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Arbeitsmotivation

    Im Rahmen von Managementstrategien aber auch im Bestreben einer Humanisierung der Arbeitswelt ist zu überlegen, welche Anreize müssen gegeben sein, damit Motivation im Arbeitsbereich aktiviert und auch stabilisiert werden kann. Der Schwerpunkt liegt dabei auf der Analyse der Ursachen menschlichen Arbeitsverhaltens, also warum Individuen überhaupt arbeiten, warum sie unter bestimmten Bedingungen viel oder wenig, besser oder schlechter arbeiten. Das Motiv ist dabei der Beweggrund für das Verhalten, wobei es meist so komplex ist, dass es schwer fällt, nur ein Motiv als Grund für eine Verhaltensweise herauszufinden, sodass man es stets mit einem Bündel von Motiven als Ursache für Verhaltensweisen zu tun hat. Aber nicht nur die Beweggründe interessieren, sondern die Frage der Motivierung, also wie können Menschen für die Arbeit aktiviert werden?
    Entscheidend für die Arbeitsmotivation ist zunächst die optimale Passung zwischen den Motiven des Erwerbstätigen und den Motivierungspotenzialen der Tätigkeit. Die Nutzung motivationspsychologischer Techniken kann die Chancen für Produktivität und Zufriedenheit erhöhen. Im Vordergrund stehen drei unterschiedliche Antriebsfaktoren: Leistungsmotiv, Soziales Anschlussmotiv, Machtmotiv/Vermeidung fremder Einflussnahme. Wichtig ist aber auch das Neugiermotiv, das lange Zeit im Zusammenhang mit der Arbeitsmotivation eher unbeachtet geblieben ist, aber zum Grundrepertoire menschlicher Motive gehört, da es dem Erwerb von mentalen Strukturen bzw. von Gedächtnisbesitz dient, der für ein erfolgreiches Handeln vonnöten ist. Vor allem bei Veränderungen im Arbeitsbereich gehört Neugier als wichtiges Bestimmungsstück von Arbeitsmotivation in den Mittelpunkt des Interesses, denn das Neugiermotiv regt Menschen an, in neuen Situationen durch Fragen und Nachforschen Unsicherheit, Komplexität und Ambiguität zu reduzieren. Typische Verhaltensweisen sind Hoffnung auf neue Herausforderungen und damit verbunden auch der Mut zur Veränderung. Die ideale Passung von Motivation und Arbeit ist erreicht, wenn der Mensch seiner Selbstentfaltung nachgehen kann: Selbsterfüllung in der Realisierung der eigenen angelegten Möglichkeiten und Fähigkeiten bedeutet nicht nur eine höhere Produktivität, sondern auch eine größere biologische Effizienz, längeres Leben, weniger Krankheiten, besseren Schlaf, Heiterkeit, inneren Reichtum.

    Kulturelle Unterschiede in der Arbeitsmotivation

    Berufliche Anreizsysteme können in unterschiedlichen Kulturen übrigens unterschiedliche oder geradezu gegensätzliche Wirkungen erzielen, was ein Vergleich zwischen chinesischen und deutschen Arbeitnehmern zeigte: Während eine kritische Bewertung der Arbeitsleistung in China zu Demotivation und Produktivitätsrückgang führt, führt er in Deutschland eher zur Leistungssteigerung. Erklärt wird das dadurch, dass das Streben nach Harmonie in China zu den zentralen Kulturstandards zählt und in der Gesellschaft in der Wahrnehmung, dem Verhalten, der Denkweise und den Werten des einzelnen Individuums fest verankert ist. Das oberste Gebot ist nicht die Entwicklung der eigenen Persönlichkeit, sondern die Überwindung der Individualität, um die Harmonie innerhalb der Gruppe zu wahren. Die Würde eines Individuums wird in China nur durch die Anerkennung der anderen und die Akzeptanz in der Gesellschaft erreicht. Das „Gesicht“ wird in China als persönliches Ansehen in der Gesellschaft definiert. sodass sich durch offene Kritik sich ein Chinese persönlich angegriffen fühlt und sein Gesicht in der Gesellschaft verliert. Daher bevorzugen Chinesen häufig „indirekte Formulierungen, um das eigene Gesicht und das des anderen zu wahren. Es gibt einen so großen Spielraum, chinesische Formulierungen zu interpretieren, dass ein Ja kann unter Umständen auch ein Nein bedeuten kann. Bei kritischen Ausreden werden oft Ausreden benutzt, die mit den eigentlichen Sachverhalten nichts zu tun haben.

    Erlebter Arbeitsfortschritt motiviert am stärksten

    Es ist wenig überraschend, dass Wissenschaftler immer wieder bestätigen, dass ArbeitnehmerInnen durch Fortschritte im Arbeitsprozess mehr als jedes andere Arbeitsereignis motiviert werden. Teresa M. Amabile und Steven J. Kramer (2007) erfassten in einer dreijährigen Langzeitstudie die alltäglichen Handlungen, Gefühle und Motivationsniveaus von 238 Mitarbeitenden aus 26 Projektgruppen verschiedener Berufe. Dabei mussten die Probanden und Probandinnen während der gesamten Untersuchungsphase jeweils für jeden Werktag ihre Hauptaktivitäten berichten und Fragen zur Arbeitsumgebung, zum persönlichen Gemütszustand, zur Arbeitsmotivation und zur Teamarbeit beantworten und das jeweils prägendste Tageserlebnis schildern. Eine Analyse der Tagesrapporte zeigte, dass der persönliche Arbeitsfortschritt weit häufiger mit positiven Emotionen und hoher Motivation verbunden wurde als jedes andere Arbeitsereignis, denn 76% der als am besten empfundenen Arbeitstage wurden auf den Arbeitsfortschritt zurückgeführt.
    Vorgesetzte hingegen haben manchmal jedoch ein völlig anderes Verständnis von Motivation, denn Anerkennung ist für Führungskräfte die unangefochtene Nummer eins der Motivatoren. Finanzielle Anreize, persönliche Unterstützung, Fortschritte bei der Arbeit und klare Ziele wurden erst danach genannt. Um ihre Mitarbeiter aver zu motivieren, sollten sie Fortschritte bei der Arbeit erleichtern, die Mitarbeiter unterstützen und sinnvolle Ziele vorgeben. Denn wie der Arbeitsfortschritt einen positiven Einfluss auf die Motivation ausübt, so ist für die Mitarbeitenden nichts demotivierender als ein Arbeitsrückschritt – auch in den Untersuchungen der am häufigsten genannte Grund für einen schlechten Arbeitstag. An diesem Forschungsergebnis zeigt sich wieder deutlich der Unterschied in der Wirksamkeit intrinsischer und extrinsischer Motivation.

    Je sinnvoller eine Aufgabe, desto höher das Arbeitsengagement

    Der affektiv-motivationale Zustand des Arbeitsengagements hängt nach Untersuchungen auch stark von der kognitiven Bewertung der ausgeübten Tätigkeit ab, sodass es sich bei Sinnerfüllung in der Arbeit und beim Arbeitsengagement letztlich nur um jeweils die andere Seite einer einzigen Medaille handelt. Interessanterweise ist die Bedeutsamkeit einer Arbeit für andere der stärkste Prädiktor für Sinnerfüllung und Arbeitsengagement, während Autonomie einen erheblich schwächeren Zusammenhang aufweist. Dieser Forschungsbefund schließt an Forschungen an, die belegen, dass Generativität – also das Tun und Schaffen von Dingen mit bleibendem Wert – immer wieder als stärkster Prädiktor allgemeiner Sinnerfüllung identifiziert wird. Daher ist auch das sinnstiftende Potential ehrenamtlicher Freiwilligenarbeit sehr hoch und kann auf die Bedeutung zurückgeführt werden, die den Auswirkungen eigener Arbeit auf andere Menschen zugeschrieben wird.

    Faktoren der Arbeitsmotivation

    Arbeitsmotivation wird nach Kleinbeck & Kleinbeck (2009) von unterschiedlichen Faktoren beeinflusst, wobei es fünf Kerndimensionen für motivierendes Arbeiten in Gruppen oder an Einzelarbeitsplätzen gibt:

    • Anforderungsvielfalt. Eine monotone Tätigkeit kann niemanden motivieren, anderseits kann eine zu große Vielfalt überfordern. Daher sollte das Maß an Vielfalt gefunden werden, das dem individuellen Profil des Arbeitnehmers entspricht
    • Vollständigkeit. Die Person oder die Gruppe benötigt das Erlebnis, ein Produkt oder eine Dienstleistung vollständig zu realisieren
    • Wichtigkeit. Notwendig ist das Bewusstsein, mit der eigenen Arbeit wichtig zu sein – für das Unternehmen, für die Kunden, für die Gesellschaft und damit auch für die eigene Person
    • Autonomie. Der Arbeitnehmer benötigt einen Handlungsspielraum, in dem er seine individuellen Möglichkeiten entfalten und sein Selbstbewusstsein stabilisieren kann. Die Dosierung des Handlungsspielraums muss je nach Persönlichkeit unterschiedlich ausfallen, um Unter- und Überforderungen zu vermeiden
    • Rückmeldung. Hilfreich ist, wenn Vorgesetzte sich zum Arbeitsergebnis äußern und Zielvorgaben diskutieren. Noch wirksamer ist allerdings, wenn MitarbeiterInnen selbst den Zusammenhang zwischen ihrer Leistung und dem Ergebnis möglichst objektiv erkennen können.

    Demotivation ist einfacher als Motivation

    Untersuchungen von Wirtschaftspsychologen zeigen, dass Demotivation häufiger und wirksamer als Motivation ist, was dazu führen kann, dass Beschäftigte innerlich kündigen. Auch als Führungskraft hat man wenig Einfluss darauf, was für die Beschäftigten an sich wertvoll oder befriedigend ist, denn man kann niemanden dazu zwingen, mit Spaß, Überzeugung und Euphorie etwa die Vollständigkeit von Daten zu überprüfen. Wenn der oder die betreffende Beschäftigte kein ausgeprägtes Ordnungsmotiv hat und nicht von sich aus großen Wert auf Korrektheit legt, kann man dieses Motiv auch nicht in sie hineinzaubern.

    Die Motive eines Menschen gehören zu seiner Persönlichkeit, und will man an dieser etwas ändern, begibt man sich als Führungskraft auf ethisches Glatteis, wobei die Einflussmöglichkeiten äußerst individuell und bescheiden bleiben bzw. die meist üblichen Incentives und manchmal spektakulären Motivationsveranstaltungen nachweislich ebenso kostspielig wie nutzlos sind.

    Dabei ist es unstrittig, dass Demotivation einfacher und häufiger ist als Motivation, denn Demotivation gelingt u. a. erfolgreich durch leere Versprechen, Zeitvergeudung, Hierarchiedemonstration, Vermeidung von Delegation, Übertragung eigener Frustration, fehlendes Rückgrat, Kritik vor anderen ebenso wie inflationäres Loben, Email-Führung oder Witze auf Kosten anderer.

    Es ist dabei entscheidend, bei Beschäftigten vorhandene Motive zu erkennen, um sie mit Blick auf die Arbeitsanforderung zu wecken, zu stärken und zu nutzen. Dabei geht es um Geben und Nehmen zwischen Führungskraft und Beschäftigten die Beschäftigten tun etwas und erhalten dafür eine Belohnung oder Kompensation. Wesentlich ist auch die Qualität des gemeinsamen Weges, also das Beziehungsmanagement zwischen Führungskraft, Beschäftigten und Team. Nach einschlägigen Schätzungen scheitern bis zu 70% aller Veränderungsprojekte oder sie erreichen zumindest nicht die vorher ausgegebenen Ziele.

    Literatur

    Amabile, Teresa & Cramer, Steven (2007). Inner Work Life. Understanding the Subtext of Business Performance. Harvard Business Review, 85, 72–83.
    Bierhoff, Hans-Werner, Lemiech, Karolina & Rohmann, Elke (2012). Eigenverantwortung, Selbstwirksamkeit und Freiwilliges Arbeitsengagement. Wirtschaftspsychologie, 14, 83-90.
    Jiranek, P., Neufeind, M. & Wehner, Th. (Hrsg.)  (2012).  Freiwilliges Arbeitsengagement in Organisation und Gesellschaft. Wirtschaftspsychologie, 14.
    Kleinbeck, U. & Kleinbeck, T. (2009). Arbeitsmotivation – Konzepte und Fördermaßnahmen. Lengerich Berlin Wien: Pabst.
    Liu-Kiel, M., Schenk-Mathes, H.Y. & Yang, X.L. (2011). Andere Länder, andere Sitten? – Eine experimentelle Untersuchung in Deutschland und China. In G. Raab, A. Unger (Hrsg.),Der Mensch im Mittelpunkt wirtschaftlichen Handelns. Lengerich/Berlin: Pabst.
    Stangl, W. (2022, 25. Juli). Die Demotivation von Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern. Psychologie-News.
    https:// psychologie-news.stangl.eu/4266/die-demotivation-von-mitarbeiterinnen-und-mitarbeitern


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