Der Mensch lernt wie jedes andere Säugetier durch Sozialisierung oder schmerzvolle Erfahrung, bestimmte Verhaltensweisen zu vermeiden, etwa aus Angst, verletzt zu werden. Solche Erinnerungen werden im Gehirn außerordentlich schnell und dauerhaft im Furchtgedächtnis gespeichert. Bei Tieren kommt es beim Abruf des Furchtgedächtnisses zu Reaktionen wie Schreckstarre, Erhöhung des Blutdruckes und gesteigerte Herzaktivität. Ähnliches lässt sich auch bei Menschen in gefährlichen Situationen beobachten. In einem solchen Fall arbeiten bei der Konfrontation eines Lebewesens mit einem zuvor erlernten Furchtreiz zwei Gehirnareale des limbischen Systems zusammen, deren elektrische Aktivität in einem Frequenzbereich von vier bis sieben Hertz (Theta-Frequenz) synchronisiert wird. Diese Synchronität tritt immer in Zusammenhang mit emotional bedeutenden Reizen oder Reizzusammenhängen auf und ist nicht zu beobachten, wenn vorhergehende Erfahrungen fehlen, also eine Gefahrensituation zum ersten Mal auftritt. Diese neuronale Aktivität beschränkt sich dabei auf die zeitliche Phasen der Schreckstarre, die damit eine instinktive Reaktion auf plötzlich auftretende furchtauslösende Reize bildet.
Im Furchtgedächtnis werden dabei besonders Gerüche oder Geräusche gespeichert, die mit einem Wiederauftreten gefährlicher Situationen in Verbindung gebracht werden, sodass Menschen auf eine möglicherweise abermals gefährliche Situation rechtzeitig reagieren können, etwa um diese Gefahr zu vermeiden oder sich darauf vorzubereiten. Für Menschen spielt eine solche Unterscheidung von gefährlichen und ungefährlichen Umgebungssignalen eine wichtige Rolle, wobei nach neuesten Forschungen Dopamin daran beteiligt sein dürfte. Groessl et al. (2018) zeigten, dass das Gehirn Dopamin benutzt, um eine mit Angst assoziierte Gedächtnisspur fest abzuspeichern, d. h., es lehrt Menschen gewissermaßen das Fürchten. Nachgewiesen wurde dieser Mechanismus im Gehirn zwar bisher erst bei Mäusen, dürfte aber in analoger Weise auch beim Menschen in ähnlicher Form wirksam sein. Bekanntlich können wiederkehrende und unkontrollierbare Erinnerungen an solche Erfahrungen belastend sein und zu psychischen Erkrankungen führen.
Literatur
Caragea, Violeta-Maria & Manahan-Vaughan, Denise (2022). Bidirectional regulation of hippocampal synaptic plasticity and modulation of cumulative spatial memory by dopamine D2-like receptors. Frontiers in Behavioral Neuroscience, 15, doi:10.3389/fnbeh.2021.803574.
Groessl, Florian, Munsch, Thomas, Meis, Susanne, Griessner, Johannes, Kaczanowska, Joanna, Pliota, Pinelopi, Kargl, Dominic, Badurek, Sylvia, Kraitsy, Klaus, Rassoulpour, Arash, Zuber, Johannes, Lessmann, Volkmar & Haubensak, Wulf (2018). Dorsal tegmental dopamine neurons gate associative learning of fear. Nature Neuroscience, doi:10.1038/s41593-018-0174-5.
Stangl, W. (2018). Stichwort: ‚Dopamin‘. Online Lexikon für Psychologie und Pädagogik.
WWW: https://lexikon.stangl.eu/8672/dopamin/ (2018-06-29)
Wotjak, C. & Pape, H. (2018). Neuronale Schaltkreise von Furchtgedächtnis und Furchtextinktion. e-Neuroforum, 19, 92-103.
http://www.uni-magdeburg.de/unirep/UR2003/oktober2003/furcht.htm (10-04-05)