Stressantworten bezeichnen die Reaktion eines Organismus auf Stressreize wie psychische Anspannung, körperliche Aktivität oder auch Infektionen aktivieren die neuroendokrine Stressachse, wobei über die Ausschüttung von Cortisol diese Stressachse Herzfrequenz und Blutdruck steigert, Energieressourcen mobilisiert und so eine adäquate Reaktion auf die aktuellen Umweltbedingungen ermöglicht. Zwischen den Menschen bestehen deutliche Unterschiede, wie stark ihre neuroendokrine Stressachse auf einen Stressreiz reagiert, wobei überschießende Stressantworten dem Organismus schaden können, denn so liegt bei vielen Depression oft eine Hyperaktivität der Stressachse vor. Erfährt eine Zelle direkt extrem hohen Stress, dann stirbt sie, wenn sie dieser plötzlichen Belastung nicht mehr gewachsen ist. Ebenso wie der Mensch lernt aber auch die Zelle mit der Zeit, besser mit belastendem Stress umzugehen, und zwar je öfter sie ihm ausgesetzt ist. Erfährt sie zuvor längerfristig einen schwachen Stress, dann führt das zur Aktivierung der Stressantwort, und sie ist gewappnet für kommende größere Angriffe.
Stress bedeutet grundsätzlich für eine Zelle nicht das Gleiche wie für den Menschen, denn bei diesem spricht man von psychosomatischem Stress, während die Zelle unter physiologischem Stress leidet. Für eine Zelle bedeutet Stress vorwiegend mechanischen Druck, erhöhte Temperatur oder die Anwesenheit von Schwermetallen.
Während ein gestresster Mensch Kopfschmerzen bekommt, entstehen in der Zelle aggressive Sauerstoffradikale, die signalisieren, dass etwas nicht in Ordnung ist. Jede gesunde Zelle produziert Proteine aus zwanzig verschiedenen Bausteinen, den Aminosäuren, wobei der Bauplan jedes Proteins im Genom in Form von DNA kodiert ist. Die Proteine halten dabei praktisch alle Lebensfunktionen wie die Zellatmung, den Import von Nahrung und den Export von Abfällen aufrecht und unterstützen auch die Kommunikation zwischen den Zellen. Um diesen vielfältigen Funktionen gerecht zu werden, müssen die Proteine richtig aufgebaut und gefaltet sein, wobei die Bauanleitung für jedes Protein in der DNA festgeschrieben ist und von großen Molekülkomplexen gelesen und umgesetzt wird. Mutationen in der DNA, also Schreibfehler im Code des Erbgutes, die etwa durch ultraviolette Strahlung entstehen kann, führen dann zu einem veränderte Bauplan und damit zu einem anderen Ergebnis, s. h., die Proteine werden nicht mehr so gefaltet, wie es vorgesehen ist. Um das zu verhindern gibt es Chaperone, also größerer Moleküle, die die Faltung überprüfen und falsch gefaltete Proteine in die richtige Form zwingen oder dafür sorgen, dass sie rasch abgebaut werden.
Unter großem Stress setzt eine Zelle ihre Stressantwort in Gang, d. h., die Chaperone sind so sehr damit beschäftigt, Zellschäden, die etwa durch Hitze oder Schwermetalle entstanden sind, zu korrigieren, dass sie den Aufbau anderer Proteine nicht mehr kontrollieren und korrigieren können. Dabei wird die genetische Variabilität sichtbar und es entstehen neue Proteine, die aufgrund einer veränderten Struktur neue Funktionen übernehmen können, denn so können evolutionär unter Umständen neue Möglichkeiten entstehen, die sich gegenüber anderen als vorteilhaft erweisen und so weiter bestehen können.
Chaperone sind übrigens fast so alt wie das Leben selbst, denn alle bekannten Organismen, sogar die einfachen Archaebakterien, besitzen Chaperone. Dass Chaperone einen so frühen Ursprung haben, in so vielen verschiedenen Organismen vorkommen und sich evolutionär so lange behaupten konnten, macht deutlich, dass ihre Anwesenheit einen klaren Vorteil bringen muss, denn sonst hätten sie nicht so lange überlebt. Auch sind sie seit ihrem Ursprung relativ unverändert, was typisch für Gene ist, die eine wichtige Funktion im Zellhaushalt haben. Die Bildung von Chaperonen ist allerdings sehr energieaufwendig, es wäre nicht wirtschaftlich, sie etwa auf Vorrat zu bilden, noch dazu, wo sie hinderlich wären, wenn Chaperone bei der Bekämpfung von Krebs hinderlich sind, da sie eine Abwehr stimulieren, die nicht erwünscht ist.
Literatur & Quellen
http://www.handelsblatt.com/technologie/medizin/stress-als-motor-der-evolution;2047580;0 (08-09-25)