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Hedonismus

    Man will nicht nur glücklich sein,
    sondern glücklicher als die anderen.
    Und das ist deshalb so schwer,
    weil wir die anderen für glücklicher halten, als sie sind.
    Charles-Louis de Montesquieu

    Ich mag immer den Mann mehr lieben,
    der so schreibt, wie es Mode werden kann,
    als den, der so schreibt, wie es Mode ist.
    Georg Christoph Lichtenberg

    Hedonismus bezeichnet die Lebensanschauung, nach welcher die körperliche und geistige Lust, das Vergnügen Motiv und Zweck des Handelns ist. Die Lust ist das höchste Gut und für den Hedonisten ist die Lust an sich das Wertvolle, der Selbstzweck und das Anzustrebende. In der Philosophie auch manchmal als Hedonik bezeichnet, ist der Hedonismus eine philosophische bzw. ethische Strömung, die die Lust als höchstes Gut und Bedingung für Glückseligkeit und gutes Leben ansieht. Im Gegensatz zu der Lust, wie sie von Epikur gelehrt wird, versteht man unter dem Begriff Hedonismus auch allgemein eine nur an materiellen Genüssen orientierte, egoistische Lebenseinstellung. In diesem Sinne wird der Begriff Hedonismus oft abwertend gebraucht und als Zeichen von Dekadenz interpretiert. Diese antike philosophische Anschauung, nach der das höchste ethische Prinzip das Streben nach Sinneslust und Genuss ist, das private Glück in der dauerhaften Erfüllung individueller physischer und psychischer Lust liegt, widerspricht der  aktuellen Auffassung, wonach Selbstkontrolle, die man für das Erreichen langfristiger Ziele braucht, letztlich eher zu einer nachhaltigen Zufriedenheit führt.

    Mittels eines Fragebogens, der die hedonistische Fähigkeit misst, unmittelbaren Bedürfnissen und kurzfristigem Vergnügen nachzugehen und diese auch zu genießen, fanden Bernecker & Becker (2020) heraus, dass Menschen, die sich dem Genuss ungeteilt hingeben können, nicht nur kurzfristig mehr Wohlbefinden erleben, sondern generell eine höhere Lebenszufriedenheit aufweisen und auch weniger an Depressions- und Angstsymptomen leiden. Dabei sollte man sich aber in Genuss- oder Entspannungsmomenten nicht gedanklich ablenken lassen, denn das Grübeln über Aktivitäten oder Aufgaben, die man stattdessen erledigen sollte, untergräbt das unmittelbare Bedürfnis, sich zu entspannen. Die Auffassung, dass primär Selbstkontrolle hilft, ein zufriedenes und erfolgreiches Leben zu führen, indem langfristige Ziele über kurzfristiges Vergnügen gestellt würden, ist zwar durchaus wichtig für ein sinnhaftes und erfolgreiches Leben, aber auch die Fähigkeit, lustvolle Aktivitäten zu genießen, trägt ebenso viel zur Lebenszufriedenheit bei. Daher stehen nach Ansicht der beiden Forscherinnen diese scheinbar gegensätzlichen Auffassungen nicht im Widerspruch, sondern es sind beide für ein zufriedenes und erfolgreiches Leben wichtig.

    Im antiken Griechenland wollten die Stoa des Zenon (gegründet 308 v.Chr.) und die Gartenschule des Epikur (306 v.Chr.) den Menschen von Leidenschaften (belastende Gedanken und Gefühle) befreien und werteten die Naturlehre gegenüber der Metaphysik auf. Vor allem Epikur war ein Verfechter des Hedonismus,  ein Leben voll Freude und Lust, frei von Schmerz ermöglichender sollte. Mittel der Wahl war allerdings auch bei Epikur Bescheidung und vernünftiger Verzicht. Epikur lehnte daher die Vorstellung ab, dass die menschliche Lust uneingeschränkt ausgelebt werden sollte und plädierte dafür, die Folgen des eigenen Handelns stets abzuwägen. Die Stoiker hingegen strebten nach Harmonie mit den kosmischen Gesetzmäßigkeiten und lehrten statt Hedonismus jedoch die Tugendhaftigkeit der Apathie, der Erregungs- und Emotionslosigkeit. Nur wenige, durch Vernunft begründbare Gefühle galten ihnen als erstrebenswert.

    In der modernen Welt des Marketing wird der Hedonist wie folgt beschrieben: „Im Gehirn des Hedonisten regiert das Stimulanz-System, d.h., er denkt weniger gern nach, sondern wendet bevorzugt bekannte Regeln an oder verknüpft diese neu. Der Hedonist ist immer auf der Suche nach der nächsten Belohnung, wobei Qualität und Herkunft eines Produkts für ihn eine geringe Rolle spielen, Hauptsache es ist neu und anders, am besten laut, schrill, extravagant und individuell. Hedonisten sind typische „Early Adopter“, die sich als Erste mit neuen Trends und Produkten beschäftigen. Sie zählen zu den klassischen Impulskäufern, die viel und gerne einkaufen, auch wenn sie die Produkte nicht unbedingt brauchen. Einkaufsstättentreue und Beratungsbedarf sind gering, wei die hedonistische Grundstimmung auch das Risiko verdrängt, wobei Gesundheitsfragen bei Hedonisten nur eine geringe Rolle spielen, denn sie sehen den eigenen Körper als Erlebnis- und Gestaltungszone, mit der man sich darstellen kann. Bevorzugte Einkaufsorte sind H&M, Segafredo, Mode-Boutiquen sowie die typischen In-Kneipen.“

    Unter hedonistischer Tretmühle bzw. hedonistischer Adaptation versteht man die Tendenz von Menschen, nach einem stark positiven oder negativen Lebensereignis relativ schnell zu einem relativ stabilen Niveau von Glücklichsein zurückzukehren. Der schon früher verwendete Begriff wurde als Konzept durch Michael Eysenck zur hedonistischen Tretmühlen-Theorie modifiziert, die das Streben nach Glück mit einer Tretmühle vergleicht, d. h., der Betroffene arbeitet die ganze Zeit daran und bleibt doch am selben Platz. Das Modell der hedonistischen Tretmühle versucht unter anderem zu erklären, warum mehr Wohlstand bzw. mehr Einkommen Menschen nicht in erwarteter Weise glücklicher macht (Easterlin-Paradox). So zeigte eine Studie, dass Lotteriegewinner im Durchschnitt nicht glücklicher sind als andere. Das Konzept ist sowohl in der Glücksforschung, der positiven Psychologie, als auch in Teilen der Wirtschaftswissenschaften wie der Verhaltensökonomik von Relevanz.

    Das Easterlin-Paradox ist eine Theorie über den Zusammenhang zwischen Einkommen und Glück und beschreibt, dass bei internationalen Vergleichen einen schwächeren Zusammenhang zwischen subjektivem Glück und Einkommen als bei intranationalen Vergleichen zu finden ist, sodass relatives Einkommen ein besserer Prädiktor von subjektiver Zufriedenheit ist als absolutes Einkommen. Letztlich bedeutet dieser Ansatz, wenn grundlegende Bedürfnisse von Menschen gestillt sind, mehr Reichtum nicht automatisch zu mehr Glück führt.

    Literatur

    Bernecker, Katharina & Becker, Daniela (2020). Beyond Self-Control: Mechanisms of Hedonic Goal Pursuit and Its Relevance for Well-Being. Personality and Social Psychology Bulletin, doi:10.1177/0146167220941998.
    Easterlin, Richard A. (1974). Does Economic Growth Improve the Human Lot? In Paul A. David & Melvin W. Reder (Eds.), Nations and Households in Economic Growth: Essays in Honor of Moses Abramovitz (S. 89–125 ). New York: Academic Press.
    Eysenck, M. W. (1990). Happiness: Facts and Myths. Lawrence Erlbaum.
    http://de.wikipedia.org/wiki/Hedonismus (10-02-11)
    https://arbeitsblaetter.stangl-taller.at/news/795/kundentypologie-des-neuromarketing (09-11-21)
    https://arbeitsblaetter.stangl-taller.at/WISSENSCHAFTPSYCHOLOGIE/PsychologieZeittafel.shtml (10-11-17)


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    Ein Gedanke zu „Hedonismus“

    1. Ein moderner Hedonist

      Unter dem Titel „Moderner Hedonismus“ wurde in einem Magazin versucht, die Ideen der hedonistischen Lehre auf das aktuelle Leben übertragen. Dabei finden sich folgende Tipps:
      Das Glück in den kleinen Dingen suchen, statt dem vermeintlichen Glück in Onlineshops hinterher zu laufen und von der Idee besessen zu sein, dass Glück viel Geld kosten muss. Man sollte daher seine Bedürfnisse reflektieren und die Konsumgetriebenheit mäßigen, denn man kann sich durch vernünftigen Verzicht darin üben, den eigenen Blick für die einfachen und schönen Dinge zu schulen: Die duftende Tasse Kaffee am Morgen, die kurze Unterhaltung mit dem Nachbarn, das Vogelgezwitscher am Morgen.
      Im Hier und Jetzt leben, um seine Lebenszeit optimal zu nutzen, um das Maximum an Lebensfreude und Genuss zu erfahren. Man will in hohem Alter auf sein Leben zurückblicken und sagen können, dass man sein Leben nicht verschwendet sondern alle Möglichkeiten genutzt hat. Wer mit seinen Gedanken nur in der Vergangenheit oder der Zukunft festhängt, verpasst die schönsten Momente in der Gegenwart und ist unglücklicher. Häufig das ständigesGrübeln davon ab, die Gegenwart wirklich zu genießen, wobei mehr Achtsamkeit im Alltag dabei Abhilfe schaffen kann.
      Sich selbst treu bleiben, denn nur, wer sich nicht für andere verbiegt oder sich an den Maßstäben anderer misst, kann auf Dauer wirklich glücklich sein. Das bedeutet nunnicht, das Hedonisten und Hedonistinnen nicht eigennützig handeln und keine Rücksicht auf andere nehmen können, sondern vielmehr, dass sie sich immer wieder neu mit ihren eigenen Werten auseinandersetzen und ihr Handeln danach abwägen.
      Quelle: www. emotion. de/psychologie-partnerschaft/persoenlichkeit/her-mit-dem-schoenen-leben-3-dinge-die-wir-vom-hedonismus (22-02-02)

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