Es gibt nur eins, was auf Dauer teurer ist als Bildung, keine Bildung.
John F. Kennedy
Die wahre Bildung besteht nicht in totem Wissen und leerem Gedächtniskram, sondern in lebendiger Entwicklung des Gemütes und der Urteilskraft.
Ernst Haeckel
Bildung kommt von Bildschirm und nicht von Buch, sonst hieße es ja Buchung.
Dieter Hildebrandt
Bildung bezeichnet in der Pädagogik die Auseinandersetzung eines Menschen mit sich uns seiner Umwelt mit dem Ziel kompetenten und verantwortlichen Handelns. Bildung als Überprüfung und Erweiterung von Wirklichkeitskonstruktionen ist somit mehr als die bloße Vermittlung und Aneignung von Wissen und Qualifikationen, sondern Bildung ist im weitesten Sinne Selbstaufklärung und Emanzipation.
Der Begriff der Bildung steht in enger Beziehung mit gesellschaftlichen Wertvorstellungen und individuellen Überzeugungen, d. h., er ist politisch und wird daher meist ohne explizite Begründung von unterschiedlichen Interessen genutzt. Bildung ist darüber hinaus sowohl Prozess als auch Produkt eines Prozesses. Ein umfassender Bildungsbegriff geht heute weit über Wissensvermittlung und traditionellen schulischen Unterricht hinaus, denn Bildung bedeutet die Entwicklung der gesamten Persönlichkeit, die Vorbereitung auf künftige Lebensabschnitte durch die Nutzung von Wissen und die Möglichkeit zum Weiterlernen sowie die aktive Teilhabe an der Gesellschaft. Bildung soll und muss auch dazu beitragen, soziale Unterschiede auszugleichen und die Zukunftschancen jener Menschen zu verbessern, deren Ausgangsbedingungen ungünstiger sind.
Hans-Georg Gadamer (1960) etwa stellt das neuhumanistische Bildungsideal mit den Begriffen Wissen, Sensus communis, Urteilskraft und Geschmack und deren logischer Verknüpfung dar. Bildung ist im neuhumanistischen Verständnis nicht nur das Anhäufen von Wissen, sondern auch dessen Auswahl und Anwendung. Das Ideal der individuellen Freiheit eines neuhumanistischen Menschenbildes zeigt sich dabei durch diese Wahlmöglichkeit in den Grenzen sittlich-moralischen Handelns ebenso wie durch das bewusste Anwenden des Wissens nach dem griechischen Ideal der Phronesis (in Abgrenzung zur Poiesis und Techne in der Nikomachischen Ethik von Aristoteles), wofür es dem humanistisch-gebildeten Menschen an Takt beziehungsweise Sensus communis bedarf, etwa zu verstehen im heutigen Sinne des Begriffes common sense.
Bildung wird letztlich verstanden als Entfaltungsvorgang eines Individuums, als eigentlicher Prozess der Menschwerdung, als Entwicklung der Persönlichkeit infolge zielgerichteter Unterrichtung einerseits, und als Ergebnis der Entwicklung, als Grad der Persönlichkeitsentfaltung, als Zustand der Selbstverwirklichung des Menschen andererseits.
Um sich zu bilden, genügt es nach Freinet nicht, dass ein Kind jeden Stoff in sich hineinfrisst, den man ihm mehr oder weniger spannend serviert: es muss selbst handeln, selbst schöpferisch sein. Und es muss vor allem in einer angemessenen Umgebung leben können, es darf nicht in einem unserer modernen Kerker für die gefangene Jugend vor sich hin dämmern. Um das Leben, so intensiv wie möglich zu leben, ist letztlich das Ziel all der Anstrengungen von Bildungseinrichtungen. Dabei ist die Fähigkeit zum Leben so gut wie es nur irgend geht zu entwickeln, die wesentlichste Aufgabe der Schule.
Siehe dazu auch formale Bildung.
Die Haltbarkeit schnell ergoogelten Wissens in unserem Gedächtnis ist extrem kurz. Aber das gilt auch für das intensive Speed-Pauken mit Lehrbuch vor der nächsten Klausur. Für nachhaltiges Lernen brauchen wir unser Langzeitgedächtnis. Doch Fakten, die dort hineinwollen, haben es nicht leicht, ganz gleich, aus welcher Quelle sie stammen. Informationen, die von unserem Langzeitgedächtnis als irrelevant eingestuft werden, werden aussortiert. Um Wissenswertes als bedeutsam zu erkennen, braucht unser Hirn – sehr kurz gesagt – besondere Marker. Derartige Markierungen können wir schaffen, indem wir die entsprechenden Fakten emotional aufladen oder durch verschiedene Reize dem Gehirn gewissermaßen in verschiedenen Formen anbieten. Das Stichwort hier lautet also: Vielfalt. Eine Form kann tatsächlich Wiederholung, also das gute, alte Auswendiglernen sein, eine andere, einen Fakt an einen Geruch oder ein Bild zu koppeln. Es braucht also eine Kombination aus Lerntechniken und einige davon können sehr gut digital sein.
Lisa Berendes: Digital leichter lernen? JETZT loslegen vom 4. Jänner 2023.
Übrigens: Etymologisch betrachtet umfasst der deutsche Begriff Bildung einerseits die (Neu)Schöpfung oder Verfertigung im Sinne eines kreativen Erschaffens neuer Formen, andererseits das Bildnis bzw. die Gestalt als imaginierte oder reale (Nach-)Schöpfung bereits vorhandener Formen. Der pädagogische Begriff der Bildung, der sich im 18. Jahrhundert entwickelte, setzte allerdings weniger auf das Bild als auf die Schrift, wodurch dieser Aspekt von Bildungsprozessen in den Hintergrund rückte. Zudem wurde der Bildungsbegriff zunehmend unterrichtlich-formalistisch gefasst, so dass seine im Konzept der Mimesis angelegte Reichhaltigkeit mit der Zeit verblasste (Stöger, 1992, S. 271).
Das Wort Bildung gibt es in der englischen Sprache nicht, auch nicht im Französischen, wobei dann in der Regel von education bzw. éducation gesprochen wird, also von Erziehung, was aber kein direktes Pendant zum deutschsprachigen Begriff Bildung darstellt. Daher muss darauf aufmerksam gemacht werden, dass der deutsche Bildungsbegriff eine wesentlich weiter reichende anthropologische Dimension umfasst als education, etwa in dem diese explizit auf Mündigkeit der Zöglinge abstellt.
Literatur
Freinet, C. (1996). Pädagogische Texte. In J. Hering & W. Hövel (Hrsg.), Immer noch der Zeit voraus. Kindheit, Schule und Gesellschaft aus dem Blickwinkel der Freinet-Pädagogik. Bremen: Pädagogik-Kooperative.
Gadamer, H.-G. (1960). Wahrheit und Methode. Grundzüge einer philosophischen Hermeneutik. Stuttgart: Mohr Siebeck.