Als primäre Geschlechtsmerkmale bezeichnet man die zur Fortpflanzung nötige Organe und Strukturen (Eierstöcke, Hoden und äußere Genitalien).
Junker (2017) hat übrigens untersucht, warum die Evolution im Lauf der Jahrtausende keine anspruchsvollere ästhetische Entwicklung der weiblichen und männlichen Genitalien genommen und sich darauf beschränkt hat, Schamhaare als dürftigen Sichtschutz sprießen zu lassen. Er diskutiert dabei fünf mögliche Hypothesen:
- Die ungünstige ästhetische Bewertung der Genitalien ist Folge einer kulturellen Ablehnung von Sexualität.
- Die Körperpartien sind meist bedeckt und unsichtbar, d.h. im Alltag irrelevant.
- Hässliche Genitalien sollen abschrecken.
- Das unattraktive Aussehen dient als Test auf die Ernsthaftigkeit bei der Partnerwahl.
- Es handelt sich um einen Kompromiss zwischen (in erster Linie) Funktionalität und (sekundär) Ästhetik.
Da die Evolution deutliche Tendenzen zur fakultativen Weiterentwicklung der Ästhetik zeigt, ist diese zwangsläufig auf Funktionalität angewiesen und wird dieser im Zweifel den Vorzug geben. Die Genitalien sind offenbar vor allem dafür optimiert, sich intensiv anzufühlen, d. h. als Sinesorgane, mit denen man den Partner oder die Partnerin auf einzigartige Weise erfahren kann, was aber wiederum Abstriche beim Aussehen erfordert. Nach dieser Hypothese haben bei der Ausformung der Genitalien Sexualität und Eros also das Primat.
Literatur
Junker, T. (2017). Grenzen der Schönheit? Oder: Warum Genitalien begehrenswert sein können. In Schwender, C., Lange, B. P. & Schwarz, S. (Hrsg.), Evolutionäre Ästhetik (S. 197-206). Lengerich: Pabst Science Publishers.