Neurofeedback ist eine Sonderform des Biofeedback und zielt auf die Beeinflussung der Gehirnaktivität ab: Bestimmte Parameter des gemessenen EEG werden an den Klienten rückgemeldet, was sichtbare Folgen für den Verlauf der Gehirnströme hat. Bei Neurofeedback werden mit drei bis fünf Elektroden an der Kopfhaut die Gehirnströme gemessen und mit einem Computerbildschirm verschaltet. Zum Neurofeedback wurden schon in den 1970er Jahren Studien veröffentlicht, die zeigten, dass sich mit Neurofeedback Epilepsie gut behandeln lässt.
Die Rückmeldung beim Neurofeedback kann optisch oder auch akustisch erfolgen und wird heute meist in Form von Computerspielen umgesetzt. Am Bildschirm sieht man etwa eine Blumenwiese oder kleine Flugzeuge, die über die Gehirnströme verändert werden können. Auf spielerische Weise kann so die willentliche Einflussnahme auf unbewusst ablaufende Vorgänge, wie z.B. die Aktivierung und Deaktivierung des Cortex oder einzelner Areale gelernt werden. Alphawellen zeigen dabei, dass sich im Gehirn die Zellen direkt hinter der Stirn beruhigen und gleichzeitig die Zellen des «default mode network» vermehrt elektrische Signale austauschen. Neurofeedback setzt daher häufig bei den Alphawellen an und spiegelt sie dem Trainierenden in Form von Tönen, Bildern oder Wellen wider, wobei meist drei bis vier Übungsstunden ausreichen, damit der Trainierende quasi auf Befehl Alphawellen auf einem Bildschirm erzeugen kann.
Neurofeedback und Virtual Reality
Neurofeedback wird jüngst auch in Verbindung mit Virtual Reality auch eingesetzt, um chronische Schmerzen, die bei Betroffenen oft ein lang anhaltendes Leiden verursachen und ihr Leben in gravierendem Maße einschränken, zu lindern. An der Universität Würzburg wurde im Rahmen des Projekts „VirtualNoPain“ eine Methode entwickelt, um chronische Schmerzen nebenwirkungsfrei zu behandeln und die Lebensqualität der Betroffenen zu steigern. Dabei wird für diesen Zweck erstmalig Virtual Reality (dt. virtuelle Realität, VR) mit dem sogenannten Neurofeedback verknüpft. Virtual Reality bietet den Betroffenen die Möglichkeit, in computersimulierte Welten einzutauchen, die das Schmerzerleben verringern können, wobei die Anwendung dieses Verfahrens zur Reduktion akuter Schmerzen wissenschaftlich gut belegt ist. Die Wirkung der virtuellen Realität ist dabei umso höher, je mehr die NutzerInnen sich in der virtuellen Welt anwesend fühlen. Ein positiver Nebeneffekt der Methode ist, dass dadurch zudem das Selbstwirksamkeitserleben gestärkt werden kann, das sich lindernd auf häufige Begleiterscheinungen chronischer Schmerzen, wie etwa Depressionen oder Angstzustände auswirken kann.
Neurofeedback bei ADHS
Neurofeedback ist ein Gehirntraining, das nach dem Belohnungsprinzip funktioniert, und verspricht, die Konzentrationsfähigkeit, die Aufmerksamkeit und die Impulskontrolle bei ADHS-Kindern ebenso stark zu verbessern wie das Medikamente könnten. Man leitet beim Neurofeedback einen Lernprozess ein, bei dem das Gehirn lernt, sich selbst zu regulieren, denn auch Menschen machen permanent Abgleichungen in ihrem Gehirn, während sie die Umwelt beobachten.
Die Therapie des Neurofeedback setzt direkt bei der elektrischen Aktivität im Gehirn an, wobei diese von drei am Kopf befestigten Elektroden in einem QEEG (Quantitatives Elektroenzephalogramm) aufgezeichnet wird. Daran lässt sich ablesen, ob jemand gestresst, entspannt oder konzentriert ist. Es wird dem Gehirn gewissermaßen gespiegelt, was es gerade tut, und durch diese Spiegelung lernt das Gehirn, wenn es bestimmte elektrochemische Prozesse (etwa durch Erhöhung von Frequenzanteilen oder Amplituden) ablaufen lässt, kann es auf die Abläufe am Bildschirm Einfluss nehmen. Ein hoher Anteil an Beta-Hirnwellen in der frontalen Gehirnregion entspricht etwa einem konzentrierten Zustand. Während der Neurofeedback-Sitzungen trainiert man sich selbst und versucht, am Bildschirm die Gehirnwellen in einen normalen Bereich zu führen. Man vermutet also, dass im Gehirn eine Art Gleichgewichtszustand entsteht.
Bei Aufmerksamkeitsdefizit-Störungen (ADHS) ist Neurofeedback im therapeutischen Kontext hochwirksam. Die besondere Bedeutung von Neurofeedback für die ADHS-Förderung ergibt sich daraus, dass Betroffene ein erhöhtes Maß langsamer Frequenzbänder und weniger schnelle Frequenzmuster aufweisen. Mittels Neurofeedbackverfahren wird versucht, dieses Ungleichgewicht durch gezieltes Training der einzelnen Frequenzen abzubauen, um auf diese Weise Aufmerksamkeits- und Konzentrationsvermögen zu steigern.
Im Gegensatz zu Psychopharmaka wie Ritalin oder Mondafil, die meist kurz nach dem Absetzen nicht mehr wirken, wirkt Neurofeedback nachgewiesenermaßen auch noch zwei Jahre nach einem Training. Allerdings können nicht alle Kinder mit ADHS durch Neurofeedback die Medikamente absetzen, jedoch die meisten können die Dosis verringern.
Lernen und Neurofeedback
Kognition und Wahrnehmung sind eng mit der Alpha-Wellen (Frequenzbereich von 8 und 13 Hertz) im Gehirn gekoppelt, wobei diese das Gehirn unterstützen, zwischen wichtigen und unwichtigen Informationen zu unterscheiden. Ob es aber einen Zusammenhang zwischen Alpha-Wellen und Lernen gibt, wurde nun von Brickwedde, Krüger & Dinse (2019) untersucht. Sie konnten zeigen, dass somatosensorische Alpha-Wellen mit kurzfristigem Neurofeedback-Training, das ein nachfolgendes taktiles Wahrnehmungslernen steuert, erfolgreich auf- und abgebaut werden kann. Sie stellten fest, dass neurofeedback-induzierte Erhöhungen der Alpha-Leistung zu einem verbesserten Lernen führen, während eine Verringerung der Alpha-Leistung das Lernen behindert, also die interindividuelle Lernvariabilität erheblich reduziert. Es wurden dabei keine vergleichbaren Auswirkungen auf die Schwingungsleistung in Theta-, Beta- und niedrigeren Gamma-Frequenzbändern beobachtet. Diese Ergebnisse zeigen, dass hohe Alpha-Werte eine Voraussetzung für hohe Lerneffizienz sind, wobei sie helfen, aufmerksamer und konzentrierter zu sein.. Diese Untersuchung liefert einen weiteren Beleg dafür, dass Alpha-Oszillationen die funktionale Architektur des Gehirnnetzwerks mit formen, indem sie den Grad der Bereitschaft für kommende Verarbeitungen modulieren.
Depression und Neurofeedback
Im Labor wurde auch versucht, mit Neurofeedback gezielt die Aktivität bestimmter Hirnregionen zu verändern, um depressive Symptome zu lindern. Der medizinische Wirkmechanismus von Neurofeedback bei Depressionen ist jedoch noch unklar, so dass die Therapie nicht als wissenschaftlich angesehen werden kann. Einzelne Studien haben auch gezeigt, dass der Wirkmechanismus von Neurofeedback bei Depressionen nicht unbedingt auf der Kontrolle der emotionalen Hirnregion beruht.
Problematisch ist auch wissenschaftlicher Sicht, dass die Ausbildung nicht geschützt ist und man ohne therapeutische Vorbildung oder ohne aus einem Gesundheitsberuf zu kommen, in kurzer Zeit und sogar online zum Trainer werden kann. In einem guten Training wird mit dem Klient ein individuelles, sehr konkretes Ziel erarbeitet und genau erklärt, was in der Behandlung passiert, d. h., ein intensives Vorgespräch ist besonders wichtig, denn bei psychischen Erkrankungen kann ein schlecht geplantes Training Ängste auslösen oder zu Nebenwirkungen mit Medikamenten führen. Vor allem in den USA steigt der Umsatz der Fitness-Industrie, d. h., es gibt Neurofeedback-Reisen für gestresste Manager, zahlreiche Computerspiele und Apps. Was solche Heimgeräte tatsächlich bewirken, ist umstritten, denn um effektiv zu trainieren, müssen etwa die Elektroden an ganz bestimmten Stellen am Kopf angebracht werden, wozu man eine sachkundige Unterstützung benötigt.
Übrigens können in Experimenten auch Primaten, Katzen und sogar Ratten das Neurofeedback erlernen: Die Tiere hören im Labor einen Ton, der ihnen die Stärke ihrer Hirnaktivität anzeigt, und wenn es ihnen gelingt, die Hirnaktivität zu steigern, werden sie belohnt. Haben die Tiere dieses Verfahren erst einmal erlernt, können sie ihr Gehirn oft sogar besser steuern als viele Menschen. Das liegt aber vor allem daran, dass den Tieren die Messelektroden direkt ins Gehirn implantiert werden, die Hirnaktivität also viel direkter gemessen werden kann.
Literatur
Brickwedde, Marion, Krüger, Marie C. & Dinse, Hubert R. (2019). Somatosensory alpha oscillations gate perceptual learning efficiency. Nature Communications, 10, doi:10.1038/s41467-018-08012-0.
Ellinger, S., Walther, P. & Dietrich, J. (2010). Aufmerksamkeitsförderung in der Schule durch Neurofeedback. Empirische Sonderpädagogik, 22-39.
Hessberger, F. (2016). Neurofeedback – Fitnessstudio fürs Gehirn.
WWW: http://www1.wdr.de/verbraucher/gesundheit/gehirnjogging-102.html (16-08-18)
https://www.nzz.ch/wissenschaft/steuerungszentrale-gehirn-wie-wir-meister-unseres-erlebens-werden-ld.1764353 (23-11-17)