Irrationalitäten. Ihre Partner-, Handy- oder Autowahl steht zum Beispiel auf ganz anderen Füßen, als Sie glauben. Wir können sogar beweisen, dass Ihre Entscheidungen umso klüger werden, je mehr Ihr Bewusstsein abgelenkt wird. Je besser und aktiver Ihr Unterbewusstsein vor Entscheidungen arbeiten kann, umso besser werden diese ausfallen.


    Das Gehirn von Kraken ist bemerkenswert, denn nur ein Teil davon befindet sich im Kopf, der Rest ist verteilt auf die acht Arme, denn so können sie sich auch unabhängig vom Zentralgehirn bewegen, wobei die Komplexität von Signalverarbeitung und Verhalten bei Kraken vergleichbar mit der von Wirbeltieren ist. Kopffüßer wie Sepien und Tintenfische besitzen daher ein sehr komplexes Gehirn, denn nach einer detaillierten Magnetresonanzuntersuchung eines Tintenfischgehirns war dieses mit dem Gehirn eines Hundes durchaus vergleichbar, wobei dieses nach der Anzahl der Neuronen das Gehirn von Mäusen und Ratten sogar übertrifft. Kopffüßer wie der Sepioteuthis lessoniana besitzen mehr als fünfhundert Millionen Neuronen im Vergleich zu zweihundert Millionen bei Ratten oder zwanzigtausend bei gewöhnlichen Weichtieren. Dies erklärt das komplexe Verhalten von Kopffüßern, einschließlich der Fähigkeit, etwa ihre Farbe zu ändern, um sich zu tarnen, und miteinander unter Verwendung einer Vielzahl von Signalen zu kommunizieren. Zahlreiche neuronale Schaltkreise sind dabei für die Tarnung und visuelle Kommunikation angelegt, wodurch Tintenfische in der Lage sind, Raubtieren auszuweichen oder erfolgreich zu jagen. Dies Ähnlichkeit des Zentralnervensystems mit Wirbeltieren bestätigt die Konvergenzevolutionshypothese, nach der Organismen in verschiedenen Arten unabhängig voneinander ähnliche Merkmale entwickelt haben. Die Ähnlichkeit mit Nervensystemen der Wirbeltiere ermöglicht es sogar, die Funktion des Nervensystems der Kopffüßer auf der Ebene des Verhaltens vorherzusagen, wobei einige Neuronennetze für das Verhalten mit visueller Kontrolle wie etwa die Tarnung unter Berücksichtigung des Schattens zuständig sind, um sich besser in einen Hintergrund einzufügen.

    Hinzu kommt, dass Kraken und andere Kopffüßer in Gewässern leben, die je nach Jahreszeit recht warm oder recht kalt sind. Damit schwankt auch die Körpertemperatur der wechselwarmen Tiere stark, was normalerweise gefährlich für das Gehirn ist. Kraken und Kalmare schützen ihr Hirn, indem ihr Körper auf eine veränderte Umgebungstemperatur reagiert, dass er jeweils solche Proteine bildet, die für ein gutes Funktionieren des Nervensystems bei Kälte oder Wärme sorgen. Dafür passt sich der biochemische Prozess, in dem bestimmte Gene an- und ausgeschaltet werden, der Außentemperatur an. Diese Anpassung geht wohl ziemlich schnell, wie ein Experiment zeigte: Man hat Kraken in ein Aquarium gesetzt und die Temperatur langsam von 14 auf 24 Grad erhöht. Schon nach vier Tagen hatten die Körper der Tiere alle Proteine gebildet, die sie für ein gut funktionierendes Hirn in der wärmeren Umgebung brauchen.

    Tiere ohne Gehirn

    Nesseltiere bestehen zu 99 % aus Wasser und besitzen weder ein Gehirn, noch Blut oder ein Herz. Der Körper von Nesseltieren ist lediglich aus zwei Zellschichten aufgebaut. Nesseltiere leben ausschließlich im Wasser, wobei bisher kein Landtier ohne Gehirn gefunden wurde. Zu den Nesseltieren gehören:

    • Quallen: Menschen fürchten sich oft vor Quallen wegen ihrer brennenden Tentakel, dabei besitzen diese Tiere kein Gehirn und greifen daher auch nicht absichtlich an, sondern schweben nur im Wasser herum. Bei manchen Arten wurden jedoch Augen festgestellt, doch wie Quallen ohne Hirn sehen können, ist bisher ein Rätsel.
    • Korallen: Korallen könnten für Pflanzen gehalten werden, sind aber Tiere, denn sie bestehen aus winzigen Polypen. Da sie ebenfalls zu den Nesseltieren gehören, besitzen sie kein Gehirn.
    • Seeanemonen: Auch wenn Seeanemonen kein Gehirn und nur wenige Nervenzellen besitzen, sind sie lernfähig sind und reagieren unterschiedlich auf Bedrohungen.
    • Seemoos: Obwohl Moos an Land zu den Pflanzen gehört, besteht Seemoos aus einer Vielzahl von Polypenstöcken und gehört deshalb zu den Nesseltieren.

    Kurioses: Der medizinische Blutegel besitzt übrigens 32 Gehirne, mehrere Augenpaare und Kiefer.


    Wissenswertes & Kurioses: Warum bekommen Spechte keine Gehirnerschütterung

    Vögel haben normalerweise drei Vorder- und eine Hinterzehe, doch bei Spechten zeigen jeweils zwei Zehen nach vorne und zwei nach hinten, sodass sie besseren Halt beim Klettern und beim Hämmern finden. Auch sind die Gehirne der Spechte aufgrund ihrer besonderen Anatomie vor Erschütterungsschäden beim Hämmern geschützt. Sie haben eine verstärkte Halswirbelsäule und sehr ausgeprägte Halsmuskeln, wobei das Anspannen der Muskeln dann die Stöße, die beim Hämmern entstehen, abfedert. Auch ist das Gehirn und die Kopfstruktur des Vogels perfekt daran angepasst, denn die Gehirne der Spechte wiegen nur etwa zwei Gramm und sind damit sehr klein, sodass durch die geringe Masse das Gehirn beim ruckartigen Hämmern weniger Bewegungsenergie bekommt, und somit das das Risiko einer Hirnverletzung gesenkt wird. Außerdem füllt das Gehirn der Spechte fast den gesamten Schädel aus und kann bei den Hämmerschlägen nicht hin- und herschwappen, etwa im Gegensatz zum menschlichen Gehirn, das durch die großen Menge an Gehirnflüssigkeit viel Bewegungsfreiheit hat und dadurch schnell gegen die Schädelwand prallen kann. Bei den Spechten sitzt der Schnabel auch etwas unterhalb des Gehirns, wodurch die Kraft des Aufschlags nicht direkt auf das Gehirn trifft, sondern von den Knochen aufgefangen wird, die sehr dick sind und wie ein Stoßdämpfer wirken. Dadurch wird die Energie des Stoßes um den ganzen Schädel herum bis zum stabilen Knochengewebe der Schädelbasis und der Rückseite übertragen. Kurz bevor der Schnabel auf die Baumrinde trifft, schließt der Specht außerdem seine Augen und verhindert so, dass die Kraft des Aufpralls die Augen aus ihren Höhlen drückt. Mit einer Geschwindigkeit von bis zu 25 Kilometern pro Stunde hämmert der Specht im Durchschnitt 12000 Mal am Tag auf die Baumrinde, doch dank seiner besonderen Anatomie gehen nur 0,3 Prozent der Energie des Aufpralls auf das Spechtgehirn über, während die restlichen 99,7 Prozent der Energie vom Körper des Spechts aufgefangen werden.
    Anmerkung: Davor hatte man angenommen, dass sich an verschiedenen Stellen des Spechtschädels schwammige Strukturen (Spongiosa) befänden, die den Aufprall abfedern, und auch das bogenförmige Zungenbein der Spechte könne ebenfalls einen Teil der Energie des Stoßes aufnehmen, d. h., man vermutete, dass ein Specht deshalb keine Gehirnerschütterung bekäme, weil die Anatomie seines Kopfes wie ein stoßdämpfender Helm wirke. Die Anatomie des Schädelskeletts der Spechte diente deshalb auch als Vorlage für die Entwicklung stoßdämpfender Materialien und Helme.


    „Das Gehirn wandert aus dem Auto in die Cloud!“

    Matthias Zink, CEO Automotive, 2020 über Transformationsprozess in der Autoindustrie


    Siehe dazu auch die Arbeitsblätter Das menschliche Gehirn.

    Das Gehirn bei Arthropoden

    Tiere bilden Erinnerungen und nutzen sie, um künftige Verhaltensweisen zu steuern, wobei die im Gedächtnis gespeicherten Informationen so ausgewählt werden, dass sie nur Details enthalten, die zu einer adaptiven Entscheidungsfindung führen. Arthropoden wie Insekten und Spinnen bilden ihre detaillierte Erinnerungen daher mit sehr unterschiedlichen Mechanismen als Menschen, denn diese orientieren sich an Ortszellen im Hippocampus, die Arthropoden fehlen, doch diese besitzen offenbar Gehirnregionen, die sich entwickelt haben, um die gleiche Funktion zu erfüllen. Übrigens zählen zu den Arthropoden neben Spinnentieren auch Krebstiere, Tausendfüßler sowie die Insekten, deren größte Gruppe die Käfer sind. Mit etwa einer Million beschriebenen und neun Millionen geschätzten Arten sind die Arthropoden der bei weitem erfolgreichste Tierstamm.

    Bei Spinnen zeigen sich etwa zwei Gruppen von Neuronen (Ganglien), eine oberhalb der Speiseröhre und eine unterhalb. Kritischer Input für dieses Gehirn kommt von den Tausenden von Sensoren, die sich entlang des Exoskeletts der Spinne befinden, das als sensorische Spalte bezeichnet wird, der sich verformt, wenn Vibrationen über den Körper der Spinne streichen. Spinnengehirne unterscheiden sich dabei deutlich von menschlichen Gehirnen, denn ihre Sinneswelt orientiert sich am Leben in Netzwerken und dunklen Ecken. Während Menschen visuelle Tiere sind, fehlt es netzbildenden Spinnen an großem Sehvermögen, und obwohl sie Augen haben, um Licht und Bewegung wahrzunehmen, kommt die Wahrnehmung hauptsächlich von Schwingungen, wobei die Beine wie Ohren fungieren, die Vibrationen durch das Netz aufnehmen.

    Sergi et al. (2022) haben einen Test über das Suchverhaltens entwickelt, um den Inhalt des Gedächtnisses der Schwarzen Witwe aufzudecken, indem sie Beute in zwei Hauptbestandteilen von Schwarze Witwe-Netzen bereitgestellt und dann die Beute gestohlen haben, um ein Suchverhalten auszulösen. Anhand des Suchaufwands, d. h. der Wahrscheinlichkeit der Suche und der Anzahl der Suchvorgänge, konnte man feststellen, ob die Spinnen ein Gedächtnis für ihre Beute entwickeln und ob ihr Gedächtnis bestimmte Merkmale ihrer Beute enthält. Schwarze Witwen suchten deutlich häufiger, nachdem sie einen Beutediebstahl erlebt hatten, was zeigt, dass die Spinnen Erinnerungen an ihre Beute entwickeln. Schwarze Witwen suchten auch eher nach relativ großen Beutetieren, aber dieser Effekt hing von der Stelle ab, an der die Beute im Netz gefangen wurde. Dies deutet darauf hin, dass Schwarze Witwen auch ein Gedächtnis für die relative Größe ihrer Beute und deren Fangort entwickeln. Darüber hinaus lässt sich aus ihrer natürlichen Geschichte ableiten, wann diese Details gespeichert oder verwendet werden und wann nicht.


    Der Gehirntod bezeichnet dem Zustand eines Gehirns, bei dem es zu einem nicht umkehrbaren Ausfall der Hirnfunktionen gekommen ist, der das Kleinhirn, das Großhirn und den Hirnstamm betrifft. Dies bedeutetet, dass Betroffene nicht mehr spontan atmen können, vielmehr müssen diese künstlich beatmet werden. Im Gegensatz zu einem Koma können hirntote Menschen nicht wieder aufwachen, da ihr Gehirn nicht mehr mit Blut versorgt werden kann, denn dadurch entsteht ein Sauerstoffmangel und das Gehirn stirbt ab. Da das Gehirn für den Körper das übergeordnete Steuerorgan darstellt, werden durch den Funktionsausfall des Gehirns auch andere Körperfunktionen mit der Zeit ausfallen. Es kommt zwar vor, dass das Rückenmark noch funktionsfähig ist, sodass Blutdruck und Puls weiterhin messbar sind und auch das Herz schlägt, doch für die Aufrechterhaltung dieser fundamentalen Körperfunktionen ist eine intensivmedizinische Behandlung notwendig. Ein Hirntod ist nicht behandelbar und wird die Diagnose ärztlich nach dem vorgeschriebenen Protokoll gestellt, gilt die Person als tot.


    Die Gehirn-Lampe aus dem 3D-Drucker


    MandalaFractal hat, nachdem er im Krankenhaus war, seine eigenen MRT-Dateien vom Gehirnscan angefordert und aus den Daten eine intelligente, farbwechselnde Lampe gebastelt, die sein 3D-gedrucktes Gehirn von innen beleuchtet. Es gibt auf der unten genannten Seite eine genaue Anleitung, wie er zu dem wunderschönen Endprodukt gekommen ist, sodass jeder, der ein MRT seines Gehirns und Zugang zu einem 3D-Drucker hat, sein eigenes Gehirn als Schreibtischlampe herstellen kann.

    Link: How To: From MRI to 3D Printed Brain Lamp


    Woher kommt das Wort Gehirn?

    Der Begriff „Gehirn“ ist etymologisch ein relativ junges Wort, das erst im 15. Jahrhundert aufkam, in einer Zeit, in der es viele Wortschöpfungen mit der Vorsilbe „Ge-“ gibt, wie „Gebeine“, „Gebäude“ oder „Gebilde“, von denen man annimmt, dass sie damals als besonders gute Sprache galten. Älter ist die kürzere Variante „Hirn“, die heute noch in anatomischen Bezeichnungen verwendet wird, aber auch in Wörtern wie „Hirngespinst“ oder „hirnrissig“ vorkommt. Dieses Wort stammt ursprünglich aus dem Urindogermanischen, jener gemeinsamen Vorstufe aller Sprachen, die heute von Island im Westen über den Iran bis nach Indien im Osten gesprochen werden und aus der 400 verschiedene Sprachen hervorgegangen sind, so dass „Gehirn“, das englische „brain“ oder das schwedische „hjärna“ alle aus demselben Wort hervorgegangen sind. Möglicherweise ist es auch mit „Horn“ verwandt, also etwas, das auf dem Kopf getragen wird, wobei „Horn“ für etwas steht, das sich oben auf dem Kopf befindet, und „Hirn“ für das, was sich im Kopf befindet.

    Literatur

    Ernst, L., Darschnik, S., Roos, J., González-Gómez, M., Beemelmans, C., Engelhardt, M., Meyer, G. & Wahle, P. (2018). Fast prenatal development of the NPY neuron system in the neocortex of the European wild boar, Sus scrofa. Brain Structure and Function, doi:10.1007/s00429-018-1725-y.
    Glaser, P. (2018). Was Menschen der Künstlichen Intelligenz voraus haben.
    WWW: https://www.stuttgarter-nachrichten.de/inhalt.kolumne-glasers-perlen-was-menschen-der-kuenstlichen-intelligenz-voraus-haben.8603ac79-09ff-4a8c-b406-5237ee2b06fb.html (18-08-30)
    Sergi, Clint, Schlais, Audrey, Marshall, Martie & Rodríguez, Rafael L. (2022). Western black widow spiders (Latrodectus hesperus) remember prey capture location and size, but only alter behavior for prey caught at particular sites. Ethology, doi:10.1111/eth.13328.
    Stangl, W. (2022, 23. Juni). Warum sind Kraken so intelligent? was stangl bemerkt …
    https:// bemerkt.stangl-taller.at/warum-sind-kraken-so-intelligent.
    https://www.gutefrage.net/frage/ist-das-menschliche-gehirn-ein-evolutionsfehler (19-05-01)
    https://www.spiegel.de/wissenschaft/natur/chile-forscher-untersuchen-mini-affen-mit-super-hirn-a-1283141.html (19-08-23)
    https://www.ikz-online.de/staedte/iserlohn/das-gehirn-ist-ein-unfassbar-einsames-organ-id228689147.html (20-03-14)
    https://www.dasgehirn.info/aktuell/frage-an-das-gehirn/warum-heisst-das-gehirn-gehirn (16-04-23)
    https://www.scinexx.de/wissenswert/warum-bekommen-spechte-keine-gehirnerschuetterung/ (22-02-06)
    https://praxistipps.focus.de/welche-tiere-haben-kein-gehirn-ein-ueberblick_160645 (23-05-06)
    https://www.deutschlandfunknova.de/nachrichten/temperaturschwankung-kraken-passen-ihr-gehirn-an-waerme-und-kaelte-an (23-06-22)


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    5 Gedanken zu „Gehirn“

    1. Anmerkung zur Computermetapher

      Die Vorstellung, dass Geist und Gehirn sich wie Software und Hardware zueinander verhalten und sich als zwei Ebenen klar voneinander trennen lassen, wird in der Kognitionswissenschaft nicht mehr vertreten, denn es geht um eine Theorie neuronaler Netze, um die neuronale Dynamik im Gehirn, um Informationsverarbeitung, die nicht symbolischer Natur ist, und darum, dass Informationsverarbeitung körperlich eingebettet ist und in Wechselwirkung mit der Umwelt steht.

    2. Mit ihren acht Armen mit Saugnäpfen, dem Eingeweidesack, dem flexiblen Körper ohne Knochen und drei Herzen, die blaues Blut durch ihre Adern pumpen, gehören Kraken zu den fremdartigsten und faszinierendsten Meereswesen. Vor allem aber bestechen die Weichtiere durch ihre enorme Intelligenz, denn manche Spezies täuschen potenzielle Räuber, indem sie die Gestalt eines giftigen Tieres imitieren, oder sie verwandeln sich die formbaren Kopffüßer optisch zum Beispiel in eine Seeschlange oder einen Rotfeuerfisch, manchmal verschmelzen sie auch urplötzlich mit ihrem Untergrund, nehmen Gestalt und Farbe einer Koralle an. In Sekundenbruchteilen ändern sie ihre Hautfarbe – etwa von kreidebleich zu rostrot zu schwarz gebändert, wofür spezielle Muskeln die Form von Pigmentzellen variieren. Sie besitzen neben dem Hauptdenkorgan, das sich wie ein Ring um die Speiseröhre spannt, noch acht neuronale Zentren, jedes davon zuständig für einen der Arme.

    3. Gehirngesundheit

      In einer Zeitschrift fand sich die Behauptung, dass bestimmte Lebensmittel die Gesundheit einiger Organe beeinflussen, wobei die Form, die Struktur und die Farbe einiger Lebensmittel einen Hinweis auf ihre Wirkung auf jene Organe geben, denen sie ähneln. Sie sollen dadurch deren Funktionsfähigkeit unterstützen oder auch das Risiko bestimmter Erkrankungen vermindern können. Diese Annahme stammt ursprünglich aus der Signaturenlehre, die davon ausgeht, dass Pflanzenteile den menschlichen Körperteilen ähneln und für diese nützlich sein können.
      Tomaten unterstützen die Herzgesundheit
      Das Ohr ähnelt Pilzen
      Walnuss für das Gehirn
      Karotten und Mandeln für die scharfe Sicht
      Sellerie für gesunde Knochen
      Weintrauben für freies Atmen
      Ingwer formt den Magen
      Avocados für eine gesunde Gebärmutter
      Grapefruit für die Gesundheit der Brust
      Die Signaturenlehre ist die Lehre von den Zeichen in der Natur, die als Merkmale auf Ähnlichkeiten, Verwandtschaften und innere Zusammenhänge hinweisen. Die Signaturenlehre fand bereits im Altertum weite Anwendung und war im späten Mittelalter in einer prototypischen Form als Denkungsart bereits stark verbreitet, geht aber in ihrer konkreten schriftlichen Formulierung in Europa auf Paracelsus und den neapolitanischen Arzt und Alchemisten Giambattista della Porta zurück, der in seinem Buch Phytognomonica (eine „Physiognomik der Pflanzen“) anhand von Signaturen ein System von Zusammenhängen zwischen Pflanzen, Tieren und Gestirnen aufzeigte.
      Quelle: https:// de.wikipedia.org/wiki/Signaturenlehre (22-09-23)

    4. Apothekerin

      B-Vitamine sind die Nervennahrung schlechthin, und zu finden sind sie in Vollkornprodukten, Hülsenfrüchten, Pilzen und Gemüse. Doch nur durch Ernährung ist es allerdings für viele Menschen schwierig, ausreichend viel davon aufzunehmen, denn oft ist der Körper durch Stress und Umweltgifte ausgelaugt, sodass Kapseln helfen, ausreichend B-Vitamine aufzunehmen. Auch Omega-3-Fettsäuren sind für das Gehirn wichtig, wobei diese dem Körper durch das Essen von Fisch, durch die Verwendung von Leinöl oder Krillöl zugeführt werden können. Alternativ können sie ebenso wie andere Inhaltsstoffe wie Vitamin D3 oder Cholin, die der Gehirnalterung entgegenwirken können, als Kombipräparate eingenommen werden. Außerdem steigert das Riechen an ätherischen Ölen wie Grapefruit oder Bergamotte die Gehirndurchblutung, doch auch manuell kann man diese durch Kopfmassagen anregen.

    5. Konstrukteur der Welt

      Die erstaunliche farbliche und sinnliche Erfahrung der Welt, die ein Mensch tagtäglich erlebt, ist nichts als die überzeugende Illusion des Gehirns eines jeden Einzelnen, denn in der Welt da draußen gibt es keine Farben, keine Geräusche und keine Gerüche, sondern sie sind alle Konstruktionen des Gehirns. Stattdessen gibt es elektromagnetische Strahlung, Längswellen und aromatische Moleküle, die vom Gehirn als Farbe, Geräusche und Gerüche wahrgenommen werden. Das menschliche wandelt die Daten aus der Außenwelt in elektrochemische Signale im Gehirn um, die wiederum auf sinnvolle Weise die Außenwelt kartographieren, d. h., die Erfahrung der Wirklichkeit durch den Menschen ist eine elektrochemische Darbietung der Welt. Doch es ist keine wahrheitsgetreue Darbietung, wobei vor allem visuelle Täuschungen den Menschen daran erinnern, dass das Gehirn nicht wahrheitsgetreu arbeitet, sondern ihm lediglich mit ausreichend Informationen versorgt, um ihn zu befähigen, sich in der Welt zu bewegen. Das Gehirn lässt dabei aber unendlich viele Informationen aus seiner Darstellung der physischen Welt aus, d. h., es wählt aus, und zwar ohne bewusstes Zutun des Menschen. Das Gehirn hat gelernt, Wesentliches von Unwesentlichen zu trennen, wobei es durchaus passieren kann, dass dem Menschen Wichtiges entgeht.

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