Bindungsangst ist eine Form der Angststörung und äußert sich durch Angst vor Nähe und in Problemen, eine Beziehung mit anderen Menschen einzugehen, wobei aber wesentlich ist, dass Bindungsphobiker gleichzeitig das Alleinsein fürchten. Je enger eine Beziehung wird, desto mehr Panik bekommen Betroffene, sie fühlen sich eingeengt und fürchten sich davor, vom anderen enttäiuscht zu werden. Eine intensive Beziehung kann dann zum Wunsch nach Abstand oder zur Trennung führen. Viele Bindungsphobiker suchen daher bewusst Partner, mit denen keine lange Beziehung möglich ist oder erwartet wird, oder sie gehen erst gar kein engeres Verhältnis ein und begründen dies damit, dass sie einfach niemanden finden, der ihren Erwartungen entspricht. Bindungsphobiker legen häufig großen Wert auf Freiraum, legen sich ungern fest und versuchen immer, ein Gefühl von Unabhängigkeit zu wahren, etwa durch Streit, durch Diskussionen und bewusstes Aufsuchen von Reibungspunkten, um immer wieder die Nähe zu unterbrechen. Angst vor Nähe ist auch eine spezifische Ausprägung der Borderline-Persönlichkeitsstörung, die sich sowohl in zwischenmenschlichen Beziehungen als auch in der Selbstwahrnehmung äußert. Symptome können daher Depressionen und selbstverletzendes Verhalten sein.
Bindungsphobie entsteht meist, wenn Menschen in einer früheren Beziehung sehr verletzt worden sind, wobei diese oft in den ersten beiden Lebensjahren entwickelt wird. Die Betroffenen sind sich oft der tatsächlichen Ursache ihrer Probleme nicht bewusst oder leugnen sie. Viele Bindungsphobiker wurden in ihrer Kindheit überbehütet oder vernachlässigt, wobei eine gestörte Mutter-Kind-Beziehung oder ein schwieriges Verhältnis zum Vater Ursache für die Bindungsangst sein sein. Da in der Regel die Mutter Hauptbezugsperson ist, wirken sich die Kindheitserfahrungen besonders bei Männern negativ auf die Bindungsfähigkeit aus, denn einige haben als Erwachsene Angst davor, wieder von einer Frau eingeengt, enttäuscht oder verlassen zu werden. Da den Betroffenen diese Ursachen nicht bewusst sind und nur ein diffuses Gefühl der Einengung fühlen, suchen sie zur Lösung dieses Gefühls Vermeidung oder Flucht. Zwar gibt es Bindungsängstliche, die wenig Leidensdruck verspüren, aber auch solche, die sehr unter ihrem Problem leiden, dennoch nur selten in eine Therapie kommen, denn sie sehen sich selbst nicht als gestört an.
Quelle
Köllen, J. (2013). Beziehungsprobleme: Wenn Liebende sich nicht binden können. Spiegel online vom 7. November.