Verspieltheit – playfulness – wird in der Psychologie als Disposition zum Spielverhalten betrachtet werden, und wird meist im Kindesalter untersucht, etwa über Verhaltensbeobachtungen. Meist wird eine Nähe dieses Merkmals zu Humor und kognitiver, physischer und sozialer Spontaneität hergestellt. Verspieltheit als Merkmal im Erwachsenenalter wird erst seit kurzem untersucht, wobei dabei etwa Fragen der Dimensionalität des Merkmals und dessen Messung erörtert werden. So konnte gezeigt werden, dass Verspieltheit bei jungen Erwachsenen u. a. mit akademischer Leistung, besserem Umgang mit Langeweile und Coping mit Stress sowie intrinsischer Motivation und Kreativität einhergeht. In großen Stichproben zeigten sich dabei nur geringe Veränderungen über die Altersspanne und im Wesentlichen keine Geschlechtsunterschiede. Während in vielen Modellen zur Verspieltheit im Erwachsenenalter eine Ausrichtung auf Spaß und Freude dominieren, gibt es auch alternative Ansätze, die soziale, intellektuelle und weniger durch Humor als durch Extravaganz und außergewöhnliche Vorlieben beschriebene Komponenten aufweisen.
Neuere Untersuchungen zeigen, dass Erwachsene ihren Hang zur Verspieltheit in vielen Situationen positiv nutzen können, denn sie sind gut im Beobachten, nehmen leicht neue Perspektiven ein und gestalten monotone Aufgaben für sich interessant. Anders als bei Kindern ist Verspieltheit bei Erwachsenen bisher nur wenig erforscht, wobei Modelle der Verspieltheit im Kindesalter oft auf Erwachsene übertragen wurden, wobei aber viele Aspekte verloren gingen, wie etwa solche, die sich auf romantische Beziehungen oder intellektuelle Leistungen beziehen. Verspielte Menschen sind vor allem dazu in der Lage, Situationen aus ihrem Leben so umzudeuten, sodass sie diese als unterhaltsam erleben und sich dabei der Stresslevel reduziert.
Proyer (2017) definiert Verspieltheit anhand der fünf klassischen Persönlichkeitsmerkmale Extraversion, Verträglichkeit, Gewissenhaftigkeit, Offenheit und emotionale Stabilität, wobei Verspieltheit eine eigenständige Komponente bildet, die zwar Anteile dieser fünf Dimensionen besitzt, aber nicht mit ihnen austauschbar ist. In einer Studie zeigte sich, dass Menschen, die sich selbst als verspielt beschreiben, auch von anderen so eingeschätzt werden, denn verspielte Menschen leben ihre Neigung auch in vielen alltäglichen Situationen aus. Dabei wurden der vier Grundtypen von verspielten Erwachsenen identifiziert: Es gibt Menschen, die gern mit Freunden und Bekannten herumalbern, also die auf andere ausgerichteten Verspieltheit. Leichtherzig verspielte Menschen dagegen sehen ihr ganzes Leben eher als Spiel. Eine weitere Kategorie sind die Menschen, die gerne mit Ideen und Gedanken spielen – das beschreibt die intellektuelle Verspieltheit. Die Menschen könnten auch eintönige Aufgaben für sich interessant gestalten. Die letzte Gruppe bilden die extravagant Verspielten, wobei diese Menschen sich für seltsame und groteske Dinge interessieren und sich an kleinen Beobachtungen im Alltag amüsieren können.
Die Studien zeigte, dass Verspieltheit bei Erwachsenen ganz unterschiedlich zum Ausdruck kommt und durchaus auch positiv zu bewerten ist, wobei gerade im deutschen Sprachraum Verspieltheit eher negativ besetzt ist, denn verspielte Menschen werden mitunter nicht ernst genommen und auch als unzuverlässig eingeschätzt. Zu Unrecht, denn wenn es etwa um das Lösen komplexer Problemstellungen geht, können solche Menschen leichter die Perspektive wechseln und dadurch ungewöhnliche und neue Lösungen finden.
Zwar hat Verspieltheit keinen direkten Überlebensvorteil, könnte aber auch bei der Partnerwahl und in Liebesbeziehungen eine wichtige Rolle spielen. Verspielte Erwachsene werden nach Untersuchungen u. U. bei der Partnerwahl bevorzugt, denn neben Freundlichkeit, Intelligenz, Humor wird auch Verspieltheit bei Frauen und Männern gleichermassen genannt, wobei verspielte Menschen Humor, Spaßorientierung, Gelassenheit und Kreativität bei ihren Partnern als wichtiger einschätzen als nicht verspielte. Verspielte Erwachsene lieben Wortspiele, improvisieren gern und gehen leichtherzig an eine Herausforderung heran, erfreuen sich an ungewöhnlichen Dingen, setzen sich spielerisch mit anderen auseinander, necken gerne und gestalten eine Situation so, dass sie selber und andere dabei unterhalten werden. Verspieltheit beim Menschen zeigt sich in vielen Facetten. Man geht inzwischen davon aus, dass Verspieltheit ein erwünschtes Merkmal in der sexuellen Selektion ist, denn sie zeigt Frauen bei Männern geringe Aggressivität und Männern bei Frauen Vitalität an.
Proyer (in press) entdeckte auch, dass verspielte Erwachsene komplexe Dinge besser aus neuen Perspektiven betrachten und monotone Aufgaben interessanter gestalten können. Befragungen zeigten, dass Menschen die sich selbst als verspielt beschreiben, auch von anderen so wahrgenommen werden. Verspieltheit ist daher nicht nur eine Eigenschaft von Kindern, sondern es gibt deutliche individuelle Unterschiede in der Verspieltheit bei Erwachsenen, d. h., die in der Art und Weise, wie Menschen Situationen so gestalten, dass sie als persönlich interessant, intellektuell anregend bzw. unterhaltsam erlebt werden. Wie Brauer et al. (2021) in einer Metaanalyse gezeigt haben, wirkt sich Verspieltheit in vielen Fällen auch positiv auf das Beziehungsleben aus. Spielerische Verhaltensweisen wie das Überraschen des Partners, das Nacherzählen und Nachspielen von gemeinsamen Erlebnissen mit dem Partner oder das gemeinsame Gestalten von neuen Erfahrungen steuern oft zum Glück und zur Langlebigkeit von Beziehungen bei. Nach früheren Untersuchung ist Verspieltheit schon bei der Partnerwahl ein wichtiges Kriterium ist, wobei Verspieltheit ein erwünschtes Merkmal in der sexuellen Selektion sein dürfte, indem es Frauen bei Männern geringe Aggressivität und Männern bei Frauen Vitalität anzeigt. Hintergrund könnten biologische Prozesse sein, infolge derer Verspieltheit Hormone und bestimmte Gehirnareale aktiviert, die zum Erleben von Gefühlen wie Freude, Frohsinn und Glück beitragen. Nicht zuletzt beeinflusse Verspieltheit auch die Art und Weise, wie Menschen miteinander kommunizieren und umgehen, indem sie etwa hilft, mit Stress umzugehen und zwischenmenschliche Spannungen zu lösen. Schon frühere Untersuchungen haben gezeigt, dass eine Steigerung von Verspieltheit mit einer Senkung der Depressivität von Menschen einhergeht und deren allgemeines Wohlbefinden erhöht. Die Autoren gehen auch davon aus, dass sich die Freude an der Improvisation, an Gedankenspielen, originellen Ideen und ungewöhnlichen Menschen mit Hilfe einfacher Übungen sogar trainieren lässt. Manche Menschen sind wohl in der Lage, ihre Verspieltheit auch in schwierigen Situationen dafür zu nutzen, um etwa Spannungen zu lösen.
In der Psychotherapie wird Verspieltheit vor allem als Entwicklungschance betrachtet und betont, wie wichtig das Spielerische für eine gesunde menschliche Entwicklung ist. Dabei spielen der künstlerisch vermittelter Ausdruck, körperbezogene Interventionen und ein kreativ-poetischer Umgang mit Sprache eine besonders wichtige Rolle.
Literatur
Brauer, Kay, Proyer, René T. & Chick, Garry (2021). Adult playfulness: An update on an understudied individual differences variable and its role in romantic life. Social and Personality Psychology Compass, doi:10.1111/spc3.12589.
Lieberman, N.J. (1977). Playfulness: Its relationship to imagination and creativity. New York, NY: Academic Press.
Proyer, R.T. & Jehle, N. (2013). The basic components of adult playfulness and their relation with personality: The hierarchical factor structure of seventeen instruments. Personality and Individual Differences, 55, 811-816.
Proyer, René T. (2017). A new structural model for the study of adult playfulness: Assessment and exploration of an understudied individual differences variable. Personality and Individual Differences, 108, dos: 10.1016/j.paid.2016.12.011.
Proyer, R. T., & Wagner, L. (2015). Playfulness in adults revisited: The signal theory in German speakers. American Journal of Play, 24.
Proyer, R. T. (in press). Playfulness and humor in psychology: An overview and update. HUMOR: International Journal of Humor Research.
https://portal.hogrefe.com/dorsch/verspieltheit/ (14-11-21)