Die systemische Therapie betrachtet den Menschen als Teil eines komplexen Systems von Beziehungen und Randbedingungen, d.h., eine psychische Störung wird als Ausdruck eines gestörten Systems verstanden. Daher wird versucht, durch therapeutische Maßnahmen das gesamte System zu verbessern, indem es beispielsweise erst destabilisiert, dann geändert und zum Schluss wieder gefestigt wird. Die Konzentration in der systemischen Therapie ist daher nicht nur auf den Betroffenen, den Symptomträger, gerichtet, sondern auf das gesamte Lebensumfeld. In den Entwicklungsanfängen dieser Therapieform lag der Schwerpunkt auf dem Geschehen in der Familie, doch wurde im Laufe der Zeit die Orientierung an der Familie mehr und mehr hinterfragt, da die Familie ja nur eine soziale Interaktionsform darstellt. Die Aufmerksamkeit wurde daher schließlich auf das gesamte Herkunftssystem der Betroffenen und deren Lebensbedingungen ausgedehnt. Systemische Therapie ist heute ein weitgehend eigenständiges psychotherapeutisches Verfahren mit einer Vielzahl von Methoden und Anwendungsbereichen, und wird in der Arbeit mit Einzelnen, Paaren, Familien und Gruppen angewandt. Sie betrachtet den einzelnen Menschen im Beziehungsgefüge seines Umfeldes (Systems) und sieht Symptome als Ausdruck bestimmter Beziehungsmuster. Therapeutische Interventionen zielen darauf, Muster deutlich werden zu lassen, Ressourcen zu aktivieren und Handlungsmöglichkeiten der Beteiligten zu erweitern. Systemische Praxis erfasst neben dem klinischen Feld auch andere Bereiche wie Beratung, Supervision, sowie Organisationsentwicklung.
Historisches: Die Entwicklung der systemischen Familientherapie begann in den USA in der Zeit der Blüte der humanistischen Psychologie. Allein waren damals Fritz Perls und Carl Rogers bekannt, wohingegen erst einige Zeit später die Begründer der 1. Palo-Alto-Gruppe prominent wurden, vor allem Gregory Bateson und Paul Watzlawick. Ihre theoretisch grundlegenden ersten Arbeiten erschienen äußerst trocken und fernab von der in dieser Zeit üblichen Orientierung am therapeutischen Handeln und der Entwicklung von Methoden. Systemische Therapie wird auch eine Weiterentwicklung der frühen Familientherapie der 50er und 60er Jahre in den USA begriffen, wobei die aktuelle Theorie der systemischen Therapie verschiedene, historisch zeitgleich entstandene theoretische Ansätze zur Erklärung der wechselseitigen psychischen Beeinflussung von Menschen und ihrer unmittelbaren sozialen Umgebung integriert, wobei diese in Wechselwirkung zu kognitiv-emotiven und somatischen Prozessen der Einzelpersonen steht. Zu diesen Ansätzen zählen die Systemtheorie, die Kommunikationstheorie und der Konstruktivismus sowie die Bindungstheorie, wobei die Ressourcenorientierung in besonderer Weise hervorgehoben wird.
Definition
Die systemische Therapie ist ein psychotherapeutisches Verfahren, dessen Fokus auf dem sozialen Kontext psychischer Störungen liegt. Dabei werden zusätzlich zu einem oder mehreren KlientInnen weitere Mitglieder des für die KlientInnen bedeutsamen sozialen Systems einbezogen. Die Therapie fokussiert auf die Interaktionen zwischen Mitgliedern der Familie oder des Systems und deren weitere soziale Umwelt. Die systemische Therapie betrachtet wechselseitige intrapsychische (kognitiv-emotive) und biologisch-somatische Prozesse sowie interpersonelle Zusammenhänge von Individuen und Gruppen als wesentliche Aspekte von Systemen. Die Elemente der jeweiligen Systeme und ihre wechselseitigen Beziehungen bilden dabei die Grundlage für die Diagnostik und Therapie von psychischen Erkrankungen.
Literatur
http://www.wbpsychotherapie.de/page.asp?his=0.113.134.135 (14-11-21)